Close Menu
Meilleur en Suisse
  • Finanzen
  • Panorama
  • Reisen
  • Scheinwerfer
  • Schweiz
  • Sport
  • Technologie
  • Welt
  • Wirtschaft
  • Wissenschaft
  • Zürich
Im Trend

AI -Forschung untersuchen, wie Menschen mit Haustieren sprechen könnten – und was schief gehen könnte

Juli 12, 2025

Arsenals Kai Havertz aus Deutschland -Kader mit Knieproblemen

Juli 12, 2025

Die Slowakei ist bestrebt, mit der EU ein Vertrag über die Beendigung der russischen Gasversorgung bis Dienstag zu erreichen, sagt Fico

Juli 12, 2025
Facebook X (Twitter) Instagram
Trendthemen:
  • Feuilleton
  • Gesellschaft
  • Mobilität
  • Panorama
  • Pressemitteilung
  • Scheinwerfer
  • Gaza-Krieg
Login
Facebook X (Twitter) Instagram
Sonntag, Juli 13
Meilleur en Suisse
Abonnieren Verbinden
  • Finanzen
  • Panorama
  • Reisen
  • Scheinwerfer
  • Schweiz
  • Sport
  • Technologie
  • Welt
  • Wirtschaft
  • Wissenschaft
  • Zürich
Meilleur en Suisse
Startseite » Ein künstliches Ende für Beethovens Zehnte
Feuilleton

Ein künstliches Ende für Beethovens Zehnte

MitarbeiterVon MitarbeiterJuli 12, 2025
Aktie Facebook Twitter Pinterest LinkedIn Telegram Email WhatsApp Copy Link

Wie Digitalisierung und künstliche Intelligenz die klassische Musikwelt schon jetzt tiefgreifend verändern.

«Achtung, heute Abend hören Sie die Zukunft – Risiken und Nebenwirkungen ungewiss». Dieses Warnschild wäre angemessen gewesen an jenem Oktoberabend 2024 in der Brainlab-Firmenzentrale in München-Riem. Zunächst deutete alles auf ein normales Konzerterlebnis hin: dort die erwartungsvollen Zuschauer im abgedunkelten Saal, hier die erleuchtete Bühne. Dann aber geschah Ungewöhnliches. Denn neben den Interpreten und Komponisten hatte auch die künstliche Intelligenz (KI) ihren Auftritt auf dem Podium, unsichtbar zwar, doch unüberhörbar.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

So erklang etwa ein Stück von Franz Schubert, das mithilfe der KI in verschiedenen Variationen fortgeschrieben wurde. Beim folgenden Klavierkonzert wurde der Solopart gleich komplett von der KI komponiert und interpretiert auf einem selbstspielenden Klavier; allein für den Orchesterpart wurden noch Menschen benötigt. Der Titel des dritten Stückes lautete schliesslich treffsicher «Verhandlung»: Mensch und Maschine im Dialog, streitend und ringend um Kreativität und Klang.

War das alles bloss ein verrücktes Experiment? Oder ist das, was die Zuhörer bei dieser Kooperation der Münchner Musikhochschule mit den Münchner Philharmonikern wahlweise inspirierte oder irritierte, tatsächlich die Musik der Zukunft?

Ein bisschen Kopfkino

Macht man sich auf die Suche nach der Bedeutung von Digitalisierung und KI für die Musik, stellen sich Fragen von existenzieller Dimension. Wie wird die Musik der nächsten Jahrzehnte und Jahrhunderte klingen? Wie verändert KI insbesondere die stark traditionsverbundene klassische Musikwelt? Gibt es so etwas wie technische Kreativität? Und ist der Mensch als künstlerischer Schöpfer irgendwann ersetzbar?

Ausser Frage steht schon länger: Die künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch und macht auch vor der Welt der Harmonien, Rhythmen und Melodien nicht halt. Im Gegenteil: Es gibt guten Grund, davon auszugehen, dass sich auf und hinter den Bühnen, in den Büros der Softwareentwickler, der digitalen Notenverlage und in den Arbeitszimmern vieler Komponisten gerade eine Revolution abspielt.

Grusel und Faszination liegen hier nahe beieinander. Testen Sie zum Beispiel die neu veröffentlichte App Cantai. Chor- und Vokalsätze werden dort mit täuschend echten Stimmen vorgesungen; der frappierend «menschlich» tönende Sound aber ist reine KI. Oder starten Sie den Selbstversuch mit Kompositionsprogrammen wie Udio oder Suno: Nur wenige Schlagwörter reichen aus, um ein von KI generiertes Musikstück zu erschaffen.

Auf den ersten Blick ist das eine gigantische Provokation. Denn ist es nicht genau jene individuelle Kreativität, das Schöpfertum, das den Menschen ausmacht? Und was, wenn doch nicht? Wenn in Zukunft Komponisten ihre Jobs verlieren, Instrumentalisten ersetzt werden durch perfekt spielende Computer und eine Maschine zum neuen Mozart mutiert?

Hier stoppen wir das Kopfkino, bevor der Pulsschlag weiter steigt, und schauen genauer hin. Die Digitalisierung in der Musikwelt ist alles andere als ein neues Phänomen unserer Tage, sie begann schon in den 1970er Jahren, als die ersten digitalen Aufnahmetechniken entwickelt wurden. Ein erster Meilenstein war das MP3-Format, mit dem Musik später auch leichter über das Internet übertragen werden konnte. 1981 präsentierte der von jeher ausgesprochen technikaffine Dirigent Herbert von Karajan die Compact Disc als Weltsensation in Salzburg. In der Folge wurden analoge Datenträger wie Kassette und die gute alte Schallplatte immer mehr an den Rand gedrängt; der Musikmarkt aber wuchs enorm.

Auch das ist bereits Geschichte. Heute sind Streamingdienste die wichtigsten Plattformen für die Verbreitung von Musik, und spätestens als die ersten Large-Language-Modelle durch die Firma Open AI präsentiert wurden, konnten auch bislang rein analog agierende Musiker erahnen, dass hier in Zukunft neben Komponisten, Interpreten und überwiegend mechanischen Instrumenten noch ein weiterer Akteur mitmischen könnte.

Beethovens Zehnte

«Es sind sehr viele Puzzleteile, die dazu geführt haben, dass wir heute dort sind, wo wir sind», sagt Matthias Röder. Als Direktor des Karajan-Instituts in Salzburg hat er 2021 «Beethoven X – The AI Project», das weltweit diskutiert wurde, geleitet. Das Wagnis: endlich Beethovens unvollendet hinterlassene Entwürfe zu einer 10. Sinfonie zu Ende komponieren. Gelingen sollte das mithilfe einer sogenannten Transformer-Architektur, für die künstliche neuronale Netzwerke auf die statistische Häufung von Kombinationen trainiert wurden.

«Es gibt, wie bei Worten, auch bei Noten eine Kausalität», erklärt Röder, und ein Transformer-Modell bilde Wahrscheinlichkeiten ab: welche Note also nach Massgabe von Beethovens charakteristischem Personalstil mit der grössten Wahrscheinlichkeit auf eine vorangegangene gefolgt wäre, hätte er das Stück mit eigener Hand komponiert. Dazu wurde die KI im Vorfeld mit Werken von Beethoven selbst, aber auch mit solchen von Zeitgenossen gefüttert; anschliessend bekam sie die erhaltenen Skizzen des Komponisten zu einer 10. Sinfonie vorgelegt und sollte diese nun weiterentwickeln.

Ein Team von Experten hat sich den Output schliesslich vorgenommen, ihn intensiv bearbeitet und daraus eine Collage erstellt. Die Reaktionen auf die schliesslich uraufgeführte Gesamtfassung der Sinfonie waren ebenso kontrovers wie kurios. «Es gab einige Stellen, bei denen die Hörer gesagt haben: Das hätte Beethoven nie so komponiert. Und genau diese Stellen waren original von Beethoven», sagt Röder und schmunzelt.

Röder sieht die KI als «Werkzeug und Sparringpartner», mit dem sich wunderbar experimentieren lasse, um nicht zuletzt auch Antworten auf die Frage zu bekommen: Wie funktioniert menschliche Kreativität, und was macht sie aus? «Eine angstgetriebene Diskussion bringt gar nichts», meint Röder, auch wenn er zugesteht, dass es beim Einsatz von KI noch viel Erklärungsbedarf gibt. «Viele verstehen die KI immer noch als eine Art Blackbox, die reden kann. Dabei ist das kein Wesen, sondern einfach nur eine Statistikmaschine, die mit dem arbeitet, was wir Menschen gesagt oder komponiert haben.»

«Das kann nur der Mensch»

Wie man von dieser Statistikmaschine in der musikalischen Praxis am besten profitieren kann, beschäftigt Ali Nikrang, der als Professor für KI und musikalische Kreation an der Münchner Musikhochschule arbeitet und das eingangs beschriebene futuristische Konzert mitbetreut hat. «Der Computer ist sehr schnell im Vergleich zum Menschen. Mich hat schon immer die Frage interessiert, wie er uns beim Komponieren helfen könnte», sagt Nikrang. Einen Widerspruch zwischen künstlerischer Originalität und kalter Statistik sieht er nicht.

Tatsächlich komponieren Menschen ja auch nicht im luftleeren Raum, sondern sind jeweils beeinflusst durch die Musik, die sie umgibt, durch Traditionen und kulturelle Prägungen. Es sei auch nichts Neues, dass man Musik als Zusammensetzung von Strukturen begreife. «Schon Mozart hat in seinem ‹Musikalischen Würfelspiel› verschiedene Phrasen nach dem Zufallsprinzip kombiniert, und auch Carl Philipp Emanuel Bach hat mit Fragmenten experimentiert», sagt Nikrang.

Im Gegensatz zum Menschen hat die KI allerdings keine gefilterte Wahrnehmung, die eine ästhetische Bewertung vornehmen könnte. Für den Forscher liegt darin auch eine Chance: «Die KI kann uns neue Perspektiven geben auf die Musik. Sie hat unendlich viele Daten in sich, aber sie ordnet nicht ein und bewertet nicht – das ist ein Vorteil.» An seinem Lehrstuhl trainiert er gemeinsam mit seinen Studenten eine KI mit unterschiedlichsten klassischen Stücken. Dabei geht es letztlich um die Frage: «Was können wir mit der KI künstlerisch Interessantes und spannend Neues machen?»

Ein Stück zu komponieren, das mehr oder weniger stimmig nach Mozart oder Haydn klingt, das vermag die KI heute schon. «Für einen Komponisten aber ist das nicht besonders interessant. Ihn interessiert vielmehr: Wo bin ich in der Musik? Wie kann ich die KI so nützen, dass sie nicht einfach nur nachahmt, sondern für mich als Person mit meinem Ausdruckswillen nützlich ist?», sagt Nikrang. Die ureigene menschliche Kreativität sieht er durch die KI nicht bedroht. Lediglich Bereiche, in denen es ausschliesslich um Imitation gehe, seien gefährdet. In den meisten Fällen steht derzeit immer noch der Mensch als entscheidende Instanz am Ende der Kette. Der Grund: Die Maschine kann zwar verschiedene musikalische Szenarien ausspucken. Aber sie ist nicht in der Lage, zu erkennen, was für die Menschheit davon relevant sein könnte. «Das hängt vom jeweiligen sozialen Kontext ab – das kann nur der Mensch», sagt Nikrang.

Für die Praxis

Zeitgenössische Technik soll Musikern das Leben leichtermachen, ganz konkret, praktisch und möglichst unbürokratisch. Das findet Boian Videnoff, der künstlerische Leiter der Mannheimer Philharmoniker und Gründer der App Enote. Wie viele seiner Kollegen hat er jahrzehntelang Notenstapel in Aktentaschen von Konzert zu Konzert geschleppt, erprobte Fingersätze mit Bleistift in andere Ausgaben übertragen und mühsam in Archiven nach verschiedenen Ausgaben gesucht. Mittlerweile verwendet er ausschliesslich digitale Noten.

Für die App haben er und sein Team eine Technologie entwickelt, mit deren Hilfe ursprüngliche Print-Noten übersetzt werden sollen in komplett digitalisierte Dateien. Konkret funktioniert das folgendermassen: Die gedruckten Noten werden gescannt, dann wird das entstandene Bild in eine KI eingespielt. Diese analysiert die Symbole, aus denen das Bild besteht – «also alles, was schwarz ist», sagt Videnoff. Mittlerweile ordnet die KI über 99 Prozent dieser Symbole richtig zu.

«Die Qualität hängt davon ab, wie viele Trainingsdaten die KI hat», sagt Videnoff. Um die verbliebenen Abweichungen zu finden, braucht es, neben noch mehr Trainingsdaten, eine grosse Community, die berühmte Schwarmintelligenz, die mitkorrigiert – also doch wieder den Menschen. «Sonst ist das nicht finanzierbar», sagt Videnoff. Ein Zwischenschritt auf diesem Weg sind sogenannte «intelligente PDF», bei denen die jeweilige Seitenstruktur beim Notensatz zwar fix ist, aber die KI bereits Wiederholungen und Sätze erkennt oder einzelne Stimmen hervorheben kann. Für einen Solisten, der etwa eine Opernpartie auf Hunderten von Seiten bis anhin mit einem Textmarker markieren musste, um sie besser einstudieren zu können, bedeutet das gewiss eine Erleichterung.

Wenn Videnoff von den Möglichkeiten spricht, die sich in Zukunft auftun könnten, wird er beinahe euphorisch. Ganz am Ende soll im besten Fall ein «voll veränderbares Dokument stehen, an dem auch andere Technologien andocken können», wie Videnoff schwärmt. «Irre Sachen» seien dann möglich – etwa dass die KI beim Musizieren zuhört und zum perfekten Zeitpunkt «umblättert»; oder dass sie sogar fehlerhaft ausgeführte Stellen markiert.

Die Grundlage ihrer Arbeit, die Werke selbst, sehen Videnoff und seine Kollegen als «Allgemeingut». Die Verlagswelt sei da unter Zugzwang, wobei Videnoff auf Lizenzvereinbarungen hofft. Verlagsvertreter wie Ester Petri, die Geschäftsführerin des Carus-Verlags, oder Paul Schäffer vom Mainzer Schott-Verlag, der schon Beethovens Werke verlegte, sehen das etwas anders.

Was die Digitalisierung von Noten betrifft, tut sich aber auch hier etwas: Seit der Pandemie werden im Carus-Verlag zusätzlich digitale PDF verkauft, der Umsatz liege zurzeit bei etwa vier Prozent vom gesamten Markt. «Hier ist noch viel Luft nach oben», sagt Petri, und gerade viele Laien würden nach wie vor aus gedruckten Noten, also von Papier, singen und musizieren. Bei Schott steigt die Nachfrage ebenso «langsam und stetig, jedoch längst nicht rasant», sagt Paul Schäffer. «Wir gehen davon aus, dass wir noch mindestens zehn Jahre Print und Digital gleichwertig behandeln werden. Dennoch bereiten wir uns auf eine mögliche Zeitenwende vor und beginnen derzeit in einem umfassenden Scan-Projekt, zirka 5 Millionen Seiten unserer Herstellvorlagen zu digitalisieren.»

Die Faszination einer App wie Enote können beide nachvollziehen, allerdings gebe es da noch viel Klärungsbedarf. «Das Problem war, dass das Unternehmen uns Verlage zunächst nicht als Partner gesehen hat und sich über die urheberrechtlichen Implikationen bei der Nutzung unserer Verlagsprodukte hinweggesetzt hat», sagt Schäffer. Und Petri bestärkt: «Es braucht eine klare rechtliche Lösung mit Verträgen. Wir leben als Verlag davon, wie genau wir die Noten setzen, so perfekt wie möglich, so praktisch wie möglich. Da ist viel musikalische Expertise im Spiel.»

Aus den Tiefen der Jahrhunderte

Wie Digitalisierung die musikalische Welt reicher machen kann, ist in der Abtei von Saint-Pierre de Solesmes im Nordwesten Frankreichs zu erleben. Seit Jahrtausenden beten, arbeiten und singen hier die Benediktiner, seit einigen Jahren aber geschieht hier etwas Enzyklopädisches. So wurde von 2019 bis 2022 ein aufwendiges Aufnahmeprojekt durchgeführt, das in der App Neumz mündete. In ihr finden sich, nun überall und jederzeit abrufbar, die kompletten gregorianischen Gesänge des dreijährigen Zyklus des Novus Ordo.

Ausserdem arbeitet ein Team von Experten daran, das komplette Solesmes-Archiv mithilfe einer speziell trainierten KI für das Diamm zu digitalisieren, das Digital Image Archive of Medieval Music in Oxford. 400 000 Manuskriptseiten und rund zwei Millionen Gesänge werden hierfür gescannt und katalogisiert. Man geht derzeit davon aus, dass im Laufe dieses Mammutprozesses über 4000 Gesänge entdeckt werden, die nach über 1000 Jahren erstmals (wieder) erklingen könnten.

«The future from the past» lautet der Slogan des Projekts, bei dem lange verborgene Schätze aus den Tiefen des Klosters nun mittels modernster Technik ans Tageslicht gebracht und systematisch aufbereitet werden. Kopf des gesamten Projekts ist John Anderson. Er findet die Möglichkeiten, die sich durch den Einsatz der KI auftun, «faszinierend und gleichzeitig spooky», wie er sagt. Im Fall des Solesmes-Archivs helfe die technische Intelligenz bei der Bewältigung einer sonst übermenschlichen Aufgabe. «Das Kloster hier ist der einzige Platz auf der Welt mit einer solchen Dichte an Material aus dem Mittelalter», sagt Anderson.

All diese Niederschriften werden nun mittels KI transkribiert, um in Zukunft als digitales Material zugänglich zu sein für Musikwissenschafter weltweit und um in Konzerten aufgeführt zu werden. Ohne menschliches Zutun und ohne menschliche Intelligenz funktioniert allerdings auch hier kaum etwas. So haben Musikologen zu Beginn erst einmal handschriftlich die Manuskripte übertragen, um überhaupt ausreichend Trainingsmaterial für die KI zu haben.

Auf dieser Basis wurde die KI geschult, um fortan die uralten Manuskripte in digitales Notenmaterial zu übersetzen. Eine hochkomplexe Angelegenheit – die mit Fehlern einhergeht. «80 Prozent des so transkribierten Materials sind korrekt», sagt Anderson. Die endgültige Fertigstellung und die Korrektur der Fehler müssen abermals Forscher übernehmen. So retten Mensch und Maschine im Teamwork wertvolle Kompositionen von einst hinüber in die Gegenwart. «Alles, was wir heute haben, gründet auf dieser Musik», sagt Anderson. Der gregorianische Choral sei der Ursprung, und sobald man sich mit der teilweise über ein Jahrtausend alten Musik beschäftige und sie neu entdecke, bekomme man ein grundlegend anderes Verständnis davon, was Zeit und Rhythmus bedeuteten.

Digitaler Konzertsaal

Letztlich ist Musik dazu da, die Menschen zu berühren, und niemand vermag das intensiver als der Mensch selbst. Daran scheinen auch Digitalisierung und zunehmender KI-Einsatz nicht zu rütteln. Teilweise ist sogar das Gegenteil der Fall, schliesslich haben es digitale Techniken erst möglich gemacht, Musik ohne nennenswerte Qualitätseinbussen in alle Welt zu übertragen. Hautnah erlebt hat das Olaf Maninger, seit 1994 Cellist und Medienvorstand der Berliner Philharmoniker. Technikaffin war das führende deutsche Orchester schon immer, was wesentlich mit Karajan als prägendem Dirigenten zu tun hatte. Als es in den 1990er Jahren zunehmend schwieriger wurde, eine Aufnahme oder einen Sendeplatz für ein sinfonisches Werk zu bekommen, hatte Maninger eine Idee.

«Wir wollten damals ein Sicherheitsnetz konzipieren, das uns unabhängig macht von Plattenlabels und Sendeanstalten. Und dann kam dieses Internet», erzählt Maninger. Seine Vision: Jedes Konzert der Berliner Philharmoniker sollte in die ganze Welt übertragen werden und anschliessend in einem Archiv jederzeit verfügbar sein. Was heute selbstverständlich klingt, wurde damals von vielen als verrückt abgetan, schliesslich gab es weder Smartphones noch Apps. «Aber es war klar, dass das Internet ein unglaubliches Potenzial hat. Deshalb haben wir einfach angefangen und darauf gehofft, dass die Technik hinterherkommt», sagt Maninger.

Mit Unterstützung einer Grossbank baute das Technikteam die entsprechende Aufnahmetechnik in der Berliner Philharmonie ein und startete das Pilotprojekt. Heute sind die Konzerte des Elite-Orchesters in exzellenter Aufnahmequalität auf allen Geräten verfügbar, und die so entstandene Digital Concert Hall ist die mit Abstand erfolgreichste Streamingplattform im klassischen Konzertbereich. Sie trägt sich mittlerweile komplett selbst.

Das Leben und Arbeiten der Berliner Philharmoniker hat sich durch die zusätzliche mediale Dimension stark verändert – zum Guten, wie Maninger sagt. «Die Live-Konzerte sind unsere Visitenkarte und auf ewig im Archiv. Dadurch spüren wir eine noch grössere Verantwortung als Musiker.» Zu wissen, dass zusätzlich zu den 2400 Menschen im Saal bis zu 15 000 Menschen in aller Welt live ihrer Interpretation lauschten, gebe beim Spielen einen «Super-Kick».

Seit es die Digital Concert Hall gebe, würden Fans auf der ganzen Welt nicht nur die Veranstaltungen der Berliner Philharmoniker verfolgen, sondern auch eine Bindung zum Orchester entwickeln. «Wenn sie dann in New York oder Tokio unsere Konzerte besuchen, sind sie schon Teil der Familie», sagt Maninger. Dass die Menschen trotz der exzellenten Übertragung weiterhin in die Aufführungen kommen, wundert den Musiker kein bisschen. «An einem solchen Abend findet eine unglaubliche Interaktion von Energien statt. Der Saal knistert vor Spannung, Aufregung und Vorfreude, dann treten die Musiker hinein in diese Aura, und einer dieser ersehnten magischen Augenblicke kann sich ereignen», sagt Maninger. Der Thrill des Live-Moments ist eben doch durch nichts zu ersetzen.

Weiter Lesen

Oasis in Manchester: Ein Konzert wie ein klarer Heimsieg

Justin Bieber: Die Sorgen und Leiden eines erwachsenen Teenie-Stars

«Ich hasse dich, aber ich hasse dich auf meinen Knien»: Wie jüdische Künstler auf den Antisemitismus Wagners reagierten

Friederike Mayröcker war ihr eigenes Gesamtkunstwerk. In ihrer Wiener Papierhöhle schrieb und zeichnete sie ein Leben lang

«Ich brauche mehr Me-Time» – auf dem Weg in die asoziale Gesellschaft

Nach UKW-Abschaltung: Private Radiosender gewinnen an Hörer, SRF bricht ein

Redakteurfavoriten

Arsenals Kai Havertz aus Deutschland -Kader mit Knieproblemen

Juli 12, 2025

Die Slowakei ist bestrebt, mit der EU ein Vertrag über die Beendigung der russischen Gasversorgung bis Dienstag zu erreichen, sagt Fico

Juli 12, 2025

Menschen müssen im Herzen der KI -Geschichte bleiben

Juli 12, 2025

Nelson Peltz kostet 25 Mio. GBP an Unilever -Aktien

Juli 12, 2025

PSG gegen Chelsea: FIFA Club World Cup Finale – Teams, Start, Aufstellungen | Fußballnachrichten

Juli 12, 2025

Neueste Nachrichten

Oasis in Manchester: Ein Konzert wie ein klarer Heimsieg

Juli 12, 2025

Justin Bieber: Die Sorgen und Leiden eines erwachsenen Teenie-Stars

Juli 12, 2025

Wissenschaftler versuchen, vom 600-jährigen Aussterben von 12 Fuß hoher Riesenvogel zurückzugewinnen

Juli 12, 2025
Facebook X (Twitter) Pinterest TikTok Instagram
© 2025 Meilleur en Suisse. Alle Rechte vorbehalten.
  • Datenschutzrichtlinie
  • Nutzungsbedingungen
  • Kontakt

Type above and press Enter to search. Press Esc to cancel.

Sign In or Register

Welcome Back!

Login to your account below.

Lost password?