Die SP und die Grünen wollen, dass sich eine parlamentarische Untersuchungskommission um die Probleme im Verteidigungsdepartement kümmert. Die bürgerlichen Parteien sind gegen eine PUK, aber für Transparenz.
Nachdem Berichte der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) am Montag innerhalb des Schweizer Rüstungskonzerns Ruag nicht nur Missmanagement, sondern auch Betrug aufgedeckt hatten, hat sich am Dienstag ein weiterer Knall ereignet. Durch Indiskretionen wurde bekannt, dass sowohl der Chef der Armee, Thomas Süssli, als auch der Direktor des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) zurücktreten wollen.
Der Bundesrat wollte die beiden Rücktritte, die Verteidigungsministerin Viola Amherd laut Gerüchten bereits seit Ende Januar bekannt waren, erst am Mittwoch nach seiner wöchentlichen Sitzung bekanntgeben. Doch das Geschäft hielt den Sicherheitsvorkehrungen in der Verwaltung nicht stand und fand den Weg in die Medien.
Nicht der erste kritische Bericht
Der Bericht der EFK über die Vorgänge in der Ruag war nicht der erste seiner Art: Seit über einem Jahrzehnt bringt die Kommission immer wieder Compliance-Fragen auf. Wie den jüngsten Berichten zu entnehmen ist, meldete sich bereits 2019 ein Whistleblower sowohl beim VBS als auch beim Verwaltungsrat der Ruag.
Doch passiert ist nicht viel: Das anonyme Schreiben wurde dem zuständigen Ruag-Kadermitglied weitergeleitet. Dies, obschon, wie die EFK schreibt, «implizit zu vermuten war», dass die Vorwürfe seine Zuständigkeit betreffen. Er soll daraufhin eine Stellungnahme verfasst haben – ans VBS.
Als Erste reagierten die SP und die Grünen auf die Kaskade von Pannen, Versäumnissen und Skandalen rund um das VBS. Die Parteien teilten mit, dass es nach den Chaos-Tagen im VBS einen sofortigen Marschhalt und eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) brauche. «Jetzt muss alles ohne Vorbehalte auf den Tisch», sagte der Co-Präsident Cédric Wermuth. Es brauche eine schonungslose Analyse, wer für den Ruag-Skandal und das VBS-Chaos die Verantwortung trage.
Die Co-Präsidentin Mattea Meyer doppelt nach, es seien sofortige Massnahmen erforderlich, um die Einhaltung der Compliance-Richtlinien sicherzustellen und Verstösse zu unterbinden. Es werde leider immer offensichtlicher, dass seit Jahrzehnten «eine Kultur der Verantwortungslosigkeit» im VBS herrsche.
Bis jetzt ist die SP die einzige Partei, die eine PUK fordert. Aber auch Exponenten von bürgerlichen Parteien erwarten, dass die Vorfälle rund um das VBS und die Armee untersucht werden. Der Berner SVP-Ständerat und Sicherheitsexperte Werner Salzmann gibt gegenüber den Portalen von CH Media zu bedenken, dass das Problem über die Ruag hinausgehe. Auch das VBS habe seine Aufgabe nicht wahrgenommen, sagt er. Sein freisinniger Urner Ständeratskollege Josef Dittli pflichtet ihm bei: «Das VBS trägt erhebliche Mitschuld und die Hauptverantwortung.»
«Mehr Armee, weniger VBS», sagt Blocher
Offen ist, ob sich die FDP der SP anschliesst und ebenfalls eine PUK fordert. Laut dem Parteipräsidenten Thierry Burkart ist eine Untersuchung mit einem möglichst hohen Erkenntnisgewinn entscheidend. Welches Instrument dazu notwendig sei, müsse sich noch zeigen.
Auch der SVP-Altvater Christoph Blocher, der sich kürzlich selber als möglicher Nachfolger von Viola Amherd ins Spiel gebracht hat, steht einer PUK skeptisch gegenüber. Eine parlamentarische Untersuchungskommission würde nur die Linke beflügeln und ewig dauern, sagt er auf Anfrage. Aber es sei klar, dass man an der Spitze des Verteidigungsdepartements nun durchgreifen müsse. «Es braucht», sagt er, «mehr Armee und weniger VBS.»