Er hat als Verantwortlicher nicht bei einem Diebstahl interveniert und das Post- sowie Fernmeldegeheimnis verletzt. Nun ist der Schweizer Pöstler bestraft worden.
Wenn ein angeblich zugestelltes Paket beim Hauseingang einfach verschwindet, sind nicht immer aussenstehende Diebe verantwortlich. Auch der Pöstler selber kann als Übeltäter involviert sein. Dies zeigt ein Fall aus der Stadt Zürich.
Ein heute 22-jähriger Schweizer, der als Paketauslieferer tätig war, hat einen Kollegen auf seiner Tour ein Paket stehlen und öffnen lassen, ohne zu intervenieren. Der Pöstler ist wegen Gehilfenschaft zu Diebstahl und wegen Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses mit einer bedingten Geldstrafe bestraft worden.
Dies geht aus einem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl hervor, in welchen die NZZ Einsicht hatte. Der Fall spielte sich schon im Februar 2023 ab. Der Strafbefehl ist aber erst kürzlich rechtskräftig geworden. Der junge Schweizer, der noch bei seinen Eltern wohnt, war bei der Schweizerischen Post angestellt.
Er nahm zwei Kollegen auf seine Paketauslieferungstour in einem Quartier im Westen der Stadt mit. Die Kollegen fuhren mit ihm zusammen im Lieferwagen mit, der ihm von seinem Arbeitgeber für seinen Job zur Verfügung gestellt worden war.
Auch postinterne Weisungen verletzt
Dies ist unzulässig und widerspricht klar postinternen Weisungen. Gemäss dem Strafbefehl gab der Beschuldigte in der Untersuchung offenbar an, dass ihm seine Kollegen bei der Auslieferung der Pakete «helfen» sollten.
Beide Kollegen waren zum Tatzeitpunkt noch nicht 18-jährig, und es liefen separate Verfahren bei der Jugendanwaltschaft gegen sie. Die Resultate sind nicht bekannt. Jugendstrafverfahren sind normalerweise vom Einsichtsrecht der Medien ausgeschlossen.
Die Kollegen begleiteten den Beschuldigten auch zu den Briefkästen, wie aus dem Strafbefehl hervorgeht. Der Pöstler gewährte ihnen dabei Zutritt in den Eingangsbereich eines Mehrfamilienhauses.
Einer der Kollegen nahm dort ein Paket an sich, das der Pöstler kurz zuvor gescannt, als zugestellt abgebucht und in einem Milchkasten deponiert hatte. Aufgrund der Absenderadresse war es offenkundig, dass das Paket Raucherwaren enthielt.
Im Eingangsbereich war sogar eine Videokamera installiert. Der zweite Kollege schirmte den Dieb allerdings gegen diese Kamera ab. Die Uhrzeit war 12 Uhr 51. Offenbar diente das Video später als Beweismittel.
Gemäss dem Strafbefehl tolerierte der Pöstler dieses Verhalten und intervenierte nicht, wie es in seiner beruflichen Pflicht als verantwortlicher Postangestellter gelegen wäre. Der Dieb versteckte das Paket unter seiner Jacke und trug es aus dem Mehrfamilienhaus hinaus. Dann stiegen die drei jungen Männer wieder in den Lieferwagen der Post ein.
Caps für E-Zigaretten gestohlen
Im Auto öffnete der Dieb das Paket vor den Augen aller drei Involvierten – laut dem Strafbefehl – «im stillschweigenden Einverständnis» mit dem Pöstler. Im Paket befanden sich Vapsmoke-Caps für E-Zigaretten im Warenverkaufswert von 131 Franken 10 Rappen. Diese waren von einer Frau bestellt worden, die im Mehrfamilienhaus wohnt. Ebenfalls im «allseitigen Einverständnis» habe der Jugendliche die Caps an sich genommen und fortan wie sein Eigentum verbraucht.
Der Paketauslieferer ist nun dafür von der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl mit einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen à je 30 Franken, also 1800 Franken, bestraft worden. Der Vollzug der Geldstrafe wird bei einer Probezeit von 2 Jahren aufgeschoben. Der Beschuldigte muss allerdings 1000 Franken Gebühr für das Vorverfahren bezahlen. Der Strafbefehl ist nicht angefochten worden. Über das berufliche Schicksal des Beschuldigten enthält der Strafbefehl keine Informationen.