In den USA treibt die Vogelgrippe die Eierpreise auf Rekordniveau. In der Schweiz sind die Preise stabil, trotzdem sind einige Produkte oft ausverkauft – aus ganz anderen Gründen.
Eier gehören zu Ostern wie die Guetzli zu Weihnachten. Man bemalt sie, versteckt sie und isst sie. Vor dem Fest steigt die Nachfrage so stark, dass sie in den Supermärkten fast jedes Jahr zu leeren Regalen führt. Dieses Jahr sind Eier bereits Ende Februar Mangelware – zwei Monate vor Ostern.
Die Schweizerinnen und Schweizer essen immer mehr Eier. In den vergangenen zwei Jahren sei die Nachfrage nach frischen Schweizer Eiern um 10 Prozent gestiegen, sagt Estelle Hain. Sie ist Sprecherin der Migros. Die hohe Nachfrage führt zu einem Engpass.
Wie Hain sagt, kann die allgemeine Eierproduktion seit Herbst den Bedarf nicht mehr vollständig decken. Das betreffe vor allem die Zeit um Feiertage wie Weihnachten und Ostern. «Die Verfügbarkeit von Schweizer Bioeiern kann derzeit noch gewährleistet werden, aber die Situation kann sich ändern», sagt Hain.
Auch Coop spürt die steigende Nachfrage. Sie übersteige stellenweise das Angebot – und das bei allen Schweizer Eiern, unabhängig vom Haltungsstandard, schreibt der Detailhändler auf Anfrage. Doch die Probleme der Eierproduktion liegen tiefer.
Falsche Planung statt fehlende Eier
Laut Daniel Würgler erfordert die Produktion eine längerfristige Planung. «Die Produktion lässt sich nicht einfach hochfahren», sagt er. Würgler ist Präsident des Verbands der Schweizer Eierproduzenten und betreibt in Frasses im Kanton Freiburg einen Hof mit 18 000 Legehennen.
Würgler will nicht von einem Eiermangel sprechen. Schweizer Legehennen legen täglich Eier. «Leere Regale entstehen durch Probleme in der Lieferkette, der Logistik oder kurzfristige hohe Nachfrage», sagt er. Allerdings räumt er ein, dass nicht jeder Artikel jederzeit verfügbar ist. «Aber es gibt sicher genug, damit die Konsumenten Eier kaufen können.»
Zudem würden die Hühner die Eier nach ihrem Rhythmus legen, nicht nach Kundenwünschen. «Damit jederzeit genug Eier da wären, würde es einen ständigen Überschuss brauchen», sagt Würgler. Genau das geschah 2022.
Damals überstieg die Produktion die Nachfrage. Es seien 10 Prozent mehr Eier produziert worden als nötig. Nach Corona backten die Menschen weniger, die Nachfrage sank. Seit vergangenem Jahr steigt der Konsum jedoch wieder.
Schweizer Eier passen zum Lifestyle
Laut Würgler gibt es zwei Hauptgründe für den steigenden Eierkonsum. Er nennt die Inflation und den Trend für bewusste Ernährung. «Wenn das Leben teurer wird, greifen viele zu günstigeren Lebensmitteln.» Eier liefern viel Protein, enthalten Vitamine und haben wenige Kalorien. Das seien perfekte Voraussetzungen für aktuelle Ernährungstrends. Dazu kommen laut Würgler saisonale Schwankungen, etwa der hohe Eierkonsum zu Ostern.
Die Daten der Migros zeigen, dass der Verkauf von Eiern zehn Wochen vor Ostern deutlich ansteigt. In der Osterwoche erreicht er seinen Höhepunkt. Dabei können die Verkäufe 40 Prozent höher sein als in einer normalen Woche. Estelle Hain, Sprecherin der Migros, sagt: «Dieses Jahr verkaufen wir bereits jetzt mehr als in anderen Jahren.»
Um den Bedarf zu decken, setzt die Migros stärker auf Importeier. Zwischen Oktober und Januar hat die Migros 30 Prozent mehr Importeier verkauft als im Vorjahr. Die Eier stammen aus Italien, Spanien, den Niederlanden, Deutschland, Bulgarien, Polen und Belgien. Auch die USA interessieren sich seit einigen Jahren verstärkt für europäische Eier. Das verschärft das Problem.
In der Schweiz richten sich die Preise nach dem Markt
Seit 2021 wütet in den USA die Vogelgrippe. Millionen von Hühnern wurden getötet, die Eierproduktion brach ein, die Preise explodierten. Ein solches Szenario fürchtet Würgler in der Schweiz jedoch nicht.
In der Schweiz gibt es bis jetzt keinen einzigen Fall, bei dem Hausgeflügel an der Vogelgrippe erkrankt ist. Solange kein Hausgeflügel betroffen sei, habe es keinen Einfluss auf die Produktion, sagt Würgler.
Durch die eingeschränkte Eierproduktion schiessen die Preise in den USA in die Höhe. Und in der Schweiz? Laut Estelle Hain von der Migros richten sich die Preise nach dem Markt. Trotz Knappheit gab es bisher keine Erhöhungen. Auch Coop plant derzeit keine Preisanpassungen.
Daniel Würgler vom Verband der Schweizer Eierproduzenten sagt, dass der Handel in der Preisgestaltung frei sei. Produzentenpreise würden jährlich festgelegt, grosse Schwankungen seien selten. Derzeit kostet ein Ei im Laden zwischen etwa 28 Rappen und 1 Franken 30, je nach Herkunft, Produktionsart, Label und Menge.
Die gegenwärtige Eierknappheit wird bis mindestens nach Ostern andauern. Danach sollten sich die Nachfrage und die Verfügbarkeit wieder ausgleichen.