Frankreich wird von schweren Unwettern und Überschwemmungen heimgesucht. Betroffen ist vor allem die Region Auvergne-Rhône-Alpes im Südosten des Landes.
Starke Regenfälle und Überschwemmungen sind in Frankreich keine Seltenheit. Doch was in der Region Auvergne-Rhône-Alpes bis zum Freitagmorgen passierte, sprengte für Beobachter jede Vorstellung. Bis zu 600 Liter Regen pro Quadratmeter waren in nur 48 Stunden gefallen – eine Menge, die fast dem jährlichen Niederschlag entspricht.
«So eine Katastrophe haben wir noch nie erlebt», sagte der Präsident des Départementrates der Ardèche, Olivier Amrane, im Sender France Info.
Wasser bis zu den Dachfirsten
Amrane berichtete von Ortschaften, in denen der Wasserstand 2 Meter 50 erreichte und bis zu den Dachfirsten reichte. In kürzester Zeit sei das Dorf Saint-Martin-d’Ardèche buchstäblich in den Fluten versunken. Zu Schaden gekommen sei aber niemand. Rund 900 Personen konnte der Katastrophenschutz im Südosten des Landes rechtzeitig evakuieren. Auf Fernsehbildern waren überflutete Autobahnen, Supermärkte und im Wasser treibende Autos zu sehen. Mehrere Schulen und Kindergärten in der Region bleiben bis Samstag geschlossen.
Auch im Südwesten Frankreichs waren mehrere Flüsse über die Ufer getreten und verursachten Schäden und Chaos. In Saint-Palais im Département Pyrénées-Atlantiques waren in wenigen Stunden mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter vom Himmel gefallen. Im französischen Baskenland riefen die Behörden die zweithöchste Warnstufe Orange aus.
Die Unwetter beeinträchtigten in Teilen des Landes den Zugverkehr. Laut der staatlichen Eisenbahngesellschaft wurde der Verkehr auf der Strecke Sud-Est, die unter anderem Paris mit Marseille und Montpellier verbindet, unterbrochen. Wann die Züge wieder normal fahren, war am Freitag unklar. Auch zwischen Lyon und Saint-Étienne wurde der Bahnverkehr unterbrochen. Der Autobahnbetreiber Vinci Autoroutes warnte vor möglichen Behinderungen auf mehr als 30 französischen Autobahnen.
Todesopfer in Paris
Auch in Paris kam es zu extremen Regenfällen. Laut Meteorologen fiel in einer Stunde so viel Niederschlag wie sonst binnen zwei Wochen. Einige Metrostationen wurden wegen Überflutung geschlossen. In der Hauptstadt forderten die Unwetter auch ein Todesopfer: Ein Mann war von einem umstürzenden Baum erschlagen worden. Nach Angaben des französischen Innenministerium waren in der Nacht auf Freitag 1500 Feuerwehrleute im Einsatz. Der Innenminister Bruno Retailleau sagte, man werde alles tun, um den betroffenen Menschen zu helfen.
«Wir haben es mit einer Situation zu tun, die in ihrem Ausmass noch nicht da gewesen ist», sagte die Ministerin für ökologischen Wandel, Agnès Pannier-Runacher. In ihrem Ministerium sei ein Krisenstab eingerichtet worden, für den alle zuständigen Dienste mobilisiert würden. «Wir sind kollektiv mit Episoden konfrontiert, die mit dem Klimawandel zusammenhängen und die wir immer regelmässiger erleben werden, wir müssen uns darauf vorbereiten», sagte Pannier-Runnacher.
47 Eingeschlossene aus Supermarkt evakuiert
In Givors bei Lyon führten die Überschwemmungen durch die Rhone zu dramatischen Szenen: Am Donnerstagabend waren 47 Personen im Obergeschoss eines Carrefour-Supermarktes eingeschlossen. In einer Rettungsaktion konnten alle Betroffenen noch am Abend von der Feuerwehr in Sicherheit gebracht werden. Als Reaktion auf den Vorfall schloss die Supermarktkette vorsorglich weitere Filialen in den Küstenstädten Nizza, Cannes und Antibes sowie im Fürstentum Monaco.
Am Freitag meldete der Wetterdienst Météo-France eine leichte Entspannung der Lage. Die Zahl der Départements in Alarmbereitschaft wurde von 17 auf 10 reduziert. Dennoch bleiben die Gebiete Bouches-du-Rhône, Gard, Landes und Loire wegen Hochwassergefahr in Alarmbereitschaft. Ariège, Haute-Garonne, Gers, Tarn und Tarn-et-Garonne sind weiterhin von der Gefahr durch Regen und Überschwemmungen betroffen. Die zuvor ausgerufene höchste Warnstufe Rot für die Départements Rhône, Loire, Haute-Loire und Lozère wurde inzwischen aufgehoben.