Die Freisinnigen sind unzufrieden mit dem Abschneiden bei den eidgenössischen Wahlen. Sie wollen bei den Bilateralen III «liberale Kante» zeigen.
Der Ort, an dem sich die FDP am Samstag zur Delegiertenversammlung traf, fasst das Parteiprogramm in einem Wort zusammen: Freiruum. Die in einer ehemaligen Fabrik in der Stadt Zug eingerichtete Markthalle bietet nicht nur den nötigen Freiraum für politische Diskussionen. Mit den zahlreichen Essensständen, Bars und Vergnügungsmöglichkeiten würde sie sich auch hervorragend für eine Feier eignen. Doch nach Party war den Freisinnigen aufgrund der eidgenössischen Wahlen 2023 nicht zumute.
«Böswillige und falsche Narrative»
Der Parteipräsident Thierry Burkart hätte sich denn auch gewünscht, die erste DV nach dem 175. Geburtstag des modernen Bundesstaates unter erfolgreicheren Vorzeichen durchführen zu können. «Wir haben am 22. Oktober unsere Ziele nicht erreicht», erklärte der Aargauer Ständerat klipp und klar. Bis ein Jahr vor den Wahlen sei der Freisinn sehr gut unterwegs gewesen. Dann habe es zwei Kipppunkte gegeben. Der eine sei das Debakel um das CS-Missmanagement gewesen. Nur zu gerne hätten einige politische Konkurrenten dies genutzt, um das falsche Narrativ von der FDP im alten Fahrwasser wieder aufleben zu lassen.
Den zweiten Wendepunkt sieht Burkart in der Diskussion um die Listenverbindungen. Die Mitte-Partei habe schweizweit das Kommando durchgegeben, keine Listenverbindungen mit den Freisinnigen einzugehen. Die Mitte habe das Narrativ gefahren, die FDP habe sich der SVP an den Hals geworfen. Dies, obwohl sich die Mitte beispielsweise im Kanton Genf mit der SVP verbündet habe. «Wenn einmal ein solch böswilliges und falsches Narrativ gefahren wird, bringt man es kaum mehr weg», erklärte Burkart.
Er beklagte, dass ausser der FDP keine Partei Kompromisse in den für die Schweiz entscheidenden Fragen suche. «Das gilt auch für Parteien, die in der Mitte sind. Sie hängen ihre Fahne in den Wind und verbünden sich zweimal mit links und einmal mit rechts.» Ideologie und Realität würden weit auseinanderklaffen, so Burkart. Die FDP kämpfe nach wie vor für Kompromisse. «Aber wir müssen wo immer möglich liberale Kante zeigen», bekräftigte der Parteipräsident vor rund 350 Delegierten.
Dies gelte etwa bei den bilateralen Verträgen. «Wir tanzen nicht nach der Pfeife von Pierre-Yves Maillard, der mit Christoph Blocher ein neues Traumduo bildet. Es kommt nicht infrage, dass wir den freien Arbeitsmarkt aufgeben», sagte Burkart.
Bundesrat Ignazio Cassis seinerseits nutzte die Gelegenheit, um vor der eigenen Partei Werbung zu machen für ein neues Abkommen mit der EU. «Gerade die zahlreichen aktuellen Krisen zeigen uns, wie wichtig die Weiterentwicklung der Beziehungen zu Europa sind», erklärte der Aussenminister. Es gelte, den bilateralen Weg weiterzuentwickeln, indem man gleichzeitig die Interessen der Schweiz durchsetze. «Das ist der freisinnige Weg», erklärte Cassis.
Klares Nein zur 13. AHV-Rente
Die FDP fasste in Zug gleich im Multipack die Parolen für die Abstimmungsvorlagen vom 3. März und 9. Juni. Mit 323 zu 2 Stimmen bei 11 Enthaltungen lehnt die Partei die 13. AHV-Rente ab. Noch deutlicher (328 zu 3) wird die Renteninitiative der Jungfreisinnigen zur Annahme empfohlen. Klare Absagen erteilten die Delegierten der Prämienentlastungsinitiative und der Kostenbremse im Gesundheitswesen. Ja sagt die FDP zum Ausbau der Autobahnen und zum Mantelerlass im Energiebereich.