Ob per Brief oder mit einem Video: Das Karrierenende wird heute wortreich ausgelebt. Nicht immer dezent.
Im Fussball geht’s immer um die ganz grossen Gefühle. Und wo Gefühle sind, ist auch das Pathos nicht fern. Sehr gut sieht man das in diesen letzten Wochen der Meisterschaften, in denen Fussballerkarrieren enden. Die meist über soziale Netzwerke verbreiteten Verlautbarungen, dass es nicht weitergeht, bilden inzwischen ein eigenes Genre.
Wenig überraschend erweist sich Mats Hummels als Meister des Fachs. Der deutsche Verteidiger der AS Roma war schon immer ein bisschen gewandter im Ausdruck als die meisten Kollegen, auch an Selbstvertrauen hat es ihm nie gemangelt. Hummels nutzt denn auch die letzte Gelegenheit zur Selbstinszenierung gekonnt. Im aufwendig inszenierten Abschiedsvideo sehen wir sein Gesicht in Nahaufnahme, er schaut sich Szenen seiner langen Karriere an. Plötzlich verschattet das feine Lächeln, und er sagt melancholisch: «Ich kämpfe gerade mit den Emotionen.» Wer nicht?
Sogar seine Ex-Frau Cathy Hummels, Mutter des gemeinsamen Sohns und Influencerin, tröstet in den Kommentaren: «Der nächste Hummels steht in den Startlöchern. Es war mir eine Freude, dich so viele Jahre bei deiner Karriere begleiten zu können.» Kumpelhaft knapp äussern sich die ehemaligen Schweizer Teamkollegen. «Alles Gute, Legende!», wünscht Gregor Kobel. Manuel Akanjis Beitrag erinnert an die Pflichtdankeskarte an die Oma nach Weihnachten: «Es war mir eine Ehre und weiterhin alles Gute!»
Da gibt es schon ambitionierteren Text. Auf Thomas Müllers Abschiedsbrief auf Instagram «an die Fans des FC Bayern München» schreibt Philipp Lahm, lange Mannschaftskollege und Captain der Nationalelf: «Nie da, wo man dich erwartete – immer da, wo’s zählte. Danke, Raumdeuter!» Das ist sauber auf den Punkt gebracht.
Müllers Brief gehört sowieso zu den auffälligen Werken. Er oszilliert so geschickt zwischen Enttäuschung («Der Verein hat sich jedoch bewusst dafür entschieden, mit mir keinen neuen Vertrag zu verhandeln») und Tapferkeit («Nach einem Fehlpass gilt es, den Ball mit mannschaftlicher Geschlossenheit zurückzuerobern»), dass man sich fragt, ob das wahre Liebe für den Herzensklub ist oder einfach sehr guter PR-Sprech.
Eher keine professionelle Beratung hatte Kevin de Bruyne. Der Belgier gab ebenfalls Ende letzter Woche seinen Abschied von Manchester City bekannt, die Mitteilung auf Instagram war garniert mit einem Porträt in Schwarz-Weiss, das an einen Teenager erinnerte, dem das Handy weggenommen wurde. «Der Fussball hat mich zu euch allen geführt –und zu dieser Stadt. Ich verfolgte diesen Traum, ohne zu wissen, dass diese Zeit mein Leben verändern würde», fabuliert de Bruyne gefühlig.
Und für alle, die es noch nicht verstanden haben: «Diese Stadt. Dieser Verein. Diese Menschen . . . haben mir ALLES gegeben. Ich hatte keine andere Wahl, als ALLES zurückzugeben! Und wisst ihr was – wir haben ALLES gewonnen.» Danke fürs Erinnern, Kevin.
Wie schloss doch Mats Hummels: «Es wird mir verflucht fehlen.» Ihr uns auch.
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