In Augusta kommt es in diesem Jahr zu einem ungewöhnlichen Comeback: Ángel Cabrera, der argentinische Sieger von 2009, nimmt nach zwei Jahren im Gefängnis wieder am Turnier teil.
Er war oft schon von weitem zu erkennen. Denn Ángel Cabrera, genannt «El Pato» («Die Ente»), marschierte wie kein anderer durch die gepflegten Graslandschaften der internationalen Golfwelt: mit einem uneleganten Watschelgang.
Aus der Nähe liessen sich weitere Eigenheiten ausmachen. Etwa die erstaunliche Flexibilität seiner Hüfte. Sie ermöglichte dem adipösen Argentinier einen mächtigen Schwung, mit dem er den kleinen weissen Ball weiter schlagen konnte als viele seiner Konkurrenten. Und nicht zu vergessen: seine Fähigkeit zur völligen Konzentration – was etwas von jener Willenskraft und Lebensenergie andeutete, die es braucht, wenn man sich so wie er als Kind aus armen familiären Verhältnissen in einer anderen Hemisphäre und einer Sportart mit dem Anstrich des Elitären nach oben arbeiten will.
Die Metamorphose gelingt nur oberflächlich
Als Cabrera 2005 in der Weltrangliste unter den besten zehn Golfspielern ankam und diesen Erfolg 2007 mit dem Gewinn des US Open und 2009 dem Sieg beim Masters in Augusta bestätigte, schien Cabrera sportlich auf dem Olymp angekommen. Erst recht in seiner Heimat, in der er Freunde fand, die seine Karriere planten und auf sein Geld aufpassten. Die Zeitschrift «Sports Illustrated» schrieb damals, Cabrera habe gelernt, die «Country-Club-Manieren zu imitieren», wie sie von der Oberschicht gepflegt würden, und habe sich «von einem hartgesottenen Jungen, der mit seinem Verstand und den Fäusten überlebte, in einen golfenden Gentleman verwandelt».
Die Metamorphose glückte allerdings höchstens oberflächlich. 2021 wurde Cabrera von einem argentinischen Gericht schuldig befunden, zwei ehemalige Partnerinnen körperlich und seelisch misshandelt zu haben. Er wurde zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt und im August 2023 vorzeitig auf Bewährung entlassen.
Augusta heisst Cabrera wieder willkommen
Ist man einmal im Strafregister eines anderen Landes vermerkt, wird es schwierig, ein Visum für die USA zu erhalten. Weshalb der 55-Jährige vor einem Jahr nicht in Augusta teilnehmen konnte, obwohl er wegen seines Turniersiegs im Jahr 2007 startberechtigt gewesen wäre. Doch der Elite-Golfklub wollte dem Argentinier die Chance auf eine Rehabilitierung nicht verbauen. Die Verantwortlichen signalisierten, dass sie Cabrera als «einen unserer grossen Champions» vorbehaltlos willkommen heissen würden, sobald er die Probleme mit der amerikanischen Einreisebehörde gelöst habe.
Gesagt, getan. Vor wenigen Tagen kehrte Cabrera zur 89. Auflage des Traditionsturniers nach Augusta zurück und war in den Medien dann natürlich das bestimmende Thema. Eine Wohlfühlgeschichte, da der geläuterte Golfer seine Fehler einräumt und dankbar zugibt. «Das Gefängnis hat mir gutgetan», sagte er. Und: «Das Leben hat mir eine neue Gelegenheit gegeben.»
Es ist das gleiche Leben, das ihm eine Begabung als Golfspieler geschenkt hat, von der er noch immer zehrt. So gewann Cabrera vor wenigen Tagen auf der Champions-Tour der Altstars in Boca Raton, Florida, sein erstes Turnier seit der Rückkehr in den Sport und ein Preisgeld von 330 000 Dollar.
In der gegenwärtigen Verfassung dürfte Cabrera sogar Chancen haben, den Cut zu schaffen, der am Freitag nach der zweiten Runde das Feld von 95 Teilnehmern halbiert. Das wäre die Voraussetzung, um erneut zu Geld zu kommen. Denn nur die Spieler, die weiterkommen, partizipieren an der Ausschüttung des Preisgeldes von insgesamt 20 Millionen Dollar.