Am Montag soll Arnaud Psarofaghis die Alinghi in den Halbfinal der Ausscheidungsregatta führen. Wer ist der Skipper und Steuermann, der schon als Vierjähriger auf Booten herumtobte?
Waren es das ferne Donnergrollen und die zuckenden Blitze am Horizont, die Skipper Arnaud Psarofaghis und sein Team veranlasst hatten, schnell zu segeln? Immer wieder stürmte es in der vergangenen Woche über Barcelona, am Sonntag wurde der letzte Renntag und damit die Entscheidung über den Einzug in die Halbfinals abgesagt.
Doch am Dienstag hatte die Alinghi die Bedingungen genutzt, um sich endlich den ersten Sieg im sechsten Rennen der Ausscheidungsregatta zum 37. America‘s Cup zu sichern. Als das Unwetter über Barcelona hereinbrach und zum Rennabbruch der übrigen Wettfahrten führte, war der Westschweizer Psarofaghis schon am TV zu hören: «Wir sind sehr glücklich über diesen Sieg heute.»
Entsprechend war die Stimmung auf dem AC75. Eine zweite Niederlage gegen Frankreich hätte Psarofaghis und sein Team in eine schwierige Position gebracht; ein frühzeitiges Ausscheiden wäre kaum mehr zu verhindern gewesen. Der Erfolg schien die junge Crew zu beflügeln. Am nächsten Tag folgte ein Gewinn gegen die USA, die Qualifikation für den Halbfinal rückte wieder näher. Definitiv ist sie noch nicht. Der Entscheid soll am Montag am letzten Renntag der Qualifikationsserie fallen.
Ein Leben für den Segelsport
Der Start für den Halbfinal ist für den 14. September vorgesehen. An diesem Datum feiert der Skipper und Steuermann Psarofaghis seinen 36. Geburtstag. 32 Jahre zuvor, als vierjähriger Knirps, stand der Segler erstmals auf einem Segelboot. Das ist nicht verwunderlich, Arnaud Psarofaghis stammt aus einer Segler-Familie. Sein Vater, Grossvater und Onkel Jean, ein Bootsbauer, haben auf dem Genfersee oft die Segel gesetzt und Arnaud mitgenommen. Auf der Werft seines Onkels konnte er auf den Booten herumtobte.
«Seit ich stehen kann, segle ich», sagte er vor Jahren gegenüber der NZZ. Seine Familie habe ihn stets unterstützt. «Jean hat mich sofort an die Pinne gelassen, und meine Eltern haben mich immer zu den Rennen begleitet.» Schon bald stellten sich erste Erfolge ein, Psarofaghis erhielt den Übernamen «der kleine Mozart von Corsier», der kleinen Gemeinde am südlichen Ufer des Genfersees, wo er aufgewachsen ist.
Mit acht Jahren gewann der Schüler auf einem Optimisten sein erstes Rennen. Vier Jahre später wurde er auf einer Doppeljolle in der Klasse bis 15 Jahre EM-Sechster, sammelte auf verschiedenen anderen Bootsklassen Erfahrungen. Wie so viele andere junge Segler aus der Region, konnte Psarofaghis davon profitieren, dass der Genfersee ein Dorado des Schweizer Segelsports ist. «Arnaud stammt aus der Schule des Lac Léman, welche aussergewöhnlich reich an Talenten ist», sagt Pierre-Yves Jorand, früher der Coach der Alinghi und heute Berater des Teams. Er war es, der das Nachwuchstalent später in verschiedenen Situationen förderte.
Als 14-Jähriger erlebte der junge Segler in der Société nautique de Genève spät nach Mitternacht, wie Alinghi in Auckland den America‘s Cup gewann. Damals entstand der Traum, eines Tages um diese Trophäe zu kämpfen, ebenso die Verbindung zu Alinghi. Psarofaghis nahm zwei Jahre später an der vom Cup-Sieger organisierten Swiss Sailing Tour teil, schaffte es an den Final nach Valencia und holte sich dort mit dem Team Psaro den ersten Schweizer Meistertitel im Match Racing.
Nun geriet der Genfer immer mehr ins Visier von Ernesto Bertarelli, denn der talentierte Genfer reüssierte weiterhin in verschiedenen Bootsklassen. Olympia-Pläne gab er auf, nachdem er mit seinem Partner nicht zurecht gekommen war. 2008 und 2009 wurde er zweimal Europameister in der Moth-Klasse, 2009 zudem an der WM Dritter auf dem foilenden Leichtboot, das hohe Geschwindigkeiten zulässt und Gleichgewichtssinn, Schnelligkeit sowie Taktik schult.
Bertarelli hält ihn für einen der besten Steuermänner der Welt
Jetzt war der Weg offen für eine Karriere als professioneller Segler, mehrere französische Cup-Teams engagierten den Schweizer. Er machte Bekanntschaft mit grossen Namen des Segelsports. Alain Gautier, Loïck Peyron, Franck Cammas, Yann Guichard – sie alle haben die Dienste des Schweizers in Anspruch genommen und waren voll des Lobes. «Arnaud Psarofaghis ist ein sehr intelligenter Segler», sagte Peyron. Auf dessen Cup-Trainingsboot AC45 war Psarofaghis 2012 und 2013 Grosssegel-Trimmer.
2016 wurde für den inzwischen 27 Jahre alten Segler zum Schicksalsjahr. Er wurde von Bertarelli in das Alinghi-Segelteam aufgenommen, wo er als Steuermann sofort Erfolge in der Extreme Sailing Series und in der foilenden Kat-Klasse GC32 feierte. Der Alinghi-Boss hält Psarofaghis als einen der besten Steuermänner der Welt, der ständig nach Höchstleistungen strebe und die Fähigkeit habe, zuzuhören und zu lernen. Über sich selber sagt Psarofaghis, er neige zur Perfektion. Aber auf dem Wasser habe er auch «ein grosses Gefühl von Freiheit».
Seit mehr als zwei Jahren lebt der Genfer mit seiner Lebenspartnerin und dem gemeinsamen Buben in Barcelona, hat unzählige Tage auf dem Wasser verbracht.
Maxime Bachelin ist der zweite Steuermann neben Psarofaghis. Er ist zehn Jahre jünger und gilt als ebenso grosses Talent wie sein Vorbild. Auch er hat für Alinghi eine Olympiakarriere aufgegeben. Die beiden Steuerleute verstehen sich gut, ihre Kommunikation ist ruhig und direkt; eine gute Verständigung zwischen ihnen ist wichtig, weil sie auf jeder Seite des Bootes sitzen und sich wegen des Grosssegels nicht sehen können.
Auch nach bisher fünf Niederlagen in den beiden Round Robin scheinen die beiden Steuerleute die Nerven und die Zuversicht zu behalten. Das Ziel und der Ehrgeiz, mit Alinghi den Cup zu gewinnen, sind immer noch vorhanden.