Für die parlamentarische Initiative fehlten genügend freisinnige Stimmen.
Es ist erst zwei Wochen her, seit das Kantonsparlament letztmals über die Windenergie debattiert hat. Am Montag kam es bereits zu einer Neuauflage, mit einem wichtigen Unterschied. Im Januar ging es um Antworten der Regierung auf eine dringliche Interpellation, ohne dass der Kantonsrat einen Beschluss fällen konnte.
Am Montag hingegen war eine parlamentarische Initiative der SVP mit dem Ziel, im kantonalen Baugesetz einen Mindestabstand von Windrädern zu bewohnten Liegenschaften festzuschreiben, traktandiert. Dies würde die Nutzung dieser erneuerbaren und einheimischen Energie weitgehend verunmöglichen. Der Rat entschied sich jedoch gegen neue Hürden und versagte dem Vorstoss die vorläufige Unterstützung.
Seit letztem Frühling sind in zwei Dutzend Zürcher Gemeinden Einzelinitiativen für Mindestabstände von Windenergieanlagen eingereicht und teilweise bereits behandelt worden. Die kantonale Baudirektion teilte den Kommunen mit, dafür fehle die Rechtsgrundlage. Die SVP wollte diese quasi nachträglich schaffen, ist damit aber aufgelaufen.
Für die FDP der falsche Weg
Der Erstunterzeichner Tobias Weidmann (SVP, Hettlingen) betonte im Rat, die Gemeinden könnten immer noch einen geringeren Abstand in ihrer Bauordnung festlegen. Seine Initiative wollte den Gemeinden aber nicht einfach diese Kompetenz geben. Sie forderte auf kantonaler Ebene, wo «die Kommune nicht anderes bestimme», die generelle Festlegung eines Mindestabstands für Windturbinen von 1000 Metern.
Baudirektor Martin Neukom (Grüne) stellte vor zwei Wochen klar, mit dieser Distanz bliebe praktisch kein Platz für Windräder im Kanton Zürich. Weidmann ergänzte nun seine Argumente damit, der sogenannte Beschleunigungserlass des Bundes sehe ein Mitspracherecht für Gemeinden beim Bau grosser Energieanlagen vor. Dieses Geschäft befindet sich jedoch noch in der Beratung der eidgenössischen Räte.
Weidmann sagte, nur mit Zustimmung der Standortgemeinde würden solche Projekte breite Unterstützung erhalten. Angesicht der kürzlichen Ablehnung eines Solarkraftwerks in Surses (GR) bezeichnete er es als unverständlich, wie «Städter ihre Energieanlagen weit weg in den Bergen aufstellen» wollten. Das gelte ähnlich auch für die Nutzung der Windenergie im Kanton Zürich.
Gespannt war der Rat auf die Haltung der FDP, ohne deren Unterstützung die Initiative keine Chance haben würde. Ihre Sprecherin Sarah Fuchs (Meilen) erklärte, eine Technologie müsse standortgerecht sein. Es brauche eine Abwägung aller Interessen Hand in Hand mit den möglichen Standortgemeinden.
Die FDP habe die Initiative intensiv und kontrovers diskutiert. Die Mehrheit unterstütze den Vorstoss nicht: Zwar verdienten Mindestabstände in dieser Frage eine vertiefte Diskussion. Doch die FDP unterstütze das Verhindern der Windenergie durch die Hintertür nicht. Ausserdem brauche es noch Abklärungen in der Abgrenzung zur Raumplanung. Die parlamentarische Initiative sei dafür das falsche Instrument, sagte Fuchs.
Damit war die Niederlage der SVP schon fast besiegelt, da sie auch aus dem politischen Zentrum keine Unterstützung erhielt. Die Möglichkeiten der Windenergie müssten genutzt werden, erklärte Ruth Ackermann (Mitte, Zürich). Noch seien zu viele Fakten unklar. Bei allen Bedenken – einen derart «ungehobelten Pflock» wolle er nicht einschlagen, sagte Daniel Sommer (EVP, Affoltern am Albis).
Die links-grüne Seite räumte durchaus ein, jede Form der Energiegewinnung habe Nachteile, auch die Windkraft. Markus Bärtschiger (SP, Schlieren) warf der SVP-Fraktion vor, sie fordere faktisch ein Technologieverbot und sie sollten sich ein Beispiel an Bundesrat Albert Rösti nehmen: «Er hat die Zeichen der Zeit erkannt», rief er ihr zu.
Thomas Forrer (Grüne, Erlenbach) drehte das Argument mit den Berggebieten gegen die SVP. Diese sende ein komplett falsches Signal aus: «Warum soll die Bevölkerung in den Alpen ein Solarkraftwerk bewilligen, wenn der Kanton Zürich nicht einmal Windräder akzeptiert?» Nathalie Aeschbacher (GLP, Zürich) sagt, das Festlegen von Abständen sei nicht nötig, es würden ja nicht über Nacht Windräder aufgestellt. Wo es sie bereits gebe, steige die Akzeptanz mit der Erfahrung.
Vier Stimmen zu wenig
Zuletzt warb die SVP mit dem Argument um Stimmen, der Text des Vorstosses sei ja nicht in Stein gemeisselt. Es gehe nur darum, dass sich eine Parlamentskommission eingehend mit der Frage befassen könne. Dafür hätten mindestens 60 Ratsmitglieder die Initiative vorläufig unterstützen müssen. Die Abstimmung ergab jedoch nur 56 Stimmen; die SVP/EDU-Fraktion plus einige Stimmen der FDP sowie je eine von der Mitte und der EVP. Das Geschäft ist damit erledigt.
Aber keineswegs das Thema. Mehrfach wurde im Rat erwähnt, man warte gespannt und ungeduldig auf den Entwurf des Regierungsrats für eine Richtplanvorlage zur Windkraft. Dieser verzögert sich angeblich wegen einer ausbleibenden Antwort aus Bundesbern. Im Frühling soll es so weit sein.
Auch SVP-Kantonsrat Tobias Weidmann lässt nicht locker. Es plant umgehend einen neuen Vorstoss zum Thema einzureichen, für den er auch FDP- und Mitte-Mitglieder gewinnen will. In der Motion greift er die Entwicklung im Bundeshaus auf und fordert als allgemeine Anregung, es seien die gesetzlichen Grundlagen anzupassen, damit für die Erstellung von industriellen Windkraftanlagen eine Zustimmung der Standortgemeinde nötig sei. Der Vorstoss kommt auf die ziemlich lange Pendenzenliste der Baudirektion.
Konkret wird es in Hinwil. Hier entscheidet erstmals im Kanton Zürich die Gemeindeversammlung am 20. März über eine konkrete Änderung der Bauordnung, die grosse Windenergieanlagen auf dem ganzen Gebiet der Oberländer Kommune verunmöglichen würde.
Der Gemeinderat will für die Kritiker der Windkraft offenbar in die Rolle des Winkelrieds schlüpfen. Er verzichtet darauf, den Antrag wie in Planungsfragen üblich dem kantonalen Amt für Raumentwicklung zur Vorprüfung einzureichen.
Aufgrund des Schreibens des Amtschefs Wilhelm Natrup im letzten Sommer könne ohnehin nicht mit einer Genehmigung gerechnet werden, schrieb die Exekutive im Oktober, als sie die Anpassung öffentlich auflegte. Sollte der Kanton den Beschluss der Versammlung aufheben, kann dies gerichtlich angefochten werden. Hinwil ist offenbar entschlossen, diesen Weg zu beschreiten.
Gemeinden erhalten gleich viel Geld von der ZKB
sho. Windkraft betrifft nur einige Gemeinden direkt. Anders die OECD-Mindeststeuer von 15 Prozent für grosse, international tätige Unternehmen. Der Bundesrat setzt sie in diesem Jahr mit der Einführung einer Ergänzungssteuer um. Weil der Ertrag vollumfänglich an den Kanton geht, schrumpft der Anteil für die Gemeinden an der Gewinnausschüttung der Kantonalbank. Um dies zu verhindern, hat der Kantonsrat am Montag oppositionslos eine Änderung des Kantonalbankgesetzes beschlossen. Gemäss diesem wird inskünftig vor der Ausschüttung die Ergänzungssteuer vom Kantonsanteil abgezogen, damit der Anteil für die Kommunen gleich bleibt. Bei einem ZKB-Jahresgewinn von 1 Milliarde Franken macht das 50 Millionen aus, die weiterhin allen Gemeinden zugutekommen.