Dick Schoof leitete den niederländischen Inlandgeheimdienst und die Anti-Terror-Behörde. Jetzt soll der 67-jährige Spitzenbeamte die nächste Regierung in Den Haag anführen. Sein Vorgänger kann endlich aufatmen.
Die vier Koalitionsparteien in den Niederlanden haben sich auf einen Mann geeinigt, der ihre technokratisch geprägte Regierung anführen soll. Dabei handelt es sich um den früheren Geheimdienstchef und parteilosen Spitzenbeamten Dick Schoof.
Der 67-Jährige ist derzeit Generalsekretär im Justizministerium und leitete zuvor drei Behörden, die für die rechte Regierungskoalition in Den Haag keine unwichtige Rolle spielen: den Inlandsgeheimdienst AIVD, die Nationale Koordinierungsstelle für Terrorismusbekämpfung sowie den sogenannten Einwanderungs- und Einbürgerungsdienst, der sich etwa um die Prüfung von Asylanträgen kümmert.
Experte für Sicherheit und Migration
Schoof ist also Experte für Fragen der Sicherheit und der Migration und dazu einer, der bisher politisch nicht sonderlich in Erscheinung getreten ist – damit scheint der designierte Ministerpräsident genau ins gewünschte Profil zu passen. «Dick Schoof hat eine tolle Erfolgsbilanz, ist überparteilich und damit über den Parteien, verfügt über Integrität und ist zudem sehr sympathisch», schwärmte am Dienstag Geert Wilders, der Chef der nationalistischen Partei für die Freiheit.
Wilders gewann die Parlamentswahl im November deutlich, verzichtete aber auf den Posten des Ministerpräsidenten, nachdem klargeworden war, dass ihn die anderen Parteien, mit denen er über Monate verhandelt hatte, niemals als Regierungschef akzeptieren würden. Mitte Mai gaben die Koalitionäre dann bekannt, sich auf ein Regierungsprogramm geeinigt zu haben, das vor allem härtere Einwanderungsregeln in den Fokus stellt. Wilders bezeichnet sie als die «schärfste Asyl-Politik aller Zeiten».
Beschlossen wurde auch, eine Regierung zu bilden, die zur Hälfte aus Experten und zur Hälfte aus Parteipolitikern, keinesfalls aber aus Parteichefs bestehen würde. Wilders’ Wunschkandidat für die Spitze dieses Kabinetts war zunächst Robert Plasterk gewesen, ein Molekularbiologe und Unternehmer. Nachdem die Zeitung «NRC Handelsblad» jedoch aufgedeckt hatte, dass Plasterk beim Verkauf seines Biotech-Startups vor einigen Jahren Patentrechte verletzt hatte, musste die Personalie fallengelassen werden.
Bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Den Haag bezeichnete Schoof seine Wahl als «unerwartet, aber nicht unlogisch». Er selber habe auch überrascht reagiert, als man ihn gefragt habe, ob er Ministerpräsident werden wolle. Er glaube aber, dank seiner Erfahrung im Staatsdienst den Niederländern gute Dienste leisten zu können.
Rutte darf sich auf seine Nato-Karriere freuen
In Schoofs Amtszeit als Geheimdienstchef fiel der Abschuss der Passagiermaschine MH-17 über der Ostukraine, bei dem fast 200 Niederländer ums Leben kamen. Auch war er als wichtigster Beamter im Justizministerium zuletzt die treibende Kraft hinter Dilan Yesilgöz, der scheidenden Justizministerin, die auch Chefin der liberal-konservativen bisherigen Regierungspartei VVD ist und versucht hatte, die Probleme bei der Unterbringung von Asylbewerbern in den Griff zu kriegen.
Bemerkenswert ist auch, dass Schoof bis vor einigen Jahren Mitglied der Sozialdemokraten war (wie auch der nach rechts gedriftete Ronald Plasterk). Er trat jedoch aus, als die Partei davorstand, ein Bündnis mit den Grünen einzugehen. Der Familienvater tritt nun in die Fussstapfen des scheidenden Ministerpräsidenten Mark Rutte, der sich seinerseits auf eine andere Karriere in Brüssel vorbereitet: Der seit 13 Jahren regierende Liberale gilt als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der im Herbst sein Amt abgibt.