Er hat die britische Blues- und Rockszene mitgeprägt. Am 30. März feiert Eric Clapton seinen 80. Geburtstag.
Hohe Kunst verlangt bisweilen Tiefschläge. «Tears in Heaven» gehört zu den schönsten und traurigsten Liedern der Rockgeschichte. Eric Clapton schrieb es für seinen kleinen Sohn. Der vierjährige Conor war im März 1991 in einem unbeobachteten Moment aus dem 53. Stock eines New Yorker Wolkenkratzers in den Tod gestürzt. «Layla», einer der gewaltigsten Rocksongs überhaupt, komponierte er aus verzweifelter Liebe.
Eric Clapton ist längst im Olymp der Songwriter und Rockgitarristen angekommen. Das Magazin «Rolling Stone» führt ihn hinter Jimi Hendrix auf Platz 2 der «100 grössten Gitarristen aller Zeiten». Aber auch wenn es um die Anzahl Launen und Leidenschaften geht und um Abstürze und Comebacks, zählt Clapton zu den führenden Musikern.
Zu viele Egos
Die Beziehungen zu Bands waren meist so kurz wie die Affären mit Frauen. Ob Yardbirds, Blues Breakers, Cream, Blind Faith oder Derek and the Dominos: Sie mochten noch so famos sein, er verschliss sie alle, quer durch die sechziger Jahre. Zu viele Egos, zu viele Zerwürfnisse. Die Yardbirds hielten immerhin eineinhalb Jahre, bis April 1965, Blind Faith löste sich, trotz dem Namen, bereits nach sieben Monaten auf.
Und doch war es das richtige Jahrzehnt für ihn: In den 1960er Jahren konnten Leadgitarristen zu Halbgöttern aufsteigen, auch solche mit abwegigem Geschmack. Eric Patrick Clapton, der schüchterne Teenager aus Ripley im Süden Englands, hatte Amerikas Blues für sich entdeckt, den frühen der dreissiger und vierziger Jahre.
In der Arbeiterklasse, der er entstammte, war die melancholische Erzählmusik der Sklavenbaracken damals noch unbekannt. Clapton aber hatte die Bedeutung des Blues, als Ursprung allen Rocks und Pops, frühreif erkannt – und sollte sich ihm zeitlebens hingeben. Er nennt Muddy Waters, Chuck Berry, Robert Johnson oder B. B. King als seine musikalischen Ziehväter. Im Gegenzug nahm Amerikas Blues-Gemeinde ihn, den blassen Briten, in ihre Reihen auf.
Aus dem gescheiterten Teamplayer wurde ein begehrter Bereitschaftsgitarrist, ein Virtuose für komplizierte Riffs. George Harrison überliess ihm 1968 das Solo im berühmten Beatles-Stück «While My Guitar Gently Weeps». Nach der Trennung der Beatles 1970 begleitete er die Liverpooler in ihren Solokarrieren. Er spielte überdies mit den Rolling Stones, mit Bob Dylan oder Aretha Franklin.
Solange ihm nicht die Drogen dazwischenkamen. 1971, bei Harrisons Concert for Bangladesh in New York, der ersten Wohltätigkeitsveranstaltung der Rockgeschichte, kollabierte Clapton neben der Bühne. Weitere Zusammenbrüche folgten, Heroin und Alkohol machten die kommenden Jahre zur Hölle. Dazu kam noch die Leidenschaft für Harrisons Gattin Pattie Boyd, was zu einer langen und tragikomischen Dreiecksgeschichte führte. Auf ihre Scheidung von Harrison 1977 folgte 1979 die Heirat mit Clapton.
Pattie, Muse der Musiker! Clapton schrieb ihr nicht nur den Song «Layla» (1970), sondern sieben Jahre später auch noch «Wonderful Tonight». Harrison hatte ihr 1969 bereits «Something» gewidmet – ein Lied, das unter anderen auch von Frank Sinatra gecovert wurde.
Auch Pattie behandelte Eric Clapton aber bald so herablassend wie andere Partnerinnen, von der Flower-Power-Aristokratin Alice Ormsby-Gore bis zur Model-Musikerin Carla Bruni. Als sich Pattie 1989 von ihm scheiden liess, hatte er bereits zwei Kinder aus anderen Beziehungen.
Eric Clapton konnte grossherzig sein. Doch manchmal zeigte er sich von einer erschreckend niederträchtigen Seite. 1976, bei einem Konzert in Birmingham, hetzte er gegen die «schwarze Einwanderung». «Keep Britain white!», schrie er mehrmals ins Publikum. Er distanzierte sich von den rassistischen Worten, nur um sie später zu bestätigen. Birmingham kostete ihn viel Sympathien. Der Ausfall war so widersprüchlich wie unverständlich, sind schwarze Musiker doch seit je seine Heroen. Das Cover von «Riding with the King» (2000) zeigt ihn und B. B. King gemeinsam in einem Cadillac-Cabrio, mit Clapton am Steuer und dem Blues-King im Fond. So sieht Ehrerbietung aus.
Gemütliches Alter
Seit einem Radikalentzug auf der Karibikinsel Antigua vor vier Jahrzehnten ist Clapton offenbar clean. Geläutert, altersmilde, skandalfrei verheiratet und mit drei Töchtern lebt er in Surrey. Neben Sportwagen und italienischer Luxusmode sammelt er Häuser, Rennpferde, Kunst, kostbare Schusswaffen. Hin und wieder lässt er eine signierte Gitarre versteigern; der Erlös kommt seiner Drogenklinik Crossroads Centre auf Antigua zugute.
280 Millionen Alben hat Eric Clapton verkauft. Sein jüngstes Solo-Werk, das 22., mit dem lakonischen Titel «Meanwhile», zeigt ihn mit Fischerhut, Jeanshemd und Stoppelbart bei einer Tasse Kaffee in einem Diner. Am 30. März feiert er seinen 80. Geburtstag, im April geht er auf Welttournee – wieder einmal.