Zecken übertragen krank machende FSME-Viren. Sowohl aus Deutschland als auch aus der Schweiz wurden nun bereits erste Infektionen gemeldet. Die Zahlen steigen seit Jahren an.
Bei der Suche nach den ersten Krokussen im Stadtpark, dem Waldspaziergang zum Bärlauch-Sammeln oder dem Frühjahrsputz im Garten – überall lauern bereits jetzt im März Zecken. Wegen der milden Winter sind diese Parasiten mittlerweile ganzjährig aktiv. Das bedeutet, dass auch immer früher im Jahr Menschen von Zecken gebissen werden – und dabei die in den kleinen Krabbeltierchen enthaltenen FSME-Viren abbekommen können.
Kritik an der Einstufung von Risikogebieten in Deutschland
In Deutschland wurden seit Jahresbeginn acht Fälle einer FSME-Infektion gemeldet, in der Schweiz vier. In den letzten Jahren ist die Zahl der FSME-Infektionen pro Jahr im Schnitt gestiegen. Die Schwankungen geben den Experten noch Rätsel auf.
Ähnlich schaut es in der Schweiz aus. Hier erreichte die Zahl der Fälle 2024 sogar jene des bisherigen Rekordjahrs 2020.
Zecken kommen in ganz Deutschland ebenso wie in der ganzen Schweiz vor. Aber nicht überall ist das Risiko, dass sie die Viren in sich tragen, gleich hoch. In der Schweiz gelten alle Kantone ausser dem Tessin als Risikogebiete. In Deutschland sind es vor allem die südlichen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg sowie Thüringen und Sachsen. In allen anderen Regionen verzeichnet das Robert-Koch-Institut vereinzelte kleine FSME-Hotspots. In den ausgewiesenen Risikogebieten tragen ungefähr 1 Prozent der Zecken das Virus in sich.
«Die Risikokarten in Deutschland spiegeln eine falsche Sicherheit vor», sagte Gerhard Dobler, FSME-Spezialist am Institut für Mikrobiologie der Universität der Bundeswehr in München, an einer Pressekonferenz. Auch in den weissen, sprich: offiziell risikofreien Gebieten könne man bei einem Zeckenbiss FSME bekommen. Aber die Wahrscheinlichkeit dafür sei geringer. «Die Karten zeigen somit nur an, wo besonders viele Fälle bekanntwerden.»
Hohe Dunkelziffer – bei FSME ist das eine gute Nachricht
Dobler geht davon aus, dass bundesweit die Dunkelziffer bei FSME-Infektionen sehr hoch ist. «Bei der Analyse von Blutspenden haben wir festgestellt, dass sehr viele Menschen Antikörper gegen FSME aufweisen, ohne dass sie je von einer Infektion wussten», erklärte er seine Einschätzung. Findet man Antikörper im Blut, so bedeutet das, dass die Person bereits eine FSME-Infektion durchgemacht hat und dadurch zumindest für einige Zeit geschützt ist. In seit Jahren bekannten Risikogebieten wie Passau hätten ungefähr 80 Prozent der Bevölkerung einen Schutz vor FSME. Im baden-württembergischen Ortenaukreis seien es 50 Prozent, in Hamburg hingegen nur jede fünfte Person, so Dobler.
Bundesweit würden rund 90 Prozent aller FSME-Infektionen nicht erkannt, davon ist der Münchner Experte überzeugt. Diese auf den ersten Blick erschreckend hohe Dunkelziffer birgt aber eine gute Nachricht. Offenbar verläuft bei den allermeisten Infizierten die Erkrankung derart mild, dass sie deswegen nicht zum Arzt gehen. Eine Therapie existiert nicht.
Aber so harmlos ist eine FSME-Infektion leider nicht immer. 10 bis 15 Prozent der Infizierten erleiden eine Hirnhautentzündung. Diese kann zu bleibenden Schäden führen. Rund 1 Prozent aller Infizierten mit neurologischen Symptomen stirbt. Laut Experten ist das FSME-Virus ähnlich gefährlich wie das Masernvirus.
Die Impfkommissionen vieler Länder empfehlen daher Impfungen gegen FSME. Es handelt sich um konventionelle Vakzine. Sie enthalten abgetötete Viren. Die Impfstoffe werden seit Jahren verabreicht. Sie schützen zu 95 bis 97 Prozent. Da es seit einigen Jahren jeweils mehr FSME-Fälle gibt, wird die Impfung seit letztem Jahr in der Schweiz für Kinder bereits ab einem Alter von 3 Jahren (zuvor war es ab 6 Jahren) empfohlen. In Deutschland sollen sich Erwachsene und Kinder in den Risikogebieten impfen lassen. Da viele Menschen reisefreudig seien und nicht ausschliesslich in einer Region blieben, rät Dobler allen zu einer Impfung.
Nagetiere sind die Hauptwirte der FSME-Viren
Nach wie vor rätseln Zeckenprofis über den beobachteten Anstieg der FSME-Fälle. «Das liegt nicht daran, dass es mehr Zecken gibt», betonte Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim. Auch die Tatsache, dass die Biester nun schon früher im Jahr im Gebüsch auf potenzielle Opfer zum Blutsaugen warten, kann nicht der Grund sein. Denn die meisten Infektionen werden nach wie vor zwischen Mai und Oktober gemeldet.
Die Experten gehen einer anderen Spur nach: Nagetieren. Denn sie spielen eine wichtige Rolle im Geschehen. Sie sind häufig von den Parasiten befallen und sind die Hauptwirte der FSME-Viren. Eine Zecke nimmt das Virus auf, wenn sie bei einer infizierten Maus oder Ratte Blut saugt. In der Zecke vermehren sich dann die Viren. Fällt diese kontaminierte Zecke dann auf Menschen und nimmt dort ihre nächste Blutmahlzeit ein, gibt sie die Erreger weiter.
Wie wichtig die Nagetiere bei der Verbreitung von FSME-Viren sind, zeigt sich daran, dass es nach einem Jahr mit einer grossen Nagetierpopulation im darauffolgenden Jahr mehr Infektionen bei Menschen gibt. So erklären sich die Forscher die in den oben gezeigten Grafiken erkennbaren zweijährlichen Schwankungen. Noch ist allerdings unklar, was sich bei den Nagetieren geändert hat, so dass es insgesamt zu mehr FSME-Übertragungen kommt.
Zecken können auch Bakterien übertragen
Zecken enthalten nicht nur die FSME-Viren. Viel häufiger lauern Bakterien in ihnen, nämlich in fast jeder vierten Zecke. Diese können eine Erkrankung namens Borreliose auslösen. Gegen die Borreliose-Bakterien gibt es keine Impfung. Dafür kann man diese Erreger durch Antibiotika töten. Die Symptome einer Borreliose sind vielfältig und unspezifisch, dazu zählen grippeähnliche Symptome ebenso wie Schmerzen im ganzen Körper oder Herzprobleme. Wie FSME kann auch eine Borreliose durch einen Bluttest diagnostiziert werden.
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