Der Messerangriff auf einen orthodoxen Juden in Zürich beschäftigt am Montag das Parlament.
Der Messerangriff auf einen orthodoxen Juden am Samstagabend in Zürich führte gleich zu Beginn der Sitzung am Montag im Zürcher Kantonsrat zu Reaktionen. Regierungsrätin Jacqueline Fehr (SP), Direktorin der Justiz und des Innern, wünschte in einer Stellungnahme dem Angegriffenen, seinen Angehörigen und den jüdischen Menschen im Kanton viel Kraft und versicherte sie ihrer Anteilnahme.
«Der antisemitische Überfall ist ein Angriff auf unser friedliches, zivilisiertes und von gegenseitigem Respekt und gemeinsamen Werten geprägtes Zusammenleben», sagte Fehr. Bis die Fakten vorlägen, sei bei der Interpretation von Teilinformationen Vorsicht geboten. Fest stehe aber, dass niemand aufgrund des Glaubens, der Hautfarbe, des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung Bedrohung erfahren dürfe.
Nach Informationen der NZZ handelt es sich beim 15-jährigen Täter um einen arabischstämmigen Schweizer, der sich laut Augenzeugen den militanten Al-Aksa-Brigaden zugehörig fühlt.
Fehr führte weiter aus, dass der Regierungsrat sich auch in Zukunft mit allen Mittel dafür einsetzen werde, dass sich alle Menschen sicher fühlten. Das versichere sie als Religionsministerin den jüdischen Menschen im Kanton Zürich, betonte Jacqueline Fehr: «Wir tolerieren keinen Hass, keine Hetze und keine Ausgrenzung. Es braucht das Engagement von uns allen.»
«Akt des Terrors»
In einer Erklärung der EVP-Fraktion forderte ihr Präsident Markus Schaaf (Zell), es gelte diesen feigen und niederträchtigen Angriff mit allen Hintergründen aufzuklären. Auch, ob der 15-jährige Jugendliche zur Tat angestiftet worden sei.
Schaaf betonte ebenso den elementaren Wert, dass sich in unserer Gesellschaft alle Menschen sicher fühlen könnten. Mit dem Angriff solle gezielt das Sicherheitsgefühl in der jüdischen Gemeinschaft erschüttert werden. Für den verabscheuungswürdigen Tötungsversuch gebe es keine Rechtfertigung oder Relativierung: «Es ist nichts anderes als ein Akt des Terrors», sagte Schaaf.
Der SVP-Fraktionspräsident Tobias Weidmann (Hettlingen) drehte seine Stellungnahme rasch in einen Angriff gegen die politische Gegenseite. Knapp achtzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sei Antisemitismus in unseren Breitengraden wieder aktuell. Die immergleichen Bekundungen gegen Judenhass hätten aber etwas Heuchlerisches, denn sie würden stets mit verschlossenem linkem Auge vorgetragen, sagte Weidmann.
Als er fortfuhr, der Antisemitismus 2024 komme nicht von rechts, sondern entweder vonseiten der antikapitalistischen Linken, die ihren Antisemitismus als «Israelkritik» kaschiere, oder aus oftmals muslimisch geprägten Migrantenmilieus, verliessen die Fraktionen von SP, Grünen und AL geschlossen den Ratssaal.
Wörtlich sagte Weidmann: «Mit dem völlig aus dem Ruder laufenden Asylchaos importierten wir eine neue Generation an Antisemiten, die meist nicht in Springerstiefeln, sondern mit Arafat-Tuch oder Che-Guevara-T-Shirt daherkommt.» Solange es die vermeintlich «Toleranten» nicht übers Herz brächten, die wahren Urheber des heutigen Antisemitismus beim Namen zu nennen, seien ihre Verurteilungen und Mitleidsbekundungen nichts weiter als hohle Phrasen.
Gegen politisches Bashing
Die Reaktion auf die SVP kam aus den Reihen der FDP, durch eine persönliche Erklärung von Sonja Rueff-Frenkel (Zürich). Sie sei enttäuscht vom Parlament, denn ihr sei es egal, ob das Messer in einer rechten oder linken Hand gehalten werde. Mit Gewalt verbundenen Antisemitismus gebe es auf verschiedenen Seiten. Sie wende sich aber dagegen, aus dem Angriff nun ein Links-rechts-Bashing zu machen.
Doch dürfe man die Augen vor der aktuellen Entwicklung nicht verschliessen, sagte Rueff-Frenkel. Ein paar Polizisten vor der Synagoge brächten nun wenig. Es gehe darum, die Stimmung in der Gesellschaft zu beeinflussen. «Wir haben ein Problem und müssen zusammenstehen.»
Auf Anfrage erklärte Sibylle Marti (Zürich), Co-Präsidentin der SP-Fraktion, ihre Partei habe sich auch überlegt, eine Erklärung abzugeben. Man habe das aber Regierungsrätin Jacqueline Fehr überlassen, die ein starkes Zeichen gesetzt habe. Antisemitismus gebe es in allen Teilen der Gesellschaft, auch unter Linken, sagte Marti.
Den Rat hätten sie nicht verlassen, weil die SVP in ihrer Erklärung die Linke angegriffen habe. Sondern weil die SVP diesen schändlichen Angriff dazu benutze, «gegen Ausländer und Asylbewerber zu hetzen und sich selber rassistisch zu äussern». «Das geht einfach nicht», sagte Marti. Der Kampf gegen Antisemitismus und jener gegen Rassismus gehörten zusammen.
Später meldete sich auch noch die GLP mit einer Medienmitteilung. Auch sie stellt fest, dass Polizeiarbeit allein nicht reicht, um das Sicherheitsgefühl der jüdischen Bevölkerung wiederherzustellen. Die grünliberale Fraktionspräsidentin Christa Stünzi (Horgen) forderte bessere Aufklärung und Präventionsarbeit an den Schulen.