Elon Musk hat am Donnerstag das lang angekündigte Robotaxi vorgestellt. Anders als die Konkurrenz setzt es nicht auf Radare und Kameras, sondern auf KI. Zudem präsentierte Musk überraschend einen Roboter-Van.
In den Filmstudios von Warner Brothers in Burbank, Südkalifornien, werden normalerweise Actionthriller wie «Batman» gedreht. Am Donnerstag wurde das Gelände zur Kulisse von Teslas Event namens «We, Robot», an dem der CEO Elon Musk endlich das seit Jahren angekündigte Robotaxi vorstellen wollte. Da Musk immer für Überraschungen gut ist, war bis zuletzt unklar, ob Tesla wirklich einen Prototyp präsentieren würde. Schliesslich behauptet er seit Jahren, dass Tesla nur noch Monate von einem Robotaxi-Service entfernt sei.
Gegen 20 Uhr Ortszeit, mit knapp einer Stunde Verspätung, bot sich dann eine Szene wie aus einem Hollywoodfilm: Aus der Dunkelheit, umhüllt von Nebel, tauchte ein silberfarbenes Fahrzeug auf, aus dessen Inneren Musk in schwarzer Lederjacke kletterte. Einen Fahrer gab es nicht.
Teslas Robotaxi ist ein Zweitürer, hat weder Lenkrad noch Pedale, dafür viel silbernes Metall und das Design eines Sportwagens. Geladen wird es nicht über Kabel, sondern über Induktion. Da Tesla zu dem Event nur ausgewählte Investoren und keine Journalisten eingeladen hatte – Tesla hat seine Presseabteilung vor Jahren abgeschafft –, werden Details und Tests zum Fahrzeug noch auf sich warten lassen. Der Event wurde im Livestream übertragen.
«Willkommen auf der Roboterparty!», rief Musk den Gästen zu, als er auf die Bühne trat. «Ich bin gerade in einem Roboterauto angekommen, und es gibt da draussen noch zwanzig weitere.» Zudem gebe es mehrere Teslas, deren neues, vollautonomes Fahrsystem die Gäste an diesem Abend ebenfalls testen könnten.
In der folgenden halben Stunde zeichnete Musk das Bild einer «lustigen Zukunft», in der Transport gänzlich anders aussehen werde. «Du könntest im Auto einschlafen und an deinem Ziel ankommen», sagte Musk. Auf der Leinwand hinter ihm liefen Videoaufnahmen des Robotaxis, in dem die Insassen arbeiteten oder sich entspannten. «Mit autonomem Fahren bekommst du deine Zeit zurück.» Musk zog den Vergleich mit Aufzügen, die früher von Fahrern bedient worden seien, bevor sie, wie heute ganz selbstverständlich, vollautomatisiert funktionierten.
Musk verspricht Robotaxi «vor 2027»
Das vollautonom fahrende Betriebssystem für die Teslas-Fahrzeuge, inklusive des Cybertruck, werde in Texas und Kalifornien ab 2025 verfügbar sein, sagte Musk, «das Robotaxi ab 2026». Dann korrigierte er sich selbst lachend. «Ich neige dazu, bei Zeithorizonten zu optimistisch zu sein. Sagen wir: vor 2027.» Es werde erhältlich sein, «wo auch immer es uns die Regulatoren erlauben zu sein».
Tatsächlich dürfte auch dieser Zeitrahmen fraglich sein, weil man für Fahrzeuge ohne Pedale und Steuerrad – bei denen also nicht ein Mensch kurzfristig intervenieren könnte – in den USA eine Sondergenehmigung benötigt. Der Fahrzeughersteller General Motors hatte sich für sein Robotaxi Cruise vergebens um eine solche bemüht. Auch auf Ebene der Gliedstaaten gibt es einen Flickenteppich aus Regulierungen: Heute sind Robotaxis in den USA nur in San Francisco, Los Angeles, Phoenix und Austin verfügbar und nicht immer im ganzen Stadtgebiet.
Auch darf man bezweifeln, dass Teslas bestehende Modelle tatsächlich ab 2025 als vollautonom fahrende Robotaxis über die Strassen Kaliforniens und Texas düsen werden. Gemäss Tests hat die jüngste Version von Teslas Software zum autonomen Fahren zwar beeindruckende Fortschritte gemacht, aber es unterlaufen noch immer grundlegende Fahrfehler. Und das Beispiel von Uber zeigt, dass ein schwerer Irrtum reicht, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu erschüttern und alle Träume des Herstellers zu zerstören.
Das Robotaxi soll laut Musk «unter 30 000 Dollar» kosten. Der auffallend günstige Preis erklärt sich damit, dass Teslas Auto im Gegensatz zu den Robotaxis von Konkurrenten wie Waymo und Cruise ohne aufgebaute Hightech funktioniert. «Unser Ansatz sind KI und Computer-Vision, es braucht kein teures Equipment.» Tesla will auf den riesigen Datenschatz an Videoaufnahmen zurückgreifen, den die Firma dank ihrer 2,2 Millionen Fahrzeuge umfassenden Flotte hat. Basierend auf diesen Aufnahmen trainiert sie ihre KI-Modelle, die den Autos das Sehen beibringen; AV 2.0 heisst dieser Ansatz.
Während Musk Teslas Vorgehen erklärte, waren auf der Leinwand hinter ihm Aufnahmen von heiklen Verkehrssituationen zu sehen, die Teslas Kameras aufgezeichnet hatten: Passanten auf Highways und Geisterfahrer. Teslas KI-System könne von all diesen seltenen Extremsituationen lernen, «es ist so, als lebe man eine Million Leben gleichzeitig».
Tesla präsentiert überraschend auch Roboter-Minibus
Gegen Ende seines Auftritts zog Musk noch eine Überraschung aus dem Ärmel: Er stellte einen Prototyp des Roboterbusses Robovan vor, eines vollautonom fahrenden Minivans. «Das werden wir ebenfalls bauen», sagte Musk. Dieser soll bis zu zwanzig Leute oder grosse Gegenstände transportieren können. Auch er hat kein Steuerrad und keine Pedale.
Zudem präsentierte Musk die jüngste Version des humanoiden Roboters Optimist. Dieser solle 20 000 bis 30 000 Dollar kosten; Details zum Zeitrahmen gab Musk nicht bekannt. Videoaufnahmen zeigten, wie der humanoide Roboter Lebensmitteltüten aus einem Auto lädt, die Post ins Haus holt und mit Kindern ein Brettspiel spielt.
Damit endete Musks Auftritt und begann die Party in Burbank – mit den Optimist-Robotern als Barkeepern und Tänzern und langen Schlagen vor den Robotaxis. Auch dafür war das Filmstudio von Warner Brothers ideal gewählt: maximal geschützt und ungefährlich im Vergleich zum normalen Strassenverkehr.