Das Resultat zeigt: Die SVP hat es in der rot-grünen Stadt schwer, ihre Anliegen durchzubringen.
Nach einem emotionalen Abstimmungskampf steht fest: Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben die Initiative «Tschüss Genderstern» der Zürcher Kantonsrätin und Stadtparteipräsidentin Susanne Brunner am Sonntag abgelehnt.
Somit darf die Stadt Zürich den Genderstern in behördlichen Texten weiterhin verwenden. Auch in Zukunft wird die Stadtpolizei nach Zeug*innen suchen, in der Jugendberatung arbeiten Psychotherapeut*innen, die Sozialen Dienste betreuen Klient*innen.
Das Resultat mag verwundern, hatten Umfragen – auch in der NZZ – doch regelmässig gezeigt, dass der Genderstern selbst in den Städten auf Ablehnung stösst. Nicht einmal linke Wählerinnen und Wähler konnten sich damit anfreunden.
Ein Achtungserfolg ist das Abstimmungsresultat allemal, immerhin haben drei Stadtkreise der Initiative zugestimmt. Doch im rot-grünen Zürich hat die SVP mit ihren politischen Forderungen seit vielen Jahren einen schweren Stand. Allerdings: Zuletzt war ihr im letzten November bei der Initiative gegen «goldene Fallschirme» gegen überhöhte Abgangsentschädigungen für Behördenmitglieder ein Coup gelungen. Aber solche Erfolge sind selten.
Zwar hat Brunner stets betont, es handle sich nicht um eine SVP-Initiative, sondern um ein überparteiliches Anliegen. Doch in ihrem Komitee waren vor allem bürgerliche Kräfte vertreten, der Alt-SP-Kantonsrat Hartmuth Attenhofer wirkte wie ein Exot. Prominente Stimmen aus der Zivilgesellschaft fehlten. Und im Vergleich zur unverfänglichen Entschädigungs-Abstimmung ging es bei der Genderstern-Initiative ums Eingemachte.
Mit ihrem Anliegen hat Susanne Brunner in der Stadt Zürich, wo Diversity und Inklusion geradezu zelebriert werden, ein heikles Terrain betreten. Die queere Community in Zürich ist gross, nonbinäre Personen wie Nemo oder Kim de L’Horizon sind Aushängeschilder im ganzen Land und haben in den letzten Monaten viel Aufmerksamkeit erhalten.
In diesem Umfeld haben die Linken Brunners Initiative als Angriff auf die Rechte von nonbinären Personen gelabelt. Nicht zu gendern, sei diskriminierend und ausgrenzend auch für Frauen, argumentierten sie. Eine grüne Stadtparlamentarierin bezeichnete die Initiative als «billiger Stimmenfang auf dem Rücken marginalisierter Menschen», denen häufig die Existenz abgesprochen werde. Kurz: Wer etwas gegen den Genderstern hat, hat etwas gegen sexuelle Minderheiten.
Dieser Universalvorwurf ist Unsinn, zumal Sprache allein keine wahre Gleichstellung schaffen kann. Diese muss in der Gesellschaft passieren. Klar ist hingegen: Der Genderstern ist politisch, weil er vor allem in linken Kreisen verwendet und in rechten als Fremdkörper wahrgenommen wird. Insofern ist das Nein zur Initiative im rot-grünen Zürich nur folgerichtig, und das Resultat gilt es selbstverständlich zu akzeptieren.
Man kann sich fragen, ob der Furor um ein städtisches Sprachreglement tatsächlich gerechtfertigt war. Wie der hitzig geführte Abstimmungskampf gezeigt hat, lautet die Antwort Ja. Brunners Initiative hat eine Grundsatzdebatte ausgelöst und wurde nun auf demokratischem Wege beantwortet. Die behördlich verordnete Kunstsprache hat nicht nur in bürgerlichen Kreisen für Ärger gesorgt. Nun ist sie von der Stadtzürcher Stimmbevölkerung und damit von oberster Stelle legitimiert. Etwas Besseres kann den Befürwortern gar nicht passieren.
Die Genderstern-Abstimmung war die erste überhaupt in der Schweiz und wohl weltweit. Sie könnte Signalwirkung auf andere Gemeinden und Kantone haben. Es wäre falsch, präventiv ein Verbot für geschlechtsneutrale Formulierungen zu fordern, wo es noch gar keine Sprachregelungen gibt. Doch Behörden sollten sich gut überlegen, ob sie in der Kommunikation mit der Bevölkerung künftig den Genderstern verwenden wollen. Die Kunstsprache bleibt politisch aufgeladen – ausserhalb des rot-grünen Biotops Zürich erst recht.