Die Islamisten haben zugesagt, bei dem Treffen Ende Juni in Katar dabei zu sein. Ihre Bedingung ist jedoch, dass keine afghanischen Frauen am Tisch sitzen. Hat ein Dialog unter diesen Umständen überhaupt Sinn?
Zwei Konferenzen zu Afghanistan hat die Uno seit der Rückkehr der Taliban an die Macht organisiert. Zur ersten Konferenz im Mai 2023 hatte der Uno-Generalsekretär António Guterres die Islamisten nicht eingeladen, beim zweiten Treffen im Februar lehnten sie eine Teilnahme ab. Für die dritte Zusammenkunft, die Ende Juni in Katar stattfinden soll, haben die Taliban nun ihr Kommen zugesagt. Für die Uno ist dies ein Erfolg. Ohne die Machthaber in Kabul ist es bei vielen Problemen nur schwer möglich, Lösungen zu finden.
Doch der Preis für die Zusage der Islamisten ist hoch. Ihre Bedingung ist, dass keine afghanischen Frauen mit am Tisch sitzen und nicht über Frauenrechte gesprochen wird. Aktivistinnen sind empört. «Eine Diskussion über die entscheidenden Fragen in Afghanistan ist bedeutungslos, wenn wir dabei nicht über Menschenrechte und das Recht von Frauen auf Bildung und Arbeit sprechen», sagte die Frauenrechtlerin Sima Samar dem Sender Radio Free Europe.
Bei der Konferenz in Doha am 30. Juni und 1. Juli sind Frauen nur zu einem informellen Abendessen eingeladen. Neben Vertretern der Uno werden die Afghanistan-Gesandten von mehr als einem Dutzend Länder zu dem Treffen erwartet, bei dem es um Fragen der Entwicklung sowie den Kampf gegen den Klimawandel und den Drogenhandel gehen soll. Menschenrechtler befürchten, dass das Taliban-Regime durch seine Teilnahme international aufgewertet wird.
Die Gehälter von Frauen werden drastisch gekürzt
Kein Land hat die Taliban seit ihrer Rückkehr an die Macht im August 2021 als legitime Regierung anerkannt. Vor allem die westlichen Länder machen eine Anerkennung der Taliban davon abhängig, dass diese ihre drakonischen Massnahmen gegen Mädchen und Frauen zurücknehmen. Das Regime von Mullah Haibatullah Akhundzada macht dazu aber bis jetzt keine Anstalten. Im Gegenteil: Erst Mitte Juni gab die Regierung ein Dekret heraus, wonach das Gehalt aller Frauen im Staatsdienst auf 5000 Afghani (63 Franken) pro Monat gekürzt wird.
Seit der Machtergreifung der Islamisten dürfen Frauen ohnehin nur noch in Jobs wie Ärztin, Pflegerin oder Lehrerin arbeiten, die Männer gemäss der strengen Auslegung der Scharia der Taliban nicht machen können. Die Gehälter von Frauen waren bereits zuvor gekürzt worden, doch waren viele froh, überhaupt Arbeit zu haben. Afghanistan steckt seit 2021 in einer tiefen Wirtschaftskrise. Feste Stellen sind rar. Viele Familien haben Mühe, über die Runden zu kommen.
Der Uno-Menschenrechtskommissar Volker Türk bezeichnete die Entscheidung als «diskriminierend und zutiefst willkürlich» und rief die Taliban auf, die Entrechtung der Frauen rückgängig zu machen. Richard Bennett, der Uno-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Afghanistan, warf den Taliban wenige Tage später in einem neuen Bericht vor, die systematische Verletzung der Rechte von Frauen und Mädchen noch verstärkt und institutionalisiert zu haben.
Ehebrecher werden im Sportstadion ausgepeitscht
Der Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid beschuldigte Bennett daraufhin, mit der Veröffentlichung des Berichts vor der Uno-Konferenz in Doha einen konstruktiven Dialog hintertreiben zu wollen. Die Uno hatte sich zuvor bemüht, die Agenda der Konferenz mit den Taliban abzustimmen. Ein Sprecher in New York betonte aber, deren Einladung bedeute nicht die formelle Anerkennung ihrer Regierung. Dies hatten die Taliban im Februar zur Bedingung für ihre Teilnahme gemacht.
Zu eigenen Zugeständnissen an die Uno sind die Taliban nicht bereit. Sie halten an ihrer strikten Auslegung der Scharia fest. Anfang Juni wurden in der nördlichen Provinz Sar-e Pol 63 Menschen in einem Sportstadion ausgepeitscht. Ihnen wurden Diebstahl sowie moralische Vergehen wie Homosexualität und Ehebruch vorgeworfen. Seit August 2021 haben die Taliban Hunderte Menschen öffentlich ausgepeitscht, vielen haben sie auch Gliedmassen amputiert. Mindestens fünf Männer wurden wegen Mordes in der Öffentlichkeit hingerichtet.
Die Taliban haben in letzter Zeit ihre Kontrolle über das Land noch verstärkt. Nach der Schliessung prowestlicher Medien und NGO gehen sie nun auch verstärkt gegen andere islamistische Gruppen vor. So schlossen sie im Juni einen Fernsehsender und eine Universität, der sie Verbindungen zur schiitischen Partei Harakat-e Islami Afghanistan vorwarfen. Im April hatten sie bereits zwei TV-Sender der rivalisierenden Parteien Hezb-e Islami und Jamiat-e Islami abgeschaltet. Die beiden in den sechziger Jahren gegründeten islamistischen Bewegungen waren vergangenes Jahr so wie alle Parteien verboten worden.