Lego macht gerade vor, wie man im 21. Jahrhundert Läden baut.
Franz Carl Weber verschwindet nun also doch. Die neue Besitzerin des Schweizer Spielwarenhändlers, die deutsche Drogeriekette Müller, hat sich wenige Monate nach der Übernahme dazu entschieden, die Marke mit dem Schaukelpferd-Logo fallenzulassen. Die Filialen werden wohl entweder geschlossen oder zu Müller-Drogerien umgewandelt.
Gerade aus Zürcher Sicht ist es das Ende einer Ära. Der «Franzki», gegründet vor über 140 Jahren, war eine Institution, mit der Generationen ihre Erinnerungen verbinden.
Die Läden boten mehr als ein edles Sortiment. Die Kinder durften spielen, es gab eine Rutschbahn und in früheren Jahren sogar einen Hort. Selbst wer sich die Märklin-Züge und Steiff-Teddys nicht leisten konnte, durfte ihnen wenigstens für eine Weile nahe sein. Franz Carl Weber pflegte so schon vor Jahren das, was heute neudeutsch als «Retailtainment» bezeichnet wird: Einkaufen als Erlebnis.
Verbunden sind die meisten dieser schönen Gedanken aber mit einem Standort, den es schon lange nicht mehr gibt – mit der grossen Filiale an der Zürcher Bahnhofstrasse. Als diese 2016 an eine weniger gut gelegene, aber günstigere Adresse gleich beim Hauptbahnhof verlegt wurde, verflog viel vom Zauber.
Dass nun auch der Name verschwindet, mag man bedauern, weil neben Manor und Jelmoli schon wieder ein Stück Zürcher Retail-Tradition vergeht. Doch mit dem Renommee der Vergangenheit alleine kann kein Geschäft überleben.
Es ist verständlich, dass sich Müller auf seinen eigenen Namen konzentriert und mittelfristig keine teure duale Marketing-Strategie verfolgen will. Dies auch, weil Müller gerade im deutschen Markt selbst eine bestens etablierte Marke für Spielwaren ist.
Lego eröffnet drei neue Filialen – pro Woche
Trotz dem Ende von Franz Carl Weber und dem dominierenden Online-Shopping ist es für einen Abgesang auf Spielzeugläden aber zu früh. Die Branche erlebt sogar ein Revival. Toys R Us, vor wenigen Jahren noch insolvent, will die USA wieder mit Filialen überziehen, aber auch in Flughäfen und auf Kreuzfahrtschiffen ausbauen.
In der Schweiz gibt es Nischenanbieter wie die Manga- und Anime-Shops, die auch in Zürich erfolgreich hochpreisige Figuren an eine kleine, aber treue und zahlungskräftige Kundschaft verkaufen – und gleichzeitig online stark präsent sind.
Selbst ein neuer Spielzeugladen an der teuren Bahnhofstrasse ist nicht unrealistisch. Lego, der grösste Spielzeughersteller der Welt, betreibt gemeinsam mit Partnern über 900 Standorte weltweit. 155 davon wurden alleine im Jahr 2022 eröffnet, also etwa drei pro Woche.
In seinen Läden verkauft Lego exklusive Sets, vor allem aber bietet das Unternehmen das, was Franz Carl Weber schon vor Jahrzehnten als Marketinginstrument entdeckt hatte: Unterhaltung. Es gibt Wettbewerbe und Nachbildungen von lokalen Bauwerken, vor denen man sich für Instagram fotografieren kann. So werden die Lego-Stores zu eigenen Touristenattraktionen.
Für seine Flagship-Stores leistet sich Lego teure Standorte an besten Lagen, etwa an der Fifth Avenue in New York oder am Leicester Square in London. Die Zürcher Bahnhofstrasse wäre ein perfekter weiterer Baustein im grossen Lego-Ausbauplan. Im kaufkräftigen Schweizer Markt gibt es bis jetzt nur einen einzigen, kleinen Lego-Shop, er steht im Einkaufszentrum Glatt.
Im Übrigen, dies als kleines «ceterum censeo» zum Schluss, darf es nicht Aufgabe des Staates sein, für den richtigen Branchenmix zu sorgen. Das muss der Markt schon selbst regeln. Die öffentliche Hand sollte aber für optimale Rahmenbedingungen sorgen, und gerade für die Bahnhofstrasse bedeutet dies vor allem eines: die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten inklusive Sonntagsverkauf.