Seit dreissig Jahren verschicken Menschen Nachrichten mit Herz-Emojis. Wie kam es? Eine digitale Geschichte zum Valentinstag.
Emojis befördern Gefühle. Im digitalen Raum drücken sie aus, was in Worten manchmal schwer zu vermitteln scheint: Unverständnis, Dankbarkeit, Belustigung. Aber Emojis schaffen auch Missverständnisse. Das schüchtern lächelnde Gesicht zum Beispiel, wie ist das gemeint: Freundlich? Oder doch passiv aggressiv? Und was hat eigentlich dieser Affe, der sich die Augen zuhält, zu bedeuten? Doch es gibt ein Emoji, das einfach zu verstehen ist: das rote Herz. Insbesondere zum Valentinstag.
Ein Herz aus Japan
Das erste Mal wurde das Herz-Emoji in Japan verschickt, zwölf Jahre bevor Apple das erste iPhone verkaufte. 1995 brachte der japanische Mobilfunkanbieter Docomo den Pocket Bell Pager raus. Es war das erste Funkgerät, das neben kurzen Nachrichten auch den Versand von zwei Schwarz-Weiss-Bildchen ermöglichte. Wenn man bestimmte Zahlencodes in den Pager tippte, erschien ein Herz oder ein Telefon. Es war der Beginn der Kommunikation mit Emojis. Das Wort Emoji ist japanisch: «E» für Bild und «Moji» für Schriftzeichen.
Schon bevor das erste Emoji verschickt war, boomte Anfang der 1990er Jahre in Japan die Kommunikation via Pager. Und schon vor der Einführung der ersten Emojis nutzten Menschen in Japan Zeichen, um zu kommunizieren, zum Beispiel Zahlencodes. «39» hiess «Danke», «0906» hiess «Ich komme zu spät», und «14106» war der Code für «Ich liebe dich». Auch einen Code für das Herz gab es schon: das Kleiner-als-Zeichen < und die 3.
Der Mobilfunkanbieter Docomo war eine der Firmen, die in den 1990er Jahren in Japan die digitale Kommunikation vorantrieben. Es war ein Wettstreit darum, wer den Nutzerinnen und Nutzern die attraktivsten Extras bieten konnte. Die Konkurrenz von Docomo, das Unternehmen J-Phone, verkaufte 1997 einen Pager mit 90 Pixel-Emojis. Doch das Gerät war teuer und verkaufte sich schlecht. Am Ende war Docomo schneller.
Im Jahr 1998 beauftragte Docomo den jungen Designer Shigetaka Kurita damit, Symbole für den Versand von Nachrichten zu entwerfen. Es entstanden 176 Bildchen, die nicht nur der Kommunikation, sondern auch der Information dienten. Kurita fertigte Symbole für Geldautomaten, Parkplätze, Metrostationen. Gesichter, die eine Stimmung ausdrücken, gab es in diesem ersten Emoji-Set erst fünf: glücklich, traurig, wütend, enttäuscht, verwirrt. Herzen gab es auch fünf – eins davon war ein gebrochenes.
Emojis in der MoMA-Sammlung
Das Emoji-Set von Kurita, von Docomo im Jahr 1999 veröffentlicht, wurde in Japan sehr schnell sehr populär. Doch bis die Bildchen weltweit genutzt werden konnten, sollte es noch lange gehen. Kuritas Emojis konnten zu Beginn bloss auf Geräten von Docomo oder in anderen japanischen Netzwerken verwendet werden.
Erst 2010 setzte sich eine Gruppe Software-Ingenieure von Google dafür ein, dass Unicode die Emojis in sein System aufnahm. Die Nonprofit-Organisation Unicode setzt sich für internationale Standards bei der Speicherung von Schrift auf Computern und Mobiltelefonen ein. Seit 2011 sind die Emojis auch auf iPhones verfügbar und fluten seither die digitalen Kommunikationswege.
Das Herz-Emoji ist besonders populär. In Ranglisten zu den meistbenutzten Emojis kommt es meist an zweiter Stelle – nur der Smiley, der Tränen lacht, ist beliebter.
Die Emoji-Palette von Shigetaka Kurita ist seit dem Jahr 2010 Teil der Sammlung des Museum of Modern Art (MoMA) in New York. Paola Antonelli, die Kuratorin für Architektur und Design am MoMA, sagte, es sei ein Versuch, «das Design unserer Zeit zu dokumentieren». Im Jahr 2023 erhielt Kurita für seine Emojis den Webby-Award für sein Lebenswerk, eine wichtige Auszeichnung der Internetbranche. In einem Interview an der Preisverleihung sagte er: Es sei vielleicht etwas gar gewöhnlich. «Aber das Herz-Emoji ist noch immer mein Liebling.»
Doch bei jungen Menschen sind Kuritas Herzen und alles, was daraus entstanden ist, heute überholt. In Zeiten, in denen via Instagram und Tiktok vor allem in Videos kommuniziert wird, kommen Liebesbotschaften online in anderer Form. Zum Beispiel, indem man aus Mittel- und Zeigefingern ein Herz formt und dies in die Kamera hält. Andere formen ein Herz, indem sie Daumen und Zeigefinger zusammenkneifen. Und wer es so richtig «retro» mag, der bediene sich an den Zeichen einer Zeit vor Kuritas Emojis. So: <3.