Der französische Nationalspieler appelliert an die Schulkinder, sich um ihre Kameraden zu kümmern.
Soziale Netzwerke dienen in der Regel dazu, sich selbst abzufeiern. Besonders gut können das Fussballer, die ganze Teams für die Arbeit an der Ich-AG beschäftigen. Wenig überraschend teilt etwa Cristiano Ronaldo mit, dass er sich mit seinem 900. Karrieretor diese Woche einen Traum erfüllt habe.
Für die Fortschreibung eines der abgeschmacktesten Fussballerklischees überhaupt ist der Österreicher Marko Arnautovic zuständig, der sich auf Instagram mit einer 800 000-Euro-Karre zeigt, die jedoch nicht ihm gehören soll, wie eine Recherche des «Kuriers» aufdeckte. Arnautovics Auto, ein Lamborghini, koste lediglich 260 000 Euro, schreibt die Zeitung.
Die Umschau wäre beelendend, gäbe es nicht Antoine Griezmann. Der Franzose überrascht dieser Tage mit einem Appell. Er richtete «eine besondere Bitte» an die jungen Leute, die nach den Ferien in die Schule zurückgekehrt sind. «Wenn ihr jemanden seht, der Schwierigkeiten hat, Freunde zu finden, oder jemanden, der gemobbt wird, weil er nicht viele Freunde hat oder weil er schüchtern ist oder nicht so gut aussieht oder nicht modisch gekleidet ist – bitte werdet aktiv.»
Griezmann, der bei Atletico Madrid spielt, schlägt vor, diese Person zu grüssen oder sie zumindest anzulächeln, wenn man auf dem Flur an ihr vorbeigehe. «Wir wissen nicht, was diese Person ausserhalb der Schule durchmacht», schreibt er weiter, «deine Freundlichkeit könnte einen riesigen Unterschied in ihrem Leben ausmachen!»
Der Aufruf ist nicht nur darum erstaunlich, weil er nicht die eigene Person ins Zentrum rückt, sondern nah an einer Lebensrealität ist, die mit jener von Fussballern nichts zu tun hat. Wenn Sportler Gutes tun, delegieren sie das Engagement gerne an Stiftungen, die sie gelegentlich medienwirksam in Szene setzen. Griezmann, der selber drei Kinder hat, hat sich bereits in der Vergangenheit zu einem Mobbingfall in Spanien geäussert, als ein Junge im Ferienlager gequält wurde. Er hat dem Kind zum Geburtstag gratuliert und es ins Stadion eingeladen.
Natürlich kann man sagen, dass dieses Engagement den 33-Jährigen nichts kostet. Doch in Zeiten, in denen Fussballer sich zunehmend ihren Avataren in Computergames annähern, weil sie bei nichtkonformem Verhalten einen Shitstorm fürchten, ist es trotzdem wertvoll. So wie auch Kylian Mbappés Statement an der EM gegen einen Rechtsruck in seinem Land bedeutsam war. «Wir sind in erster Linie Bürger, und ich denke, dass wir nicht von der Welt um uns herum abgekoppelt sein dürfen – und schon gar nicht, wenn es unser Land betrifft», sagte der Captain der Franzosen.
Nun sind Fussballer nicht nur Meister der Selbstinszenierung, sondern so abgekoppelt wie kaum eine andere Gruppe. Antoine Griezmann hat mit seinem Aufruf einen kleinen Schritt dagegen unternommen. Wenn es in Zukunft Schulkinder gibt, die sich nicht nur an seine Tore, sondern auch an seine Worte erinnern – umso besser.
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