In Dübendorf startet ein Projekt für die Weiterentwicklung von Unterdruckröhren und Zugfahrten mit Tempi bis 900 km/h. Um die dafür nötige Dichtigkeit in den Röhren zu erzielen, wird enormer Aufwand getrieben.
Es wäre die Lösung vieler Mobilitätsprobleme: Wenn Menschen reisen könnten wie die gute alte Rohrpost, wäre vieles einfacher. In den Zug steigen, langsam in eine Röhre rollen, diese dann abdichten und unter leichtes Vakuum setzen. Dann als Magnetschwebezug sanft beschleunigen und im Flugzeugtempo von A nach B «fliegen», gemächlich abbremsen und in der Schleuse den Unterdruck abbauen, um schliesslich in den Bahnhof einzufahren. So liesse sich die Distanz zwischen Genf und St. Gallen in einer halben Stunde zurücklegen.
Das ist Zukunftsmusik. Doch an dieser Art zu reisen, Hyperloop genannt, wird weltweit gearbeitet. Elon Musk veranstaltete als Visionär und Mobilitätsvordenker ein paar Jahre lang im kalifornischen Fremont einen Wettbewerb, um die besten Gefährte zu finden, die in den Labors von Hochschulen und Spezialunternehmen für die schnelle Röhrenfahrt entwickelt wurden. Doch als der Fortschritt nicht im gewünschten Tempo vorankam, liess der Chef von Tesla und SpaceX die Idee erst einmal fallen.
Am Hyperloop haben seither jedoch viele Gruppierungen weitergearbeitet – zu clever ist die Idee, um Bahnfahren so interessant zu gestalten wie das Fliegen, nur deutlich emissionsärmer. Ein Hyperloop könnte nach Berechnungen verschiedener Projektgruppen auf kontinentalen Mittelstrecken bis zu 95 Prozent der Emissionen gegenüber einem Verkehrsflugzeug einsparen.
An den beiden wichtigsten Problemkreisen, den Vakuumröhren und den darin fahrenden Magnetzügen, arbeiten auch Schweizer Firmen und Hochschulen, darunter die EPFL und die ETH Zürich. «Swissloop» nennt sich das Projekt, das bei der ETH Zürich von Studierenden als sogenanntes Fokusprojekt vorangetrieben wird – zur Entwicklung des Gefährts, das im Flugzeugtempo durch die Röhre sausen soll. Dabei entstand eine kleine Teststrecke auf dem Gelände der Empa in Dübendorf. Mittlerweile ist «Swissloop» in den Innovationspark Zürich (IPZ) gezügelt, der am ehemaligen Militärflugplatz im selben Zürcher Vorort entsteht.
Die Infrastruktur ist anspruchsvoll
Am IPZ ist auch die Eurotube-Stiftung tätig, die 2019 aus den «Swissloop»-Aktivitäten entstand. Sie forscht nach eigener Definition «in Vernetzung mit Industrie und Universitäten an Sicherheit, Nachhaltigkeit und kostensparendem Infrastrukturbau» für Hyperloop-Systeme. Als Ziel haben sich die Eurotube-Forscher gesetzt, eine öffentlich zugängliche Teststrecke zu bauen, Demotube genannt.
Auf diesem Streckenabschnitt im Innovationspark sollen Forschende und Startups ihre Prototypen und neuen Technologien testen. So soll «diese Weiterentwicklung in der Schweiz als Forschungsstandort gebündelt werden», heisst es bei Eurotube. Worauf die Forscher besonders stolz sind: Die Stiftung wurde 2021 vom Bundesrat zur Forschungseinrichtung von nationaler Bedeutung erhoben. Das dient auch den Betreibern des IPZ, um ihr Image als Forschungseinrichtung zu stärken.
Die finanziellen Mittel erhält die Eurotube-Stiftung teils aus der öffentlichen Hand, teils von Sponsoren aus der Privatindustrie und Spenden. Was da in Dübendorf entsteht, könnte einen etwas provinziellen Eindruck erwecken. Doch gibt dem Projekt Demotube die Tatsache internationale Bedeutung, dass Eurotube Mitglied des European Hyperloop Development Program und Teil des europäischen Forschungsinfrastruktur-Clusters für Hyperloop ist.
Bei der Demotube ist allerdings erst der Anfang gemacht. Es gibt eine erste Röhre aus Stahl im Massstab 1:2, also halber Originalgrösse. Daran angebaut ist ein rund vier Tonnen schweres Bauteil, das in England gefertigte Schleusentor mit Ventil. Es soll für die nötige Dichtigkeit sorgen, damit in der Röhre der gewünschte Unterdruck von 0,1 Bar entsteht, und das dauerhaft.
Dieser erste Tunnelbereich aus Stahl dient als Vakuumkammer und Luftschleuse, die es für Hyperloop-Bahnen braucht, um die Luftdruckverhältnisse auszugleichen. In der normalen Umgebungsluft steigen Passagiere ein und aus, in der Unterdruckröhre reisen die Magnetschwebebahnen mit geringem Luftwiderstand.
Weltweit erste Hyperloop-Röhre aus Beton entsteht
Der nächste Schritt auf dem Weg zur Fertigstellung der Demotube in einer Gesamtlänge von 120 Metern ist die Fertigung der weiteren Röhrenteile. Diese sollen – erstmals bei einer Hyperloop-Strecke – in Beton gegossen werden. Da dieser Baustoff nach derzeitigem Stand etwas porös ist, erhalten die jeweils 20 Meter langen Rohrteilstücke eine Ummantelung aus dichter Folie.
Die Eurotube-Mitarbeiter giessen die Rohrstücke vor Ort im Innovationspark selbst. Das benötigt viel Zeit, denn es gibt nur zwei Formen für die jeweils rund zwei Meter langen Rohrstücke, von denen zehn zu einem verlegbaren Bauteil zusammengefügt werden. Bis der Beton in der Form ausgekühlt ist, dauert es rund 36 Stunden. So ist es kein Wunder, dass die Demotube gemäss Eurotube-Planung erst im vierten Quartal 2025 fertiggestellt sein soll.
Das alles entspricht im Gesamtzusammenhang mit der künftigen Mobilität per Hyperloop bestenfalls einer Initialzündung. Doch die Stiftung Eurotube denkt noch weiter. «Mit der Demotube wollen wir diese Forschung am Standort Dübendorf nutzen, um die Öffentlichkeit für nachhaltige Technologien im Verkehrswesen zu begeistern», sagt Doré de Morsier, Gründer und Vorsitzender der Eurotube-Stiftung.
Bereits Mitte Juli 2024 wird der jetzt schon fertige Teil der Anlage in Modellgrösse international eingesetzt. Anlässlich der zum ersten Mal in Zürich stattfindenden «European Hyperloop Week» wird mit Vakuumtests in der Kammer begonnen. Zur Hyperloop Week werden rund 20 studentische Ingenieursteams aus aller Welt erwartet, die ihre Hyperloop-Prototypen vorstellen und auf eigens gebauten Schienen sowie in der Demotube testen wollen.
Damit sind allerdings erst kleine Schritte auf dem langen Weg zu einem brauchbaren Hyperloop-Netz gemacht. Martin Bäumle, Stadtrat von Dübendorf, brachte es bei der Eröffnung der Anlage auf den Punkt: «Was die Eurotube-Stiftung mit ihrem Forschungsprojekt erreicht hat, ist enorm und macht uns stolz. Ob der Hyperloop als Transportmittel je zum Fliegen kommt, braucht uns jetzt aber nicht zu interessieren.»