Derzeit verbüsst Christian B. eine Haftstrafe wegen Vergewaltigung. Nun steht er erneut wegen mutmasslicher sexueller Übergriffe vor Gericht. Auch im Fall der verschollenen «Maddie» wird gegen den Mann ermittelt.
Ihre Augen gingen um die Welt. Vor fast siebzehn Jahren verschwand die damals 3-jährige Madeleine «Maddie» McCann mit den charakteristischen grünblauen Augen aus einer Ferienanlage an der südportugiesischen Algarveküste. Die Geschichte wurde zu einem der bekanntesten Kriminalfälle der Welt. Am Freitag beginnt vor dem Landgericht Braunschweig im deutschen Bundesland Niedersachsen der Prozess gegen den Verdächtigen im Fall des verschwundenen britischen Mädchens.
Allerdings ist der deutsche Christian B. nicht wegen Maddies Verschwinden angeklagt, sondern wegen fünf Sexualverbrechen, die er zwischen 2000 und 2017 in Portugal begangen haben soll. Es handelt sich um drei Fälle schwerer Vergewaltigung und zwei Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern. Bei Vergewaltigung gilt deutsches Strafrecht auch dann, wenn die Tat im Ausland begangen wurde.
Christian B. hat vier Verteidiger
Das Gericht hat vorläufig rund dreissig Verhandlungstage bis Ende Juni angesetzt. Der 47-Jährige sitzt derzeit eine siebenjährige Haftstrafe in Oldenburg ab. Verurteilt wurde er für die Vergewaltigung einer älteren Amerikanerin im Jahr 2005, im portugiesischen Ort Praia da Luz. Gemäss früheren Angaben der Staatsanwaltschaft wäre diese Strafe im September 2025 verbüsst.
Christian B. lebte früher unter anderem in Braunschweig, weshalb das Landgericht der niedersächsischen Stadt für ihn zuständig ist. Zuerst erklärte sich das Braunschweiger Gericht für nicht zuständig und argumentierte, Christian B. habe seinen letzten ständigen Wohnsitz vor seinem Auslandsaufenthalt in Sachsen-Anhalt gehabt. Später entschied jedoch das übergeordnete Oberlandesgericht in Braunschweig nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft, dass von einem letzten Wohnsitz in Braunschweig ausgegangen werden müsse.
Laut einem Bericht der «Bild»-Zeitung stehen dem Angeklagten vier Verteidiger zur Verfügung. Sie wollen das Gericht von der Unschuld ihres Mandanten überzeugen. Einer der Anwälte sagte der «Bild»-Zeitung: «Dem Angeklagten stehen nicht nur zwei Staatsanwälte, sondern auch ein massiver Ermittlungsapparat von Dutzenden BKA-Beamten gegenüber.» Durch die vier Verteidiger, darunter ein IT-Forensik-Experte, herrsche «wenigstens annähernd Waffengleichheit».
Suchaktion am Arade-Stausee im Jahr 2023
Im vergangenen Sommer sorgte eine Suchaktion des deutschen Bundeskriminalamts (BKA) im Süden Portugals für Schlagzeilen. Zusammen mit portugiesischen und britischen Ermittlern durchkämmten sie das Ufer des Arade-Stausees. Sie setzen Spürhunde und Taucher ein und errichteten ein eigenes Koordinationszentrum. Der See liegt ungefähr fünfzig Kilometer vom Ferienort Praia da Luz an der Algarveküste entfernt.
Laut der Zeitung «Expresso» soll sich Christian B. häufiger an der Arade-Talsperre aufgehalten haben. Ein Staatsanwalt sagte dem NDR: «Es ist mittlerweile bekannt geworden, dass unser Verdächtiger eine besondere Beziehung zu diesem Ort hatte.»
2007 verschwand Maddie in Portugal
Madeleine McCann, genannt Maddie, war ein britisches Mädchen, das im Mai 2007 während eines Familienurlaubs in Portugal verschwand. Sie wurde zuletzt in der Ferienanlage Praia da Luz gesehen und verschwand mutmasslich, während ihre Eltern in einem nahe gelegenen Restaurant sassen.
Trotz intensiver internationaler Suche und Ermittlungen blieb ihr Schicksal ungeklärt. Es existieren zahlreiche Theorien und Verdächtigungen, aber bis heute gibt es keine definitive Antwort auf die Frage, was mit ihr geschah.