Die Machtverhältnisse in Washington verändern sich zugunsten der Republikaner. Was das für die Börsen bedeutet, lässt sich erst ansatzweise abschätzen. Diese drei Technologieunternehmen verfügen in praktisch jedem politischen Umfeld über attraktive Perspektiven.
Bei den US-Wahlen zeichnet sich ein Sieg von Donald Trump und den Republikanern ab. Im Senat hat die Partei die Mehrheit zurückerobert. Die amerikanischen Aktienmärkte tendieren in einer ersten Reaktion freundlich. Im Terminhandel gewinnen Kontrakte auf den Leitindex S&P 500 an Terrain. Auch Futures auf den Nasdaq 100 mit den grössten Technologiewerten notieren deutlich fester.
Die US-Börsen legten bereits am Dienstag im regulären Handel zu. Gesucht waren vor allem Small Caps aus dem Russell 2000. Der S&P 500 und der Nasdaq 100 schlossen jeweils 1,3% im Plus. Mit einem Gewinn von mehr als 20% seit Anfang Januar nehmen amerikanische Aktien die Schlussphase des Jahres bereits mit weit überdurchschnittlichen Kursgewinnen in Angriff – speziell für ein Wahljahr.
Die bisherige Reaktion auf den Verlauf der US-Wahlnacht folgt dem gängigen Muster der vergangenen Wochen, wenn Trumps Chancen auf einen Sieg jeweils im Aufwind waren. Bitcoin ist temporär auf ein neues Rekordhoch von über 74’000 $ geklettert, die Aktien von Tesla gewinnen ausserbörslich rund 8%. Derweil geben Solar-Aktien deutlich nach, und der mexikanische Peso steht unter Druck, um nur einige Beispiele zu nennen.
Eine scharfe Reaktion lässt sich am Bondmarkt beobachten. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen notiert heute Morgen über 4,4%. Das könnte ein Signal sein, dass Investoren bei einer zweiten Amtszeit von Trump und einem republikanisch kontrollierten Kongress mit einem anhaltend hohen Budgetdefizit und demzufolge einem wachsenden Angebot an Bonds rechnen.
Diese Entwicklung erinnert an die ersten zwei Jahre von Trumps erster Amtszeit nach den Wahlen von 2016. Schon damals goutierte der Anleihenmarkt seine expansive Fiskalpolitik nicht. Die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen kletterte von 1,8 auf bis zu 3,2%. Der Trend drehte bei den Zwischenwahlen zwei Jahre später, als die Republikaner die Kontrolle über den Kongress verloren.
Der grosse Unterschied ist, dass das Ausgangsniveau dieses Mal bedeutend höher ist. Angesichts der zumeist stolzen Bewertungen könnte ein weiterer Zinsschub für die Börsen zum Problem werden. Auch ist unklar, wie sich eine neue Regierung unter Trump zusammensetzen wird. Dass der Dollar zur Stunde schwächer notiert, ist in dieser Hinsicht nicht unbedingt ein gutes Zeichen.
Wie es konkret in Washington weitergeht, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Angesichts der vielen offenen Fragen zu Trumps wirtschaftspolitischem Programm und seinem notorisch unberechenbaren Verhalten, empfiehlt sich ein Blick auf Unternehmen, die sich in jedem politischen Umfeld wacker schlagen sollten.
In der heutigen Ausgabe von «The Pulse» stellen wir dazu eine Auswahl an drei spannenden Kandidaten fürs Portfolio vor.
Micron Technology: Wette auf den Memory-Zyklus
Washington ist tief gespalten. Zu den wenigen Bereichen, in denen Republikaner und Demokraten gleicher Meinung sind, gehört eine harte Haltung gegenüber China. Daran wird sich unter den neuen Machtverhältnissen kaum etwas ändern. Im Fokus des Konflikts mit der Volksrepublik stehen der Technologiesektor und speziell die Halbleiterindustrie.
Die geopolitischen Spannungen bergen Risiken, eröffnen aber auch Chancen für ein Unternehmen wie Micron Technology. Der zu einer Marktkapitalisierung von 117 Mrd. $ bewertete Konzern aus Boise, Idaho, ist der einzige westliche Hersteller von Speicherchips. Aus Sicht von Washington ist und bleibt er damit ein wichtiges strategisches Asset.
Entsprechend profitiert Micron von staatlichen Subventionen zum Ausbau der Produktionskapazität in den USA. Im Rahmen des CHIPS Act erhält das Unternehmen 6,1 Mrd. $ von der US-Regierung, was bei der Finanzierung einer topmodernen Fabrikationsanlage am Sitz in Boise hilft. Ein massives Projekt mit bis zu vier Werken ist zudem im Norden des Bundesstaats New York geplant, womit langfristig 60% der konzernweiten Produktion in den USA basiert sein soll.
Der Zeitpunkt für ein Investment ist günstig. Nach einer starken Performance im ersten Halbjahr haben die Aktien seit dem Sommer deutlich korrigiert. Der Kurs notiert rund 33% unter dem 52-Wochen-Hoch. Auf Basis der Analystenschätzungen für die nächsten zwölf Monate beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis weniger als 12. Zum Vergleich: Der PHLX Semiconductor Index ist zu einem KGV von 33 bewertet, beim breiten S&P 500 beträgt es gut 22.
Der Bewertungsabschlag hat massgeblich mit der hochgradig zyklischen Natur des Marktes für Speicherchips zu tun. Er lässt sich in zwei Segmente unterteilen: Erstens Dynamic Random Access Memory (DRAM), womit Chips bezeichnet werden, die Rechenprozessoren direkt bei der Arbeit unterstützen und ohne Stromzufuhr sämtliche Daten verlieren. Zweitens Flash-Chips basierend auf der NAND-Technologie zur permanenten Speicherung von Informationen.
Micron bedient beide Segmente und hat in den letzten zwei Jahren einen brutalen Abschwung mitgemacht. 2022 und 2023 sind die weltweiten Einnahmen im Memory-Markt um 16 bzw. 29% eingebrochen. Doch nun profitiert das Unternehmen von einer kräftigen zyklischen Erholung. Die Analysten von UBS rechnen damit, dass die Branche dieses Jahr 86% wächst. Nächstes Jahr sollen es 56% sein.
Entscheidend für den Aktienkurs von Micron ist das Geschäft mit DRAM-Chips, auf das rund 70% der Einnahmen entfällt. Im Vergleich zu NAND-Chips haben diese Fabrikate etwas weniger die Eigenschaft eines Massenguts. Zudem wird das Segment nach einer Reihe von Konsolidierungsphasen heute zu 90% von drei Anbietern dominiert. Micron rangiert nach den koreanischen Rivalen Samsung Electronics und SK Hynix an dritter Stelle mit einem Anteil von rund 20%.
Der Investment Case basiert somit auf der These, dass sich die zyklische Erholung im Memory-Markt generell und speziell im DRAM-Segment fortsetzt. Micron hat vor wenigen Wochen mit den Quartalszahlen angenehm überrascht. Für das laufende Geschäftsjahr per Ende August 2025 stellt Konzernchef Sanjay Mehrotra «einen substanziellen Rekordumsatz mit deutlich verbesserter Profitabilität» in Aussicht. Analysten rechnen mit 52% Umsatzwachstum auf 38,2 Mrd. $, die Bruttomarge soll sich von 23,7 auf 43% ausweiten.
Für weitere Kursfantasie könnte der Boom bei künstlicher Intelligenz sorgen. Für die Rechenoperationen in Datacenter braucht es eine Menge DRAM-Chips mit High Bandwidth Memory (HBM). Führend in dieser neuen Technologie ist SK Hynix, wogegen Branchenprimus Samsung den Trend verschlafen hat.
Das könnte auch Micron zum Vorteil gereichen. «Wir erwarten für das Geschäftsjahr 2025 rund 4 Mrd. $ an HBM-Verkäufen basierend auf 16% Marktanteil; mit Potenzial für über 20% Anteil oder 5 Mrd. $, falls HBM ein Rennen zwischen den beiden Anbietern Micron und SK Hynix bleibt», meint Vivek Arya, Halbleiterspezialist bei Bank of America.
Die Risiken bei einem Investment bestehen darin, dass sich der Aufschwung im Markt für Speicherchips verzögern könnte; beispielsweise, wenn sich die Nachfrage nach PC- und Smartphone-Geräten weniger rasch erholt als erwartet. Auch könnte Samsung einen neuen Preiskrieg anzetteln. Im NAND-Geschäft nimmt zudem die Konkurrenz aus China zu. Doch für Anleger, die mit der ausgeprägten Zyklizität des Memory-Marktes umgehen können, bietet das niedrige Bewertungsniveau von Micron Technology ein stattliches Sicherheitspolster.
Vertex: Biotech-Konzern mit Wachstumsfantasie
Aktien aus dem Gesundheitssektor reagieren oft besonders empfindlich auf Veränderungen im politischen Umfeld. Dass die Kosten im amerikanischen Gesundheitswesen deutlich höher sind als in jedem anderen Industrieland, ist hinlänglich bekannt. Im Zug des Inflation Reduction Act (IRA) von 2022 kann die staatliche Senioren-Krankenkasse Medicare künftig erstmals Preise für rezeptpflichtige Medikamente verhandeln.
Die neuen Richtlinien treten ab 2026 in Kraft. Wie sie konkret umgesetzt werden, entscheidet die neue Regierung in Washington. In einem ersten Durchlauf hat die Biden-Administration im August eine Liste mit zehn etablierten Medikamenten von Herstellern wie Johnson & Johnson, Novartis, Merck und Eli Lilly und Amgen veröffentlicht, bei denen die Preise gekürzt werden sollen. Die Reduktionen sind beträchtlich. Bis auf ein Medikament, sollen die Preise jeweils um mindestens 50% gesenkt werden.
Für Vertex Pharmaceuticals spielt das alles weniger eine Rolle. Der mit einer Marktkapitalisierung von knapp 130 Mrd. $ bewertete Biotech-Konzern aus dem Grossraum Boston ist auf Therapien zur Behandlung seltener Krankheiten spezialisiert. Diese sind von der Reform nicht betroffen. In seiner Pipeline hat er zudem ein potenzielles Blockbuster-Medikament, das einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Opioid-Krise leisten könnte. In der US-Politik dürfte er damit auf reichlich Wohlwollen stossen – auch hinsichtlich der neuen Zusammensetzung im Kongress.
Das Kerngebiet von Vertex ist zystische Fibrose. Die rare und vererbbare Stoffwechsel-Erkrankung führt zur Bildung von zähflüssigem Schleim in der Lunge und verursacht häufig auch Beschwerden im Verdauungstrakt. Mit dem Medikament Trikafta/Kaftrio ist Vertex bei der Behandlung der unangefochtene Marktführer. Seit der Einführung des Medikaments Ende 2019 ist der Umsatz auf 10 Mrd. $ expandiert und macht heute praktisch sämtliche Einnahmen des Unternehmens aus. Analysten schätzen, dass Vertex den Konzernumsatz in den nächsten Jahren weiter im Tempo von jeweils rund 10% steigern kann.
Das gesunde Wachstum reflektiert sich in einer Bewertungsprämie. Die Aktien von Vertex haben gestern Dienstag nach erfreulichen Quartalszahlen knapp 6% höher geschlossen. Über die letzten drei Jahre verbuchen sie ein Plus von knapp 160%, während der Nasdaq Biotechnology Index praktisch unverändert steht. Der Analystenkonsens rechnet für die nächsten zwölf Monate mit einem Ergebnis von etwas mehr als 18.20 $ pro Aktie, woraus sich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 27 ableitet. Im Vergleich zu Konkurrenten wie Regeneron (KGV: 17,5), Amgen (15,5) oder Gilead Sciences (13) ist das eher teuer.
Umso wichtiger wird der Nachrichtenfluss der nächsten Monate. Wie der Gesundheitssektor generell haben die Aktien von Vertex in den letzten Monaten an Dynamik verloren. Für die weitere Kursentwicklung zeichnen sich drei Katalysatoren ab. Erstens zählt dazu ein bis spätestens am 2. Januar erwarteter Entscheid der Gesundheitsbehörde FDA zu Vanzacaftor Triple, einer verbesserten Therapie gegen zystische Fibrose, die nur noch einmal täglich statt zweimal eingenommen werden muss. Nach ermutigenden Testdaten stehen die Chancen auf eine Zulassung gut, was die Dominanz von Vertex untermauern würde.
Die anderen zwei Impulse hängen von Suzetrigine ab. Das innovative Schmerzmittel basiert nicht auf Opioiden, womit im Vergleich zu herkömmlichen Therapien weniger Risiken wie Suchtgefahr bestehen. Bisherige Tests ergeben, dass Suzetrigine zwar nicht so stark wirkt wie Vicodin als typisches Opioid-Medikament, dafür aber ein breites Spektrum an Patienten abdecken könnte, deren Schmerzen weniger intensiv sind.
Der jährliche Umsatz mit Opioiden wird weltweit auf 28 Mrd. $ geschätzt. Zum Potenzial von Suzetrigine steht bis zum 30. Januar ein erster FDA-Zulassungsbeschluss für die Behandlung akuter Schmerzen an. Nach robusten Phase-III-Daten wird an der Börse damit gerechnet, dass der Entscheid vorteilhaft ausfällt. Vertex bereitet bereits die Markteinführung vor. Die Aufmerksamkeit von Investoren richtet sich deshalb primär auf eine Phase-II-Studie, bei der das Medikament für chronische Schmerzen im unteren Rückenbereich getestet wird.
«Die Aktien von Vertex könnten aufgrund der Daten bedeutende Kursavancen verzeichnen», meint Evan Seigerman, Biopharma-Analyst bei der Investmentbank BMO Capital Markets. Es habe sich bereits gezeigt, dass Suzetrigine Diabetes-Patienten bei chronischen Schmerzen im äusseren Nervensystem helfe. «Wir glauben, dass positive Daten zur Einnahme gegen chronische Rückenschmerzen den Kurs weiter antreiben könnten», argumentiert Seigerman.
In der Pipeline finden sich überdies andere spannende Kandidaten. Wie Konzernchefin Reshma Kewalramani Anfang Woche bei der Ergebnispräsentation sagte, dehnt Vertex klinische Tests mit einer Stammzellentherapie gegen Diabetes Typ 1 nach vielversprechenden Resultaten auf eine Phase-III-Studie aus. Ein weiterer Fokus richtete sich auf Nierenerkrankungen. Zusammen mit Crispr Therapeutics hat das Unternehmen ausserdem soeben die weltweit erste Genscheren-Therapie auf den Markt gebracht, die bei Patienten mit der Blutkrankheit Sichelzellen-Anämie angewendet wird.
Cisco Systems: Chancen im Bereich Cybersecurity
Ein problematischer Trend, der in den nächsten Jahren unabhängig von der neuen Machtkonstellation in Washington anhalten wird, ist die Zunahme von Hackerangriffen. Auch in diesem Wahlkampf war Cybersecurity ein brisantes Thema. Das Team von Donald Trump warnte im Sommer, dass Datendiebe aus Iran eine Sicherheitslücke ausgenutzt hätten.
Das Ausmass des Schadens durch Cyberkriminalität lässt sich schwierig abschätzen, da die Dunkelziffer beträchtlich ist. Anhaltspunkte gibt der jährliche Internet Crime Report des FBI. Demnach hat die US-Bundespolizei letztes Jahr mehr als 880’418 Vorfälle registriert mit Verlusten von über 12,5 Mrd. $. Das sind 22% mehr als im Vorjahr, und diese Zahlen beschränken sich bloss auf die USA.
In diesem Umfeld ist Cisco Systems gut aufgestellt. Der grösste US-Netzwerkausrüster mit einem Börsenwert von 225 Mrd. $ ist gemessen an den Einnahmen nach Microsoft die Nummer zwei im Markt für Cybersecurity. Mit der 28 Mrd. $ teuren Übernahmen von Splunk, einem führenden Anbieter von Software zur Überwachung und Analyse von Netzwerken, hat er seine Position in diesem Frühjahr wesentlich gestärkt.
Nachdem der grösste Deal in der Geschichte des Unternehmens an der Börse zunächst kühl aufgenommen worden ist, beginnen sich Investoren allmählich für die Aktien von Cisco zu erwärmen. Der Kurs ist seit Mitte August 25% avanciert, während der Nasdaq 100 rund 9% zugelegt hat.
Zuversichtlich stimmt die Aufhellung im Kerngeschäft. Cisco hat für das vierte Quartal per Ende Juli besser als erwartete Zahlen gemeldet und mit dem Ausblick positiv überrascht. Der Auftragseingang ist 14% gestiegen. Splunk ausgeklammert, hat das angestammte Geschäft mit Router, Switches und anderem Netzwerkequipment einen Auftragszuwachs von 6% verzeichnet. Gemäss Konzernchef Chuck Robbins ist das ein Anzeichen dafür, «dass die Lagerbereinigung bei unseren Kunden nun weitgehend hinter uns liegt».
Cisco präsentiert den Abschluss zum ersten Quartal am 13. November. Für das gesamte Geschäftsjahr 2025 stellt das Management in einer konservativen Prognose 55 bis 56,2 Mrd. $ Umsatz in Aussicht, was zum Mittelwert lediglich rund 3% Wachstum entsprechen würde. Auf operativer Stufe soll ein Programm zur Steigerung der Effizienz die Ertragskraft stärken, wobei rund 7% der Belegschaft abgebaut werden.
Etwas zusätzlichen Schwung könnten die rasch wachsenden Investitionen in künstliche Intelligenz geben. Im Vergleich zum KI-Darling Arista Networks ist das Exposure von Cisco im Geschäft mit Equipment für Rechenzentren relativ betrachtet zwar geringer. Immerhin hat der Konzern im vierten Quartal aber erstmals mehr als 1 Mrd. $ Aufträge mit Bezug zu KI gemeldet und arbeitet beim Ausbau von Rechenzentren mit drei der vier grossen Hyperscaler (Amazon, Microsoft, Alphabet und Meta Platforms) zusammen.
«Mit Blick nach vorne sehen wir eine attraktive Ausgangslage», meint Ittai Kidron, IT-Analyst beim Broker Oppenheimer. Angesichts einer stetigen Verbesserung des Geschäfts mit Unternehmenskunden, neuen Chancen im Bereich KI-Infrastruktur sowie der anhaltenden Dynamik im Bereich Cybersecurity geht er davon aus, dass Cisco die Prognose für das laufende Geschäftsjahr übertreffen wird. «Auch wenn jetzt noch eine effiziente Umsetzung der operativen Ziele erforderlich ist, um Investoren zurückzugewinnen, stimmen uns die bisherigen Resultate optimistisch», hält er fest.
Die Aktien von Cisco sind damit primär eine Wette darauf, dass der Konzern am Beginn eines neuen zyklischen Aufschwungs steht. Der Analystenkonsens rechnet für das soeben angelaufene Quartal per Ende Januar mit leicht weniger als 8% Wachstum. Demnach dürften die Einnahmen erstmals seit Herbst 2023 zunehmen und dann im weiteren Verlauf des Zyklus jeweils rund 5% expandieren. Potenzial besteht ebenso bei den Margen. Sie dürften beim letzten Quartalsabschluss mit 20% den Tiefpunkt erreicht haben und steigen in Spitzenzeiten jeweils auf gegen 30%.
Wer auf Cisco setzt, holt sich zwar keine Kursrakete ins Portfolio. Auf dem gegenwärtig wenig anspruchsvollen Niveau besteht jedoch reichlich Spielraum für eine kontinuierliche Aufwertung. Nimmt man die Analystenschätzungen für die nächsten zwölf Monate als Grundlage, handeln die Aktien zu einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von weniger als 16. Der Abschlag zum S&P 500 war in den letzten Jahren selten so gross. Für Arista Networks wird demgegenüber ein KGV von 47 gezahlt.
Dank des eher defensiven Profils von Cisco ist das Risiko empfindlicher Kursrückschläge in Phasen der Verunsicherung an den Börsen zudem geringer. Der robuste Cashflow und die solide Bilanz ermöglichen eine stetig steigende Barausschüttung mit einer respektablen Dividendenrendite von derzeit 2,9%. Auch kauft der Konzern laufend eigene Aktien zurück. Die Anzahl ausstehender Titel hat sich in den letzten drei Jahren um über 5% reduziert.
Deep Diving
An dieser Stelle präsentieren wir wie immer einige Links, die einen vertieften Einblick in ein aktuelles Thema geben:
- TSMC ist das Kronjuwel von Taiwans Wirtschaft. Die mit einem Börsenwert von annähernd 1000 Mrd. $ bewertete Halbleiterschmiede kontrolliert in der Auftragsproduktion einen Marktanteil von rund 60% und gibt bei der Fabrikation der schnellsten Chips weltweit das Tempo an. Dieser phänomenale Erfolg ist jedoch nicht nur dem cleveren Management um Firmengründer Morris Chang und Innovationskraft zu verdanken. In diesem Essay zeigt der Branchenkenner Jay Goldberg auf, dass dafür ebenso indirekte Subventionen über den tief gehaltenen Wechselkurs des Taiwan Dollars eine bedeutende Rolle gespielt haben.
- Technologie bedeutet fortlaufenden Wandel. Anschauungsunterricht dazu bietet die Geschichte von IBM. Der Tech-Riese stand Anfang der Achtzigerjahre im Mittelpunkt der PC-Revolution. Im Lauf der Zeit geriet der Marktführer aber zusehends in Bedrängnis und musste das PC-Geschäft Ende 2004 schliesslich an den chinesischen Konkurrenten Lenovo verkaufen. Wie konnte es dazu kommen? Und was lässt sich daraus lernen? Damit befasst sich dieser Beitrag des Video-Blogs «Asianometry».
- Ungarn hat ambitionierte Pläne. Das Land will sich als europäisches Produktionszentrum für Batterien von Elektrofahrzeugen etablieren. Staatschef Viktor Orbán versucht dazu, vor allem Investitionen aus China anzulocken. Der chinesische Branchenprimus CATL beispielsweise baut rund 250 km östlich von Budapest für 8 Mrd. $ ein grosses Werk. Doch die Bevölkerung in der ländlichen Ortschaft ist wenig begeistert. Wie das Online-Magazin «Rest of World» in dieser Reportage zeigt, regt sich Widerstand wegen Umweltbedenken.
Und zum Schluss noch dies: Busy Times
Ob Kamala Harris oder Donald Trump gewinnen würde, galt im Vorfeld der Wahlen als schwierig zu sagen. Eines war aber klar: Joe Biden gibt am 20. Januar sein Amt ab. Über die Hinterlassenschaft des 46. Präsidenten lässt sich streiten. Während seiner Amtszeit hat er aber mehr erreicht, als ihm die meisten zugetraut hätten. Sein grösster politischer Erfolg ist der am 16. August 2022 verabschiedete Inflation Reduction Act.
Das Gesetz, dass die Inflation entgegen seiner Bezeichnung wohl zusätzlich angeheizt hat, sieht unter anderem 369 Mrd. $ an Initiativen zum Schutz des Klimas vor. Dazu zählen vorab Massnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen und Investitionen in grüne Technologien. Einige dieser Projekte werden jetzt konkret. So hat der Frachthafen von Los Angeles von der Umweltbehörde EPA soeben einen Zuschuss von 412 Mio. $ erhalten.
Die Mittel sind Bestandteil eines landesweit mehr als 3 Mrd. $ umfassenden Pakets, um Schadstoffemissionen in den Häfen zu reduzieren. Als wichtigste Infrastrukturanlage an der amerikanischen Westküste kommt dem Port of Los Angeles am meisten Geld aus Washington zu. Um die Emissionen dereinst auf null zu reduzieren, will der Hafen zusammen mit Privatinvestoren zusätzliche 236 Mio. $ investieren.
Wenn Containerschiffe und Tanker im Hafen anlegen, müssen sie ihren Betrieb bereits heute weitgehend auf Strom umstellen. Nun geht es vor allem darum, dass Maschinen wie Traktoren und Gabelstapler nicht mehr mit Diesel, sondern mit Elektrizität betrieben werden. Konkret sollen mit dem Zuschuss der US-Regierung 400 Fahrzeuge mit Batteriebetrieb gekauft werden. Ein weiterer Teil des Geldes ist für mehr Ladestationen vorgesehen.
Investitionen in die Infrastruktur sind auch sonst nötig, denn an den Docks herrscht Hochbetrieb. Über den Port of Los Angeles, den grössten Frachthafen Amerikas, wurden im September 497’803 Standardcontainer importiert. Das ist ein Rekordvolumen für den Monat und entspricht im Vorjahresvergleich einem Zuwachs von 26%. Der etwas kleinere Schwesterhafen in Long Beach meldete Einfuhren von 416’999 Containern, womit gemessen am bereits starken Vorjahresmonat eine Zunahme von 2% resultierte.
Normalerweise flaut der Betrieb ab Oktober etwas ab, weil ein Grossteil der Waren für die vorweihnachtliche Shopping-Saison bereits eingetroffen ist. Doch auch für den restlichen Verlauf des Jahres wird ein überdurchschnittliches Handelsvolumen erwartet. Ein Grund dafür ist die robuste Verfassung der US-Wirtschaft. Zudem findet die Neujahrsfeier in China nächstes Jahr relativ früh statt, weshalb Bestellungen aus Asien in den nächsten Wochen vorzeitig aufgegeben werden.
Eine Rolle könnten ebenso die US-Wahlen spielen. Höhere Zölle waren ein fester Bestandteil von Donald Trumps Wirtschaftspolitik in seiner letzten Amtszeit. Dieses Mal droht er noch schärfere Massnahmen an: einen generellen Zoll von 10 oder sogar 20% auf sämtliche Einfuhren in die USA sowie einen zusätzlichen Aufschlag von 60% oder 100% auf alle Importe aus China.
Die Auswirkungen wären drastisch. Der Verband der US-Detailhändler rechnet in einer Studie vor, dass die Kaufkraft der Verbraucher für Kleider, Haushaltsgeräte, Möbel und andere Waren jährlich um 46 bis 78 Mrd. $ reduziert würde. Gut möglich ist deshalb, dass viele Importeure ihre Lager präventiv aufbauen, um die zusätzlichen Kosten zu sparen. Dies liess sich schon 2019 beobachten, als Trump den Handelskrieg mit China eskalierte.