Warum der Pillbox-Hut, lange höchstens noch als biederes Royal-Accessoire bekannt, nun zum Liebling der Modemenschen wurde.
Was gab es nur für Bemühungen der Modebranchen, Hüte wieder auf die Köpfe der Menschen zu bringen. Aber weder breitkrempige Bohémienne-Schlapphüte noch klassische Fedoras schafften es zu mehr als Accessoires für Exzentrikerinnen. Dabei sind die Menschen auch heutzutage Kopfbedeckungen ganz und gar nicht abgeneigt. Man trägt fleissig Baseball-Caps und Wollmützen; eine Funktion schien also unabdingbar dafür, sich grossflächig auf den Strassen durchzusetzen.
Nun breitet sich ausgerechnet ein Hut aus, der mit funktionalen Eigenschaften absolut nicht punkten kann: die klassische Pillbox, seit ihrem grossen Erfolg in den 1950/60er Jahren bisher jahrelang nur noch beliebtes Accessoire für Royals wie Prinzessin Kate zu offiziellen Anlässen, gerne abgestimmt auf das Kostüm.
First Ladies und Prinzessinnen
Jetzt aber zeigt sich die Modebranche begeistert vom dosenförmigen Klassiker. Egal ob auf den Laufstegen oder in den Zuschauerrängen der Fashion Weeks in Paris, Mailand und Kopenhagen, auf dem roten Teppich oder auf den Profilen von Fashion-Fans in den sozialen Netzwerken: Wohin man schaut, trägt jemand eines der Hütchen ohne Krempe.
Überzeugt: Die Stylistin Loicka Grace (links) trägt den Pillbox-Hut bei der Pariser Haute-Couture-Woche 2025 ebenso nonchalant wie ein unbekannter Modeschauen-Gast bei der Fashion Week in Mailand.
Berühmt gemacht hat die Pillbox unter anderem die Stilikone Jacky Kennedy, sie galt als typisches Accessoire der First Lady der USA. Auch Audrey Hepburn zeigte sich immer wieder mit dem Hut. Und später das Modevorbild Lady Di. Während die erstgenannten beiden Frauen den Hut eher am Hinterkopf trugen, zog ihn die britische Prinzessin tiefer in die Stirn.
Auch die heutigen Modemenschen wählen eher diese Variante, bei welcher die Pillbox nicht mit Nadeln an der Frisur befestigt wird; so viel Funktionalität muss heutzutage dann doch noch sein. Sonst aber scheinen die Frauen, welche die Pillbox tragen, genüsslich mit den Referenzen an First Ladies und Prinzessinnen zu kokettieren. Sie tragen den Hut zum Oversize-Hosenanzug, zum überkandidelten Kleid, zum streng geschnittenen Mantel, zu Sneakers. Er adelt jedes Outfit, macht es ladylike, bietet aber zugleich die Möglichkeit, Kontraste zu schaffen.
Bei aller klassischen Strenge, welche diese Hutform verkörpert, zeigt ihr Erfolg dennoch, dass die Mode sich nach Dekaden voller Jogginghosen und Trekkingschuhen wieder auf rein optische Komponenten besinnt, auf Eleganz, die eben nichts anderes zu sein hat als eben das. Nun bleibt noch abzuwarten, ob die dosenförmige Kopfbedeckung zum Mainstream-Accessoire wird – oder doch nur ein Kurzzeit-Flirt von Fashion-Victims für ein paar gelungene Instagram-Bilder bleibt.