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Bernd Beetz führt ein Leben zwischen Luxus und Fussballstadion. Nun sucht der Deutsche, der in der Schweiz lebt, seine bisher grösste Herausforderung.
Bernd Beetz will es nochmals wissen. Der 73-Jährige strotzt vor Zuversicht, als er im April im deutschen Essen vor die Medien tritt. Beetz erklärt, warum er sich für die Rettung der insolventen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof engagiert. Der deutsche Investor greift zu pathetischen Worten. Er spüre eine Liebe zum Kaufhaus, das Teil der deutschen Kultur sei. Er wolle seinen Beitrag dazu leisten, dass diese Kultur weiter bestehen bleibe.
Gläubiger stimmen Sanierungsplan zu
Jetzt kann sich Beetz tatsächlich als Retter versuchen. Diese Woche haben die Gläubiger von Galeria den Weg dafür freigemacht. Sie haben den Sanierungsplan für das Unternehmen gebilligt. Die Gläubiger verzichten bereits zum dritten Mal in drei Jahren auf viel Geld.
Zwei Insolvenzverfahren hatte es während der Corona-Krise gegeben. Der deutsche Staat half mit Krediten über 680 Millionen Euro aus, die jetzt grösstenteils verloren sind. Zum dritten Mal in die Insolvenz schlitterte Galeria jüngst nach dem finanziellen Kollaps der bisherigen Eigentümerin, der Signa-Gruppe von René Benko.
Nun muss Beetz beweisen, dass er es besser kann als Benko. Er spannt dabei mit dem amerikanischen Milliardär Richard Baker zusammen, dem die nordamerikanische Handelskette Hudson’s Bay Company gehört. Gemeinsam wollen sie zeigen, dass das deutsche Warenhaus nicht dem Tod geweiht ist.
Es ist bereits der zweite Versuch der beiden. Baker war schon von 2015 bis 2019 Eigentümer von Kaufhof gewesen, bevor er an Benko verkaufte. Beetz amtierte von 2018 bis 2019 als Aufsichtsratschef des Unternehmens.
Dieses Mal scheint Beetz in der Führungsrolle zu sein. In Deutschland hat man keine guten Erinnerungen an das Kaufhof-Engagement des Amerikaners Baker. Viele fühlen sich von seinen damaligen grossspurigen Versprechungen verraten.
Obwohl das meiste Geld für den Warenhaus-Deal von ihm kommen dürfte, tritt Baker am Galeria-Hauptsitz in Essen erst gar nicht vor den Medien auf. Er überlässt die grosse Bühne Beetz. Dieser macht klar, dass er sich aktiv bei Galeria einbringen will: «Ich sehe mich als Taktgeber.»
Erfolgreich mit Parfums
Beetz hat in seiner langen Karriere stets Herausforderungen gesucht. Er wuchs in einfachen Verhältnissen in einem Mannheimer Arbeiterbezirk auf und studierte in seiner Heimatstadt Betriebswirtschaftslehre. Danach diente er sich beim internationalen Konsumgüterkonzern Procter & Gamble hoch.
Bald zog es den Deutschen in die Welt des Luxus. In Paris führte er die Marke Dior, die zum weltgrössten Luxusgüterkonzern LVMH gehört, und lancierte in dieser Zeit das Bestseller-Parfum «J’adore».
Seine grösste Leistung vollbrachte Beetz beim Parfum- und Kosmetikkonzern Coty in New York. Als er im Jahr 2001 die Geschäftsleitung übernahm, sei das Unternehmen am Boden gewesen, sagte er später in einem Interview. In den darauffolgenden elf Jahren vermochte Beetz aber den Umsatz des Unternehmens zu vervierfachen.
Das gelang ihm auch durch die Lancierung von Celebrity-Parfums. Beetz zeigte sich in dieser Zeit gerne mit berühmten Frauen wie Halle Berry, Kate Moss oder Jennifer Lopez auf dem roten Teppich. Unter deren Namen brachte Coty Parfums auf den Markt.
Fussballfan und Vereinspräsident
In Beetz’ Leben spielt allerdings nicht nur der Luxus ein prägende Rolle. Er mag auch Bodenständiges wie Fussball. Seit 2016 ist er Präsident und Mäzen des Fussballvereins SV Waldhof Mannheim, der in der dritten deutschen Liga spielt.
Sein Vater hatte ihn jeweils zu den Partien des 1905 gegründeten Arbeitervereins mitgenommen. Jetzt fliegt Beetz schon einmal mit dem Privatjet ein, um bei Bier und Bratwurst den Heimspielen des Provinzklubs beizuwohnen.
Seinen Lebensmittelpunkt hat der Vater von fünf Kindern nämlich in der Schweiz. Seit 2014 wohnt er im Kanton Wallis. Zunächst liess er sich in Champéry nieder, seit kurzem ist sein Wohnsitz in Lens bei Crans-Montana. Von der Schweiz aus organisiert Beetz auch seine geschäftlichen Aktivitäten.
Seine Beteiligungsfirma BB Kapital SA ist in Lugano domiziliert. Nach dem Ende seiner Zeit als CEO bei Coty, in der er vermögend wurde, investierte der Deutsche in zahlreiche Konsumgüter- und Luxusfirmen. In Berlin etwa lässt er Brillen herstellen (Mykita) und in Paris Rucksäcke (Côte & Ciel).
Schwierige Sanierung von Galeria
Und voraussichtlich in einigen Wochen wird Beetz nun, zusammen mit seinem Kompagnon Baker, Eigentümer von Galeria. Mit 73 Jahren sucht er die wohl grösste Herausforderung seines Lebens.
An der Sanierung des deutschen Warenhauses sind in den vergangenen zwanzig Jahren unzählige Manager und Besitzer gescheitert. Niemand hat bis jetzt eine überzeugende Lösung für das Hauptproblem des Kaufhauses gefunden: dass die Kunden zunehmend ins Internet abwandern. Warum soll die Rettung dieses Mal gelingen?
Auf diese Frage hat Beetz bei seinem Auftritt in Essen keine rechte Antwort. Gewiss, Galeria kann nun noch einmal schuldenfrei starten. 16 von 92 Filialen sollen geschlossen und 1400 von 12 800 Arbeitsplätzen abgebaut werden. Man muss keine überhöhten Mieten an Benkos Signa-Gruppe mehr bezahlen. Es ist vielleicht die beste Chance für Galeria seit langem.
Doch offene Fragen bleiben. Die vielleicht wichtigste: Braucht es nochmals viele Millionen, um die Filialen zu modernisieren und das Unternehmen zukunftsfähig zu machen?
Wie viel frisches Geld sie einschiessen wollen, haben Beetz und Baker nie genau beziffert. Ihre Pläne für Galeria sind bis jetzt im Ungefähren geblieben. Beetz könnte zum Retter der letzten deutschen Warenhauskette werden – aber auch zu deren Totengräber.