Der Wettbewerb zwischen den KI-Anbietern wächst: Google schärft nun seine KI-Strategie und stellt den Nutzern unter dem Namen Gemini einen mobilen Chatbot und ein neues Sprachmodell zur Verfügung. Es ist eine Kampfansage an Open AI.
Google spielt seit Jahren eine führende Rolle in der Forschung zu künstlicher Intelligenz (KI), doch der Konzern musste sich seit dem Durchbruch von Chat-GPT immer wieder vorwerfen lassen, er habe die Kommerzialisierung dieser Forschung verschlafen.
Am Donnerstag hat Google nun vorgestellt, wie es mit der KI künftig Geld verdienen will: Ein neuer Chatbot namens Gemini wird Google-Nutzern künftig zur Seite stehen, sowohl im Browser als auch mittels Apps für Android und iOS. Er soll für Googles Nutzer beispielsweise E-Mails zusammenfassen, Fotos kreieren und Bildunterschriften vorschlagen. Die Steuerung funktioniert über Sprache und Texteingabe.
Der Chatbot ist seit Donnerstag (8. 2.) in den USA auf Englisch nutzbar, dort ersetzt er auch den Google-Assistenten auf dem Smartphone. Ab nächster Woche steht der mobile Chatbot dann zusätzlich Google-Nutzern im asiatisch-pazifischen Raum auf Koreanisch zur Verfügung. Weitere Sprachen und Regionen würden bald folgen, teilte Google mit.
Neues Premiumprodukt in Anlehnung an Chat-GPT Pro
Während der Chatbot gratis verfügbar ist, führt Google mit Gemini Advanced nun auch ein kostenpflichtiges Angebot ein. Dieses basiere auf Googles grösstem Sprachmodell namens Ultra 1.0, sagte die zuständige Google-Managerin Sissi Hsiao; dieses sei «das Stärkste, was es zurzeit auf dem Markt gibt». Es könne mit komplexeren Programmierungen helfen und besser Bilder kreieren. Ab Donnerstag können Nutzer in 150 Ländern dieses verwenden.
Das Produkt erinnert sehr an das Premiumangebot von Open AI namens Chat-GPT Plus, das ebenfalls auf dem leistungsstärksten Sprachmodell der Firma (GPT-4) basiert. Wie dieses kostet auch Gemini Advanced in den USA rund 20 Dollar pro Monat. Auch in der Schweiz (17 Franken) und in der EU (21 Euro 99) ist es ab Donnerstag verfügbar, allerdings vorerst nur auf Englisch. Weitere Sprachen würden bald folgen, teilte Google mit. Abonnenten könnten dann auch «bald» die KI in Googles Produkten für E-Mails, Dokumente und Tabellen nutzen.
Zudem laufen nun alle KI-Produkte und -Modelle im Hause Google unter einem Namen: Gemini. Selbst der bisherige Chatbot Bard wurde entsprechend umgetauft. Der Name – auf Latein «Zwillinge» – geht auf die Fusion von Googles KI-Sparten Google Brain und Deepmind im April vergangenen Jahres zurück. Es sei eine Anlehnung an ein Nasa-Projekt gleichen Namens für die Mondfahrt, schrieb Jeff Dean, Chefwissenschafter von Googles neu geschaffener gemeinschaftlicher KI-Einheit Deepmind, damals auf X.
Gemini is Latin for «twins».
The Gemini effort came about because we had different teams working on language modeling, and we knew we wanted to start to work together. The twins are the folks in the legacy Brain team (many from the PaLM/PaLM-2 effort) and the legacy DeepMind…
— Jeff Dean (@🏡) (@JeffDean) December 9, 2023
Der Zeit- und Konkurrenzdruck für die Tech-Konzerne ist gross
Das neue Angebot von Google ist eine Kampfansage an die Konkurrenz. Offenbar will der Konzern seine KI-Produkte nun einer breiteren Kundengruppe zugänglich machen und sich so Marktanteile sichern und Geld verdienen.
Wie stark der Konkurrenzkampf zwischen den grossen Technologiekonzernen punkto KI steigt, zeigt auch die Tatsache, dass Google nicht bis zu seiner grossen Entwicklerkonferenz «iO» im Mai wartete, um den neuen Chatbot der Öffentlichkeit vorzustellen; genau solche Produktneuheiten stellt er normalerweise dann vor. Offenbar wollte man in Mountain View nicht noch drei Monate zuschauen, wie Open AI, Microsoft und jüngst auch der Smartphone-Hersteller Samsung den Markt für KI-Angebote dominieren.
In den nächsten Monaten wird spannend sein zu verfolgen, wie nicht nur Google, sondern auch andere Tech-Konzerne neue KI-Produkte auf den Markt bringen. Der Facebook-Konzern Meta hat jüngst mitgeteilt, punkto KI ganz vorne mitspielen zu wollen, und investiert zurzeit enorm in entsprechende Infrastruktur.
Apple wiederum hat sich bisher bei der KI wenig in die Karten schauen lassen. Laut Berichten von Bloomberg wurde der Konzern vom KI-Boom der vergangenen Monate regelrecht überrascht. Wie der CEO Tim Cook jedoch vergangene Woche in einem Telefonat mit Investoren sagte, hat auch Apple einige «spannende Ankündigungen» geplant.
Die Frage für Google wird sein, ob es den Markt für mobile Chatbots ähnlich wird dominieren können wie heute den Markt für Suchmaschinen – oder ob sich die Nutzer auf ganz neue Anbieter einlassen.