Die Bolivianer machen sich berechtigte Hoffnungen auf die erste WM-Teilnahme seit 1994. Das Land hat einen gewichtigen geografischen Vorteil.
Eva Copa ist stolz auf die Arena. «Maradona ist schon hierhergekommen, um zu spielen», sagte die Bürgermeisterin von El Alto jüngst der Zeitung «La Razón». Und es gebe ja auch noch andere Stadien, wie jenes in Peru, die so hoch gelegen seien.
Gemeint ist das Estadio Daniel Alcides Carrión in Cerro de Pasco auf 4378 Meter über dem Meeresspiegel. Im bolivianischen El Alto aber, auf 4085 Meter Höhe, wird sogar in der WM-Qualifikation gespielt. Genauer gesagt im Estadio Municipal de El Alto, wie der offizielle Name der Arena lautet. Das Stadion hat rund 8 Millionen Dollar gekostet und ist seit 2017 in Betrieb. Das im Volksmund «El Titan» genannte Stadion liegt damit noch einmal rund 500 Meter höher als das ohnehin schon extrem hoch gelegene Stadion in der Hauptstadt La Paz (3600 Meter), in dem die Nationalmannschaft in der Vergangenheit ihre Heimspiele absolvierte – und dort in der dünnen Luft einst Lionel Messi und Argentinien mit 6:1 bezwang.
🇨🇴🆚🇧🇴El #VbarCaracol ya está en el Alto Bolivia con toda la información sobre el partido del jueves 10 de octubre, entre Colombia y Bolivia por Eliminatorias
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— El VBAR CARACOL (@VBarCaracol) October 8, 2024
Lange war Bolivien ein Punktelieferant – nun ist das anders
Genau 30 Jahre ist es nun her, dass Bolivien zum letzten Mal an einer Weltmeisterschaft teilnahm. Das Land zählte in der südamerikanischen WM-Qualifikation Eliminatorias in den vergangenen drei Jahrzehnten zu den Punktelieferanten. Doch in der laufenden Qualifikation ist das anders. Mit neun Punkten aus acht Spielen rangiert Bolivien in der Tabelle nur einen Zähler hinter dem Rekordweltmeister Brasilien. Mit Paraguay, das auf Rang sieben liegt und damit jenen Platz belegt, der zu einem Relegationsspiel berechtigen würde, ist der traditionelle Aussenseiter punktgleich. Die Fans der «La Verde» dürfen also erstmals wieder von einer WM-Teilnahme träumen.
Das liegt zum einen daran, dass wegen der Erweiterung des Teilnehmerfeldes sogar bis zu sieben Mannschaften aus Südamerika am WM-Turnier 2026 in den USA, Kanada und Mexiko teilnehmen dürfen. Zum anderen vertrauen die Bolivianer auf einen ganz besonderen Heimvorteil. Denn ausgetragen werden die Heimspiele mittlerweile im Höhen-Stadion Municipal de El Alto. Und zudem erinnert die heutige Generation der bolivianischen Fussballer an die goldene Generation des WM-Jahres 1994.
In der vorletzten Qualifikationsrunde gelang Bolivien in der Höhe von El Alto ein beeindruckendes 4:0 gegen die aufstrebenden Venezolaner. Am Donnerstag (22 Uhr MESZ) empfängt das Nationalteam nun den Tabellenzweiten Kolumbien in der Nachbarstadt von La Paz. «Es gibt kein magisches oder bestimmtes Rezept, man sucht nach Varianten, die helfen, die Auswirkungen der Höhe zu lindern, wir tun alles, was im medizinischen und physischen Bereich möglich ist», sagt Kolumbiens argentinischer Trainer Néstor Lorenzo vor der Partie.
Néstor Lorenzo, entrenador de la Selección Colombia 🇨🇴, analizó al equipo de Bolivia 🇧🇴, que enfrentará el próximo jueves 10 de octubre 🗓️ en las Eliminatorias Sudamericanas rumbo al Mundial 2026 🏆 #GolCaracol ⚽ pic.twitter.com/Rk6io34tyf
— Gol Caracol (@GolCaracol) October 8, 2024
Spieler, die es nicht gewohnt sind, auf dieser Höhe zu spielen, drohten eine Hypoxie zu erleiden, also eine Minderversorgung des Körpers oder einzelner Körperteile mit Sauerstoff, erklärt der kolumbianische Mediziner Carlos Alejandro Lopez Alban vom Zentrum für Gesundheitsforschung in Cali im Gespräch mit der NZZ. Sein Ratschlag: viel trinken. «Die beste Strategie ist eine gute Flüssigkeitszufuhr, da sie die Auswirkungen der Höhe in den ersten Stunden mildert.» Den Kolumbianern könnte zudem eines ihrer Nationalgetränke zugutekommen, um den Höhenvorteil auszugleichen: Kaffee. Das darin enthaltende Koffein helfe dem Körper, wachsam zu bleiben und Energiesubstrate etwas besser zu mobilisieren, sagt Lopez Alban. Der Spitzname der Kolumbianer lautet denn auch «Cafeteros».
Evo Morales kämpfte dafür, in der Höhe zu spielen
Fussball in der Höhe war für Bolivien stets auch eine sportpolitische Angelegenheit. Der langjährige Präsident Evo Morales (2006–2019) lieferte sich einen Streit mit dem Weltfussballverband (Fifa) um die Frage, ob und in welcher Höhe Fussball gespielt werden dürfe. Morales argumentierte, es sei für die indigenen Völker in den Anden ein Menschenrecht, in ihrer natürlichen Umgebung zu spielen.
Auf dem Höhepunkt des Disputs trat Morales in Chacaltaya auf 5395 Meter Höhe, umgeben von den Objektiven nationaler und internationaler Kameras, selbst gegen den Ball. «Schauen Sie, Herr Blatter, man kann hier problemlos spielen», sagte Morales an den damaligen Fifa-Präsidenten gerichtet in die Kameras.