Der angeschlagene Solarmodulhersteller verlängert die Brückenfinanzierung mit den Anleihegläubigern und startet einen Übernahmeprozess. Die anfängliche Euphorie an der Börse verfliegt schnell.
Am Samstag teilte der krisengeplagte Solarmodulhersteller Meyer Burger mit, dass die Brückenfinanzierung erfolgreich verlängert und aufgestockt wurde. Diese war am vergangenen Freitag ausgelaufen. Dem Unternehmen bleibt nun Zeit bis zum 14. Februar, um seine finanzielle Lage zu stabilisieren.
Die Aktien reagierten am Montag zunächst mit einem Anstieg um 45% auf fast 4 Fr., gaben jedoch bis zum Börsenschluss einen Grossteil der Gewinne wieder ab. Mittlerweile notiert der Kurs wieder unter dem Niveau von vor dem Wochenende.
Bisher betrug die Überbrückungsfinanzierung 39,5 Mio. $. Sie erhöht sich nun auf insgesamt 59,5 Mio. $. Zusätzlich kann Meyer Burger sofort eine Tranche in Höhe von 11,2 Mio. $ abrufen. Die Finanzierung wird durch ein umfassendes Sicherheitenpaket gestützt, zu dem Meyer Burger auf Anfrage von The Market keine Angeben machen wollte. Die Finanzierung beinhaltet zudem zwei weitere bedingte Teiltranchen von insgesamt bis zu 22,4 Mio. $. Die Anleihegläubiger stellen dem Unternehmen dringend benötigte Liquidität zur Verfügung.
Für die kurzzeitige Euphorie am Markt sorgte am Montag wohl auch die Nachricht, dass Meyer Burger einen Übernahme-Prozess eingeleitet hat. Laut Mitteilung läuft dieser Prozess mit einem oder potenziell mehreren Drittkäufern. Zur Unterstützung hat das Unternehmen einen Finanzberater hinzugezogen.
Aktionäre verbleiben in der schwächsten Position
«Ich glaube, dass die Aktionäre überhöhte Hoffnungen in Bezug auf mögliche Verkaufserlöse haben», sagt Bernd Laux, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Das Risiko, dass der Verkaufserlös unter der aktuellen Nettoverschuldung von 400 Mio. Fr. liegt, sei durchaus real. Während Anleihegläubiger und Banken auf eine (Teil-) Entschädigung hoffen können, dürften für die Aktionäre jedoch kaum Rückflüsse übrig bleiben. Insgesamt schätzt Laux die Chancen für einen erfolgreichen Verkauf auf etwa 50%.
Eugen Perger, Head Equity Strategy beim Aktienresearch-Anbieter Research Partners, teilt eine ähnlich kritische Einschätzung: «Die Lage sieht schlechter aus als zuvor.» Ohne Partner scheint es nicht zu gehen, was das Übernahme-Mandat zeigt. Falls jemand Kapital einschiesst, werde die Verwässerung wohl erheblich sein. Auch im Falle einer Übernahme befänden sich die heutigen Aktionäre in der schwächsten Position.
Diese Sichtweise scheint sich am Dienstag auch an der Börse durchzusetzen. Die Aktien verlieren 17%.
Die Aussage von Meyer Burger, einen Übernahmeprozess mit «einem oder potenziell mehreren interessierten Drittkäufern» gestartet zu haben, lässt grundsätzlich aufhorchen. Gemäss Perger und Laux deutet dies darauf hin, dass Meyer Burger aktiv auf Käufersuche ist. Da die Zeit drängt, befindet sich der potenzielle Käufer in einer stärkeren Verhandlungsposition.
Anne Schneider, Kommunikationschefin von Meyer Burger, sagt auf Anfrage zum Übernahmeprozess einzig, dass das Unternehmen seit etwa einem Jahr alle Optionen prüfe.
Gläubiger bestimmen die Tagesordnung
Normalerweise entscheiden das Management und der Verwaltungsrat über einen Teilverkauf. In diesem Fall würden vermutlich nur die Anleihegläubiger Geld erhalten. Für eine Gesamtübernahme ist jedoch die Zustimmung der Aktionäre erforderlich.
In der aktuellen Situation scheinen die Gläubiger das Heft in die Hand genommen zu haben. Sie entscheiden gemeinsam mit dem Verwaltungsrat, welches Ergebnis für sie am vorteilhaftesten ist.
Die Abhängigkeit von den Gläubigern zeigt sich daran, dass eine Tochtergesellschaft von Meyer Burger beantragt hat, bestimmte Wandelanleihen zu stunden und die Einberufungsfrist für Gläubigerversammlungen auf fünf Kalendertage zu verkürzen. Letzteres ist notwendig, um zeitnah Entscheidungen treffen und Genehmigungen einholen zu können.
«Meyer Burger verfügt wahrscheinlich nicht über ausreichende Liquidität bzw. benötigt diese für andere Zwecke», erklärt Laux. Die Gläubiger stellen das Minimum für den Fortbestand des Unternehmens bereit, da sie die Empfänger der Zinszahlungen wären.
Verhandlungen mit Desri bisher erfolglos
Gleichzeitig befinden sich Meyer Burger und ihr grösster Kunde, D.E. Shaw Renewable Investments (Desri), in Verhandlungen über eine neue Rahmenvereinbarung. Diese würde die bisherige Vereinbarung ersetzen, zu der Desri am 15. November 2024 eine Kündigungsandrohung ausgesprochen hatte.
«Dass bisher nichts zustande gekommen ist, verheisst für diese Partnerschaft nichts Gutes», sagt Perger. Offenbar ist Desri nicht auf Meyer Burger angewiesen, oder der bestehende Vertrag enthält technische Spezifikationen, die Meyer Burger aufgrund der Verkleinerung nicht mehr erfüllen kann.
Inwiefern und wie regelmässig Meyer Burger mit dem grössten Kunden derzeit in Kontakt steht, wollte Kommunikationschefin Schneider nicht kommentieren. Meyer Burger ist ein heisses Eisen für Aktionäre und wird es wohl auch bleiben, wie The Market bereits Anfang Januar geschrieben hat.