Ein junger Italiener hat sich Zugriff auf staatliche Computersysteme verschafft und sein Schulzeugnis aufgebessert. Zunächst bleibt sein Handeln unentdeckt, doch dann lenkt er Öltanker im Mittelmeer auf falsche Routen – und fliegt auf.
Wieso lernen, wenn auch gute IT-Kenntnisse die Noten verbessern können? Diese Frage stellte sich wohl ein 15-jähriger Schüler aus Italien – und setzte das Vorhaben in die Tat um.
Der Jugendliche, von italienischen Medien als «Baby-Hacker» betitelt, verschaffte sich erfolgreich Zugriff auf die Datenbank des nationalen Bildungsministerium in Rom. Mit ein paar Klicks änderte er seine Noten. Statt einer fünf stand plötzlich eine sechs im digital abgespeicherten Zeugnis. Die Änderung war zwar minim. Doch im italienischen Bildungssystem, in der die Notenskala von eins bis zehn reicht, macht das einen grossen Unterschied. Aus einer «ungenügenden» wurde eine «genügende» Note.
Doch der Teenager hörte nicht bei sich selbst auf. Er korrigierte laut Medienberichten auch die Noten einiger Freunde nach oben. Einige soll er so vor drohenden Nachholprüfungen bewahrt haben.
Er änderte die Routen von Öltankern
Dem jungen Hacker reichten gute Noten bald nicht mehr. Zu einfach und zu simpel schien der Zugriff auf das Bildungssystem. Er hatte Grösseres vor. Sein neues Ziel: die IT-Systeme, die den Schifffahrtsverkehr im Mittelmeer steuern.
Von seinem Kinderzimmer in Cesena aus soll er die Routen von Handelsschiffen, insbesondere die von Öltankern, umgeleitet haben. Ob Schiffe deswegen tatsächlich ihren Kurs änderten, wurde von offizieller Seite zwar nicht bestätigt. Doch die Eingriffe des Jugendlichen in die Streckenpläne waren so schwerwiegend, dass sie möglicherweise die Sicherheit im Seeverkehr gefährdet haben. Das blieb den staatlichen Sicherheitsbehörden nicht verborgen. Laut Medienberichten löste eine Anzeige, die sich auf das «Hacken von Browsersoftware» bezog, einen Alarm aus. «Eine Person aus Cesena hat sich offenbar an einem elektronischen Spiel mit potenziell realen Folgen erfreut», heisst es in den Berichten.
Der Hacker geriet in den Fokus der Postpolizei, die in Italien als Teil der Staatspolizei mit der Bekämpfung von Cyberkriminalität beauftragt ist. Zusammen mit der Staatsanwaltschaft von Bologna analysierten die Ermittler die Zugriffe, verfolgten die Spuren zurück und stiessen schliesslich auf den Jugendlichen aus Cesena, im Norden Italiens. Erst im Laufe der Untersuchungen, fanden die Ermittler dann heraus, dass der Jugendliche mit seinem Profil auch die Webseiten und Archive des Bildungsministeriums gehackt und seine Noten verbessert hatte – was zuvor niemandem aufgefallen war.
Statt guter Noten und einer entspannten Schulzeit, war nun die Polizei hinter ihm her. Als die Ermittler schliesslich an der Wohnung klingelte, öffneten die Eltern des 15-Jährigen die Tür. Über die Geschichte waren sie überrascht. Von den Aktionen ihres Sohnes wussten sie angeblich nichts. In der anschliessenden Razzia beschlagnahmte die Polizei den Computer und weitere elektronische Geräte des Jugendlichen.
Bildungsministerium betreibt Schadensbegrenzung
Und was sagte der Teenager zu seiner Verteidigung? Er behauptete, ohne kriminelle Absichten gehandelt zu haben. Über die möglichen Folgen und Gefahren habe er nicht nachgedacht. Er habe lediglich testen wollen, wie weit er kommen würde. Nun wartet ein Verfahren vor dem Jugendgericht in Bologna auf ihn. Dem Schüler droht eine Anklage wegen mehrfacher IT-Verstösse.
Die Behörden hingegen können aufatmen, dass niemand mit böswilliger Absichten ihre Systeme gehackt hat. Das Bildungsministerium betrieb Schadensbegrenzung. In einer Mitteilung erklärte es, dass nationale Systeme nach ersten Prüfungen nicht betroffen gewesen seien. Den Schulen werde die Verantwortung für elektronische Register eigenständig übertragen. Ob das als Trost reicht, bleibt fraglich.
Stattdessen diskutiert Italien nun eine grössere Frage: Wie konnte ein Jugendlicher aus seinem Kinderzimmer heraus wichtige nationale Systeme knacken?