Das populistische Rassemblement national gewinnt laut Hochrechnungen die Europawahl in Frankreich klar. Der französische Präsident hat darum Parlamentswahlen für Ende Juni angekündigt.
«Ich kann am Ende dieses Tages nicht so tun, als ob nichts geschehen wäre»: Der französische Präsident Emmanuel Macron hat am Sonntagabend angekündigt, die Nationalversammlung aufzulösen. Damit reagiert Macron auf die deutliche Niederlage seiner Partei gegen das rechtsnationale Rassemblement national (RN) bei den Europawahlen. Am 30. Juni und am 7. Juli sollen in zwei Wahlgängen Neuwahlen stattfinden.
Macrons Partei Renaissance kommt bei den Wahlen für das Europäische Parlament laut Hochrechnungen auf gut 15 Prozent, das RN erreicht wohl mehr als doppelt so viel. Die Sozialisten kommen laut Prognosen auf 14 Prozent und liegen damit nur knapp hinter der Regierungspartei. Bei der letzten Europawahl hatte Macrons Bündnis noch 22 Prozent der Stimmen erhalten, das RN lag nur einen Prozentpunkt weiter vorn.
Die Rechte triumphiert
In einer Fernsehansprache erklärte Macron, der Aufstieg der Nationalisten sei eine Gefahr für Frankreich und Europa. Er habe jedoch Vertrauen in die Fähigkeit des französischen Volkes, die beste Entscheidung für sich selbst und künftige Generationen zu treffen. «Ich habe Ihre Botschaft und Ihre Sorgen gehört und werde sie nicht unbeantwortet lassen», so der Präsident.
Marine Le Pen, ehemalige Parteivorsitzende des RN und Chefin der Parlamentsfraktion der Partei, zeigte sich am Sonntagabend erfreut über die Ankündigung Macrons. Die Europawahlen hätten gezeigt, dass ihre Partei in Frankreich einen echten Wandel herbeiführen könne, so Le Pen. «Wir sind bereit, die Macht auszuüben.»
Jordan Bardella, der derzeitige Parteivorsitzende des Rassemblement national, hatte bereits während des Wahlkampfes darauf hingewiesen, dass angesichts der Umfragewerte seiner Partei nach der Europawahl eine Auflösung des Parlaments geboten sein werde.
Le président de la République vient d’annoncer la dissolution de l’Assemblée nationale dans quelques semaines. Nous y sommes prêts.
J’appelle les Français à venir nous rejoindre pour former autour du RN une majorité au service de la seule cause qui guide nos pas : la France. pic.twitter.com/o08IMlowk8
— Marine Le Pen (@MLP_officiel) June 9, 2024
Eine «unverantwortliche» Entscheidung
Der Spitzenkandidat der Sozialisten, Raphaël Glucksmann, sprach hingegen von einer «unverantwortlichen» Entscheidung und bedauerte, dass der Präsident Jordan Bardella gehorcht. «Wir sind bereit zu kämpfen und eine Kraft des Widerstands gegen die extreme Rechte zu bilden», so Glucksmann in einer Fernsehübertragung zu den Wahlen.
Seit knapp zwei Jahren hat Macrons Mitte-Lager in der Nationalversammlung keine absolute Mehrheit mehr. Der Präsident wird in Frankreich direkt gewählt, Macrons Ankündigung zieht also nicht seinen eigenen Rücktritt nach sich. Die nächste Präsidentschaftswahl findet im Jahr 2027 statt, Macron wird dann nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren können. Wen seine Partei als Kandidaten gegen Marine Le Pen ins Rennen schicken wird, ist unklar.