Der Kansai-Flughafen in Japan gilt als architektonisches Meisterwerk. Er steht mitten in der Bucht vor Osaka auf zwei künstlichen Inseln. Das könnte ihm nun zum Verhängnis werden.
Osaka gilt als beliebtes Reiseziel. In den nächsten Monaten werden in der japanischen Stadt aber noch mehr Besucher als üblich erwartet. Am vergangenen Wochenende ist dort die Weltausstellung Expo 2025 eröffnet worden. Die Veranstalter rechnen im kommenden Halbjahr mit bis zu 30 Millionen Gäste.
Viele davon landen am Flughafen Kansai in Osaka – einem zentralen Knotenpunkt im Westen Japans. Für die Expo wurde der Flughafen für viel Geld ausgebaut und seine Kapazitäten von 30 auf 40 Millionen Passagiere pro Jahr erhöht.
Doch ein altes Problem bleibt: Der Flughafen steht nicht auf festem Grund, sondern auf einer künstlich aufgeschütteten Insel, rund fünf Kilometer vom Festland entfernt. Und diese sinkt – langsam, aber stetig.
In der Stadt war kein Platz, auf dem Meer schon
Bei seinem Bau in den 1990er Jahren galt Kansai als ein Mammutprojekt. Die Baukosten: 15 Milliarden Dollar. Heute wären das rund 40 Milliarden. Schon die Verbindung zum Festland – eine vier Kilometer lange Brücke – kostete eine Milliarde. Der italienische Stararchitekt Renzo Piano entwarf das 1,7 Kilometer lange Terminalgebäude. Selbst Erdbeben und Taifunen sollte der Flughafen trotzen. Doch gegen das Meer bleibt auch der modernste Bau wehrlos.
Dass der Flughafen vor über 30 Jahren auf einer künstlichen Insel erbaut wurde, entstand aus der Not heraus. Die Region um Osaka ist dicht besiedelt, die Stadt von Bergen umgeben. Für ein neues Flughafengelände blieb kein Raum. Gleichzeitig klagten viele Einwohner über Fluglärm vom alten Flughafen Itami. Die Lösung lag darum auf dem Meer: Der Standort im Wasser versprach weniger Lärm und Ausbaupotenzial. Ein Betrieb konnte rund um die Uhr sichergestellt werden.
Kansai Airport, located off the coast of Osaka, holds the distinction of being the world’s first offshore airport, established on a fully artificial island in 1994. pic.twitter.com/rru6eid6m9
— Aviation Facts (@AirplaneCentral) March 25, 2025
Doch der Meeresboden forderte die Ingenieure heraus. Das eigentliche Problem liegt in den Lehmschichten unter der künstlichen Insel. Während die Planer Massnahmen ergriffen, um die obere Schicht zu festigen, erwiesen sich die tieferen, mit Sand durchsetzten Lehmschichten als unberechenbarer. Es brauchte eine 20-jährige Planung, bevor 1987 mit dem Bau des Projekts begonnen werden konnte.
Flughafen wurde durch Taifun schwer beschädigt
Dass sich die Insel setzen wird, war den Planern bereits bei Baubeginn bewusst. Die Konstrukteure rechneten damals, dass sich die Insel innerhalb von 50 Jahren um etwa acht Meter absenken würde. In der Realität sank sie aber viel schneller. Seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 1994 ist der Flughafen schon um über 11 Meter abgesunken.
Um ein weiteres Sinken zu verhindern, wurden seither erhebliche finanzielle Mittel in den Flughafen investiert. Es werden laufend Erweiterungen und Instandhaltungsarbeiten durchgeführt. Der Boden wird ständig nachgefüllt, verstärkt und geebnet. Die Insel wurde vergrössert, um neue Startbahnen auf besser tragfähigem Untergrund zu bauen. Sensoren überwachen jede Bewegung. Alles, um Kansai stabil zu halten.
Doch dann kam der Taifun «Jebi». Er fegte im September 2018 mit über 200 Kilometern pro Stunde über Teile Japans. Er war der stärkste Wirbelsturm seit 25 Jahren – und er traf den Flughafen Kansai mit voller Wucht. Der Taifun hinterliess schwere Schäden. Eine von zwei Landebahnen wurde überflutet, ebenso das Kellergeschoss des Terminals. Zudem drückte der Sturm einen Tanker gegen die Brücke, die den Flughafen mit dem Festland verbindet. Sie wurde schwer beschädigt und musste gesperrt werden. Zeitweise sassen über 3000 Passagiere auf der Insel fest. Kansai musste daraufhin für mehrere Tage geschlossen werden, der Flugbetrieb war lange unterbrochen. Nach dem Sturm wurden die Ufermauern und Dämme rund um den Flughafen aufgestockt.
Der Taifun zeigte, wie anfällig das Projekt mitten im Meer sein kann. Und es war ein Weckruf für die Betreiber. Sie reagierten und investierten gezielt, um den Flughafen robuster gegen Klimarisiken und Naturgewalten zu machen. Ein neues Notfallzentrum wurde eingerichtet. Im Ernstfall bringt es 32 Organisationen zusammen – darunter Polizei, Flughafenbetreiber und Airlines.
Laut Experten liegt Kansai 2056 unter dem Meeresspiegel
Der Tourismus in Japan wird in den kommenden Jahren weiterwachsen. Es werden mehr Touristen, die nach Osaka, Kyoto oder Kobe reisen, über den Flughafen Kansai ankommen. All das wird den Flughafen vor weitere Herausforderungen stellen. Das Fundament aus Lehm und Sand gerät weiter unter Druck. Jeder neue Ausbau verstärkt die Last und zieht erhebliche finanzielle Kosten nach sich. Die Frage bleibt: Wie lange können die getroffenen Massnahmen den Betrieb des Flughafens noch aufrechterhalten?
Experten rechnen damit, dass der Flughafen bis spätestens 2056 unter dem Meeresspiegel liegen wird. Die Verantwortlichen sind zuversichtlich, dass der Flughafen auch in Zukunft sicher betrieben werden kann. Sicher ist, dass Kansai ein architektonisches Meisterwerk bleibt. Fest steht aber auch, dass selbst ein Wunder der Ingenieurskunst gegen die Natur chancenlos ist.