Weil die berüchtigten Frühlingsferien-Partys in den USA immer mehr aus dem Ruder laufen, erlassen Hotspots wie Miami Beach dieses Jahr strenge Verbote. Damit sollen die feiernden Jugendlichen schon abgeschreckt werden, bevor sie kommen.
Jahrzehntelang waren die amerikanischen Frühlingsferien – «spring break» – der Inbegriff von ausgelassenen Partys am Strand mit viel Alkohol. Eigentlich darf man in den USA ja erst ab 21 Jahren legal Alkohol trinken; aber einmal im Jahr pilgerten die Jugendlichen in den Süden, meist nach Florida oder nach Cancún in Mexiko, und dann gab es kein Halten mehr. Der Fernsehsender MTV begleitete das fröhliche Treiben in Daytona Beach während Jahren, die Serie «Girls Gone Wild» verewigte die Szene von Panama City Beach und rückte kulturelle Errungenschaften wie den «wet T-shirt contest» ins öffentliche Bewusstsein.
Die Politiker setzen auf Abschreckungsmassnahmen
Nun ist Schluss mit dem Spass. Insbesondere Miami Beach, ein Hotspot der feuchtfröhlichen Frühlingsferien, schiebt den Exzessen einen Riegel vor. Sind die Partys aus dem Ruder gelaufen, oder reagiert die Öffentlichkeit, insbesondere in Florida, heute empfindlicher auf Grenzüberschreitungen? Tatsächlich profiliert sich der konservative Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, ausgerechnet im hedonistischen Sunshine State seit Jahren als Vertreter von Law and Order und hat damit Erfolg.
In Miami Beach trugen die «spring break»-Exzesse der letzten Jahre dazu bei, dass im vergangenen November der eher liberale Bürgermeister abgewählt und durch den Hardliner Steven Meiner abgelöst wurde. In der Tat nehmen seit 2022 kriminelle Vorfälle im Umfeld des «spring break» zu. In Miami Beach kam es zu Schiessereien mit Toten und Hunderten von Festnahmen. Als Reaktion wurden zeitweise Ausgangssperren verhängt und die Polizeipräsenz verstärkt.
Dieses Jahr nun werden die früheren Notfallmassnahmen schon präventiv ergriffen, um die Besucher möglichst vor der Anreise abzuschrecken, wenn sie sich Destinationen aussuchen. In Werbeclips – oder eher Antiwerbeclips – wird den Partygängern signalisiert, dass sie nicht mehr erwünscht sind. An den Stränden patrouillieren Uniformierte auf der Suche nach Waffen, Alkohol, Drogen, lauter Musik oder unziemlichem Verhalten; Falschparkierer werden massiv gebüsst, an Checkpoints müssen Autofahrer ins Röhrchen blasen.
Achtmal mehr Polizisten als zu normalen Zeiten sind auf den Vergnügungsmeilen unterwegs. Einige Bars sind während eines Monats geschlossen, manche Strandabschnitte wurden abgesperrt. An gewissen Orten, wo man sonst – im Gegensatz zum restlichen Amerika – an öffentlichen Orten trinken darf, ist dies nun ausgerechnet während des «spring break» verboten.
Nicht alle in Miami sind glücklich über die Restriktionen
Auch unter den Einheimischen sind allerdings nicht alle von diesen Restriktionen begeistert. 135 Millionen Touristen besuchen Florida jedes Jahr und bescheren dem Gliedstaat Milliardeneinnahmen. Am meisten Geld verdienen Hotellerie und Gastgewerbe im Frühling. David Wallack, der Besitzer des beliebten «Mango’s Tropical Café», äusserte gegenüber der «Washington Post», der Ocean Drive in Miami Beach sei nun einmal bekannt als Ausgehmeile. Natürlich wolle man den Ruf der Stadt nicht aufs Spiel setzen, aber wenn man nun alle jungen Besucher abschrecke, riskiere man, dass aus dem elektrisierenden Art-déco-Viertel am Meer ein Rentnerparadies werde. Anstelle der Verbote schlägt er vor, im Frühling ein Musikfestival zu organisieren, um den Besucherstrom nicht abzuwürgen, sondern in andere Bahnen zu lenken.
Es ist gut möglich, dass mit Miami Beach etwas Ähnliches passiert wie mit Fort Lauderdale. Bis in die 1980er Jahre war die etwa 50 Kilometer nördlich von Miami gelegene Stadt die bevorzugte Destination der «spring break»-Feiernden. Aber dann zog die Stadt die Notbremse, und die Gäste wichen nach Miami Beach aus. Für einige Jahre wurde Fort Lauderdale fast zu einer Geisterstadt.
Inzwischen wird es mit Vorliebe von Jachtbesitzern und anderen Upper-Class-Besuchern angepeilt. Entsprechend kann sich die Stadt heute einen eher freundlichen Umgang mit den wenigen «spring break»-Gästen erlauben. Die patrouillierenden Polizisten verstehen sich primär als Freund und Helfer. Sie haben Narcan-Sprays dabei, die sie im Falle einer Opioid-Überdosis verabreichen können, sowie Teststreifen, mit denen Gäste prüfen können, ob jemand K.-o.-Tropfen in ihren Drink geschüttet hat.