Der EHC Kloten hat den Vertrag mit seinem Topskorer wegen eines Dopingvergehens aufgelöst – Aaltonens Zukunft ist nun ungewiss. Doping bleibt im Eishockey aber eine Randerscheinung.
Der Dopingfall im EHC Kloten um den finnischen Topskorer Miro Aaltonen hat das Schweizer Eishockey am Wochenende aus seiner Beschaulichkeit gerissen. Ausnahmsweise stand nicht die nächste Trainerrochade an, sondern ein Spieler stand am Doping-Pranger.
Die Stiftung Swiss Sport Integrity (SSI) gab am Freitag bekannt, dass gegen Aaltonen derzeit eine Untersuchung aufgrund eines potenziellen Verstosses gegen die Anti-Doping-Bestimmungen im Gange sei. Bei einer Kontrolle der Behörde in der Schweiz wurde er positiv getestet. «Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes kann Swiss Sport Integrity zurzeit keine weiteren Angaben zum Inhalt der Untersuchung machen. Weitere Informationen folgen nach Abschluss des Falls.»
Ähnlich sibyllinisch äusserte sich auch Aaltonens Klub: Auf ihrer Website schrieben die Zürcher: «Der EHC Kloten und Miro Aaltonen lösen ihren bis Ende Saison 2024/25 gültigen Vertrag im gegenseitigen Einvernehmen per sofort auf. Nach Bekanntwerden seines potenziellen Verstosses gegen die Anti-Doping-Bestimmungen fand zwischen Miro Aaltonen und der Klubführung ein respektvoller und offener Austausch statt, bei dem man sich gemeinsam für diese Massnahme entschied. Dem Spieler war es ein grosses Anliegen, den Klub bestmöglich dabei zu unterstützen, sich so schnell wie möglich wieder auf den Sport konzentrieren zu können.»
Die Zurückhaltung der in den Fall involvierten Organisationen ist nachvollziehbar. Sie gewährleisten damit den Persönlichkeitsschutz des Athleten. Umso bemerkenswerter war die Haltung des 31-jährige Finnen, der seinen Fehler in der Medienmitteilung unumwunden zugab: «Ich möchte mich in aller Form bei unseren Fans, meinen Mitspielern, dem ganzen Klub und dessen Mitarbeitenden entschuldigen. Mir war es wichtig, nun die Konsequenzen für mein Handeln zu tragen.»
Aaltonen versuchte gar nicht erst, sich ins gängige Muster des fälschlicherweise des Dopings beschuldigten Athleten zu flüchten und irgendwelche obskuren Verschwörungstheorien aufzutischen. Offensichtlich hatte er während der Länderspielpause im Dezember an einer Party in seiner Heimat eine verbotene Substanz konsumiert. Welches verbotene Mittel er eingenommen hat, ist noch nicht bekannt und Teil des Mysteriums, das den Fall umgibt. Es dürfte sich dabei aber nicht um eine der hinlänglich bekannten leistungssteigernden Substanzen, sondern um eine Partydroge gehandelt haben. Zurzeit ist das aber bloss Spekulation.
Was geschieht mit Aaltonens Vertrag in Bern?
Klar ist hingegen: Aaltonen ist einer der spektakulärsten Stürmer in der National League. Er stiess im Sommer 2022 als finnischer Olympiasieger vom KHL-Klub Witjas Podolsk zu den Klotenern. Mit 35 Skorerpunkten in 36 Partien ist er einer der Gründe für die hervorragende erste Saisonhälfte der Zürcher Unterländer.
Für seine starken Leistungen in Kloten wurde Aaltonen im Dezember mit einem Zweijahresvertrag beim SC Bern ab kommender Saison belohnt. Doch ob der Finne tatsächlich je für die Berner spielen wird, ist momentan noch offen. Im SC Bern wird bereits darüber spekuliert, ob seine Verpflichtung für den Klub noch tragbar sei. Marc Lüthi, der CEO des SC Bern, sagte am Sonntag auf Anfrage: «Wir äussern uns vorerst nicht näher zum Fall Aaltonen. Zu vieles ist im Moment noch unklar. Noch ist nicht einmal die B-Probe analysiert.»
Dass Aaltonen gesperrt wird, scheint aufgrund der vorliegenden Fakten und seines offenen Bekenntnisses klar. Noch offen ist hingegen, wie lange Aaltonen gesperrt wird. Je nach Substanz droht ihm ein Ausschluss nur für ein paar Monate oder für mehrere Jahre.
Die bekannteste Partydroge ist Kokain. Der Konsum des Rauschmittels unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz. Juristisch wird das Vergehen im besten Fall mit einer Verwarnung geahndet, im schlechtesten kommt es zur Strafverfolgung.
Gemäss Swiss Sport Integrity umfasst die Liste ähnlich wirkender Substanzen auch Diamorphin (Heroin), Methylendioxymethamphetamin (MDMA/Ecstasy) und Tetrahydrocannabinol (THC), die grundsätzlich vor allem während des Wettkampfs verboten sind. Es ist also denkbar, dass Aaltonen ohne Sperre davonkommt.
Auf der Verstoss-Liste, die SSI auf ihrer Website publiziert, ist nur ein einziger Fall aufgelistet, in dem es um Kokainkonsum ging: Die Eiskunstläuferin Jessica Pfund wurde 2023 für vier Jahre gesperrt, mittlerweile ist sie zurückgetreten. Zudem gab es einen Fall von THC-Missbrauch (Haschisch): Der Football-Spieler Christoph Weber wurde dafür für zwei Jahre gesperrt. Der bekannteste Kokain-Fall im Schweizer Sport betraf die ehemalige Weltklasse-Tennisspielerin Martina Hingis, die 2008 für zwei Jahre gesperrt wurde, nachdem sie in Wimbledon positiv auf die verbotene Substanz getestet worden war.
Der Fall Sigg/Rauch schrieb Eishockeygeschichte
Dopingfälle sind im Eishockey äusserst selten. Das mag auch an der relativ geringen Zahl der Kontrollen liegen. 2023 wurden gemäss SSI 237 Tests vorgenommen. Nur einer davon, jene des HCD-Stürmers Aleksi Peltonen, war positiv. Er ist Diabetiker und wurde aus dem Verkehr gezogen, weil sein Klub es versäumt hatte, die Bewilligung für den Insulin-Gebrauch zu beantragen.
In den vorangegangenen Füllen ging es meist um Cannabis. Der HCD-Verteidiger Jan von Arx erhielt 2006 eine sechsmonatige Sperre; im gleichen Jahr wurde sein Teamkollege Peter Guggisberg vom Langnauer Amtsgericht wegen des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz zu fünf Tagen Gefängnis bedingt sowie einer Busse von 3500 Franken verurteilt.
Die früheren Eishockeyspieler Roger Sigg (Kloten) und Edi Rauch (Zürcher SC) hatten sich in den 1990er Jahren von ihrem Arzt das berüchtigte Kälbermastmittel Clenbuterol spritzen lassen, um das Muskelwachstum zu beschleunigen. Die Disziplinarkammer des Verbandes sprach die beiden zwar schuldig, verurteilte sie allerdings lediglich zu sechs Spielsperren, einer Busse von 500 Franken und zur Übernahme der Verhandlungskosten. Angesichts der Kosten für eine Probe, die sich heute auf rund 1000 Franken beläuft, war das eine lapidare Busse.