Der Bund bittet Einkaufstouristen stärker zur Kasse. Was ändert sich für die Konsumentinnen und Konsumenten konkret? Und lohnt sich das Einkaufen im Ausland weiterhin? Eine Übersicht.
Am Samstag über die Grenze nach Lörrach, Dornbirn oder Varese, um den Grosseinkauf für die kommende Woche zu erledigen – für viele Schweizerinnen und Schweizer in Grenzkantonen ist das eine Selbstverständlichkeit. Und nicht nur für sie: Auf den Parkplätzen der grossen Shoppingcenter trifft man sogar Nummernschilder aus der Innerschweiz an.
Doch bereits in wenigen Wochen werden diese Haushalte ihr Budget neu kalkulieren müssen. Der Bund senkt im neuen Jahr die Freigrenze für private Einkäufe im Ausland. Die wichtigsten Antworten:
Was ändert sich konkret?
Der Bund senkt die Wertfreigrenze. Sie bestimmt, ab welchem Betrag im Ausland gekaufte Waren am Schweizer Zoll versteuert werden müssen. Ab 1. Januar 2025 liegt sie bei 150 Franken.
Warum ist das wichtig?
Wer heute im Ausland einkauft, profitiert ein Stück weit von einer Steuerbefreiung. Derzeit müssen Konsumenten bei der Rückkehr in die Schweiz nur dann die hiesige Mehrwertsteuer (von derzeit 8,1 Prozent) entrichten, wenn der Wert der Waren 300 Franken pro Person und Tag übersteigt.
Gleichzeitig profitieren sie davon, dass sie im Ausland die dortige Mehrwertsteuer zurückfordern können. Dafür muss der Rechnungsbetrag eine gewisse Schwelle überschreiten. In Deutschland liegt die sogenannte Bagatellgrenze bei 50 Euro, in Österreich bei 75 Euro, in Italien bei 70 Euro und in Frankreich bei 100 Euro. Dadurch ergibt sich eine Besteuerungslücke: Auf der Differenz zur Wertfreigrenze von 300 Franken fällt in keinem Land eine Mehrwertsteuer an. Mit der neuen Regelung verkleinert sich dieser Betrag massgebend.
Was ändert sich in der Praxis?
Ab Januar müssen Beträge ab 150 Franken deklariert werden. Das ist möglich an einem besetzten Grenzübergang oder schriftlich über eine Anmeldebox. Zudem gibt es die Möglichkeiten, Waren in der Verzollungs-App «QuickZoll» anzumelden und die Mehrwertsteuer digital zu bezahlen. Allerdings wird in der App für alle Waren der normale Mehrwertsteuersatz von 8,1 Prozent angewendet. Eine Verzollung zum reduzierten Mehrwertsteuersatz von 2,6 Prozent ist in der App vorläufig nicht möglich. Er gilt für lebensnotwendige Güter wie Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke, Medikamente sowie für Bücher und Zeitungen.
Warum ändert der Bund die Regeln?
Ganz freiwillig ist das nicht geschehen. Die Landesregierung stellte sich lange gegen eine Anpassung, weil sie Probleme beim Vollzug befürchtete. Denn je mehr Waren verzollt werden müssen, desto höher ist der administrative Aufwand.
Dann aber zwang das Parlament den Bundesrat zum Handeln: Sowohl der Nationalrat wie auch der Ständerat forderten in mehreren Vorstössen eine Abschaffung der «Subventionierung des Einkaufstourismus».
Wer profitiert von der neuen Regelung?
Die Schweizer Detailhändler betonen seit Jahren immer wieder, dass sie stark unter dem Einkaufstourismus litten. Mit der Senkung der Wertfreigrenze wird der Steuernachteil nun etwas verringert.
Geht es nach den Detailhändlern, müsste die Freigrenze allerdings noch stärker gesenkt werden. «Erst mit einer Senkung auf 50 Franken wären effektiv gleich lange Spiesse für alle Marktteilnehmer sichergestellt», teilt der Verband Swiss Retail Federation mit.
Und wer sind die Verlierer?
Nachteilig wirkt sich der Entscheid für die Konsumentinnen und Konsumenten aus. Sie müssen ihre Waren häufiger am Zoll deklarieren – und mehr Steuern bezahlen. Entsprechend kritisch hat sich der Konsumentenschutz am Mittwoch geäussert: Die neue Regelung verursache «einen unnötigen administrativen Mehraufwand» und stärke «die Hochpreisinsel Schweiz».
Es gibt jedoch eine Ausweichmöglichkeit, denn die Wertfreigrenze gilt pro Person. Wer also zu viert über die Grenze fährt, kann auch künftig Waren im Wert von 600 Franken zollfrei einführen. Davon dürften besonders Familien profitieren, die ihren Wocheneinkauf im Ausland erledigen.
Verlieren dürften zudem die Shoppingcenter im grenznahen Ausland, die zu einem grossen Teil von den Schweizern leben.
Lohnt sich das Einkaufen im Ausland weiterhin?
Der Einkaufstourismus wird attraktiver, je stärker der Franken gegenüber dem Euro ist. Eine Zäsur etwa war der «Franken-Schock» im Jahr 2015: Damals gab die Schweizerische Nationalbank den Euro-Mindestkurs von 1 Franken 20 überraschend auf. In der Folge konnten sich die Schweizerinnen und Schweizer in den Nachbarländern plötzlich mehr Waren leisten. In den vergangenen Jahren kam jedoch die Inflation dazu, die in den Nachbarländern um einiges höher ist als in der Schweiz. Dies hat den Effekt des starken Frankens bei gewissen Gütern etwas abgeschwächt.