Der Unternehmer und «Best Buddy» des 47. Präsidenten hat den Auftrag gefasst, den Staatsapparat der USA radikal zu verschlanken. Die Aufgabe dürfte nicht einfach werden, denn die USA sind eine «Versicherungsgesellschaft mit eigener Armee».
Das Akronym DOGE sorgt dieser Tage in Mar-a-Lago, dem Hauptquartier von Donald Trump, für Stimmung – und in Washington für Besorgnis.
Der Begriff steht für ein Mal nicht für die Kryptowährung Dogecoin, die vor gut zehn Jahren von zwei Software-Ingenieuren als Witz ins Leben gerufen wurde und mittlerweile eine Marktkapitalisierung von mehr als 50 Mrd. $ auf die Waage bringt. Nein, DOGE steht für «Department of Government Efficiency», das Programm, mit dem der künftige US-Präsident dem Beamtenapparat ausmisten und verschlanken will.
«Massiver Personalabbau in der Bundesbürokratie»
Die Leitung des DOGE haben Elon Musk, CEO des Elektroautoherstellers Tesla und Gründer des Raumfahrtunternehmens SpaceX, sowie der Biotech-Unternehmer und ehemalige Präsidentschaftskandidat Vivek Ramaswamy übernommen. In einem Gastkommentar für das «Wall Street Journal» vom 20. November geben Musk und Ramaswamy nun erstmals Einblick in ihre Pläne.
Demnach werde ihr Team dem Präsidenten Hunderte von Vorschriften und Regelungen vorlegen, die vom Beamtenapparat der amerikanischen Bundesministerien über Jahrzehnte aufgebaut worden seien. Grund für dieses Regulierungsdickicht seien nicht Gesetze, die der Kongress verabschiedet habe, sondern der unkontrollierte Beamtenapparat selbst. Trump könne alle diese Regulierungen per präsidialem Dekret aufheben, ohne dafür die Erlaubnis vom Kongress einzuholen. Sie seien sich sicher, dass der Oberste Gerichtshof dieses Vorgehen des Präsidenten unterstützen werde, schreiben Musk und Ramaswamy.
Der Hauptzweck des DOGE sei es, den Staatsapparat radikal zu vereinfachen – und Stellen zu streichen. «Ein drastischer Abbau von Bundesvorschriften bietet eine solide industrielle Logik für einen massiven Personalabbau in der gesamten Bundesbürokratie», schreiben Musk und Ramaswamy.
Washington könnte also nach der Amtseinführung von Trump vor einer grossen «¡Afuera!»-Orgie stehen, wie sie Javier Milei, der Präsident Argentiniens, nach seinem Wahlsieg zelebriert hat.
Rekordverschuldung zu Friedenszeiten
Eines ist unbestritten: Die Staatsfinanzen der USA sind aus dem Lot geraten. Das jährliche Budgetdefizit beläuft sich auf mehr als 6% der Wirtschaftsleistung, die Verschuldung ist mit über 100% des BIP auf den höchsten Wert seit Ende des Zweiten Weltkriegs gestiegen. Das überparteiliche Congressional Budget Office warnt vor einem ungebremsten weiteren Anstieg der Verschuldung – ein Thema, das auch am Bondmarkt zunehmend mit Sorge betrachtet wird.
Bloss, wie viel kann das DOGE-Team von Musk und Ramaswamy tatsächlich herausholen? Gar nicht so viel, wie ein genauerer Blick auf die Ausgaben der USA auf Bundesebene zeigt.
Im Fiskaljahr 2023 beliefen sich die Gesamtausgaben des Staates auf Bundesebene auf gut 6,1 Bio. $. Knapp zwei Drittel davon (blaue Felder in der Grafik) entfielen auf obligatorische Ausgabenprogramme, die der Staat seiner Bevölkerung gesetzlich versprochen hat. Der grösste Teil davon entfällt auf die staatliche Altersvorsorge Social Security, die Gesundheitsversorgung für Pensionierte (Medicare) sowie die Gesundheitsversorgung für untere Einkommensschichten (Medicaid).
Nennenswerte Ersparnisse in diesen Bereichen wären nur durch Kürzungen der Bezugsberechtigung oder durch eine Erhöhung des Pensionsalters möglich, was per Gesetz vom Kongress verabschiedet werden müsste und in der Bevölkerung wahrscheinlich höchst unpopulär wäre.
Bleibt der nicht-obligatorische Teil, der gut ein Drittel der Gesamtausgaben umfasst. Ein Drittel davon wiederum fliesst in die Verteidigung (gelb). Nicht zu Unrecht hat der Ökonom Paul Krugman einst geschrieben, die USA seien finanziell betrachtet im Grunde eine Versicherungsgesellschaft mit angehängter Armee.
Der Rüstungsetat dürfte zwar zweifellos Sparpotenzial bieten, doch es ist fraglich, ob Trump der Präsident sein will, der Amerika gross gemacht hat, indem er in der Verteidigung gespart hat.
Steigende Nettozinslast
Die Nettozinsen (rot) wiederum werden in der offiziellen Staatsrechnung zwar als «nicht obligatorisch» ausgewiesen, sie bieten jedoch per se keinen Spielraum für Kürzungen. Sie werden vom Ausmass der Verschuldung und dem Zinsniveau an den Kapitalmärkten diktiert. Und dieser Ausgabenposten steigt derzeit deutlich: Im Fiskaljahr 2023 belief sich die Nettozinslast auf 710 Mrd. $, im Fiskaljahr 2024 waren es 969 Mrd., und im neuen Jahr werden es gemäss Budget mehr als 1000 Mrd. $ sein.
Verbleiben die anderen diskretionären Ausgaben (grün), die sich auf etwas mehr als 900 Mrd. $ oder gut 15% der Gesamtausgaben belaufen. Dieser Topf umfasst unter anderen die Bundesministerien für Bildung, Energie, Gesundheit, die Finanzbehörden, den diplomatischen Dienst oder auch die Administration der Nationalparks.
Der grösste Einzelposten in den «diskretionären Ausgaben» – und der mit Abstand grösste Arbeitgeber mit fast einer halben Million Angestellten – ist das U.S. Department of Veterans Affairs. Das ist die Behörde, die sich mit Dutzenden von Spitälern und Kliniken um die ehemaligen Militärangehörigen und Kriegsversehrten des Landes kümmert. Ob Trump wirklich dort sparen will?
Man darf gespannt sein, was Musk, Ramaswamy und das DOGE-Team im Zeitraum bis Juli 2026 – sie haben sich Zeit bis zum 250. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung gegeben – präsentieren werden.
Elon Musk sagte 2017, die serienmässige Herstellung von Automobilen sei «die Hölle». Nun dürfte ihn eine neue Art von Hölle erwarten.