Den Liberalismus predigen, sich aber gleichzeitig an SP und Grüne anschmiegen, das geht auf Dauer nicht auf.
Die noch junge GLP – sie wird dieses Jahr erst 20 Jahre alt – macht schwierige Zeiten durch. Die nationalen Wahlen 2023 waren eine Katastrophe, 6 von 16 Nationalratssitzen gingen verloren, davon 2 im Kanton Zürich. Der einzige kleine Lichtblick war die Wahl Tiana Mosers als Zürcher Ständerätin.
Letzte Woche folgte die nächste Hiobsbotschaft: Georges Kern, Chef und Mitbesitzer des Uhrenkonzerns Breitling, hat sich von den Grünliberalen verabschiedet. Er ist sowohl aus dem Zürcher Kantonalvorstand wie aus der Partei ausgetreten. «Ich musste einsehen», sagte er im Gespräch mit der NZZ, «dass ich kaum etwas bewegen konnte.»
Für die Partei ist sein Austritt ein herber Verlust. Kern war ein wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Finanzierer der Zürcher Sektion gewesen – alleine für den Ständeratswahlkampf von Tiana Moser hatte der vermögende Unternehmer 40 000 Franken beigesteuert, dazu kamen weitere Beträge für die Nationalrats- und Regierungsratswahlen.
Vor allem aber war Kern ein Markenbotschafter gewesen. Er war der erste bekannte Wirtschaftsführer, der sich öffentlich zu den Grünliberalen bekannte. Wenn einer wie Kern, der alles andere als ein naiver, verträumter Idealist ist, sich für eine Partei entscheidet und sogar dem Vorstand beitritt, dann ist dies ein starkes Zeichen an andere Unternehmer und vor allem für die Wähler.
Sein desillusionierter Austritt nach nur vier Jahren entfaltet die genau gleiche Signalwirkung, einfach mit umgekehrten Vorzeichen. Kern hat die GLP fallengelassen, weil ihm die Partei zu wenig wirtschaftsliberal ist, und das muss nicht nur anderen Wirtschaftsführern, sondern vor allem den Wählern zu denken geben.
Inhaltlich zu rütteln, und das weiss auch die GLP, gibt es an Kerns Analyse nichts: Die Partei hat ihr wirtschaftspolitisches Versprechen – grün, aber liberal – bis heute nicht eingelöst. Sie ist zwar sehr gesellschaftsliberal, aber in Wirtschaftsfragen fehlt ihr eine klare Linie.
Angetreten war die GLP unter ihrem Gründer Martin Bäumle, um zu beweisen, dass sich Ökonomie und Ökologie verbinden lassen, auch politisch. Die GLP stand in dieser frühen Idealisierung für ein liberales Urvertrauen in die freie Marktwirtschaft. Sie zeichnete eine Welt, in der auch vom Shareholder-Value gesteuerte Unternehmen erkennen, dass die Zerstörung der Lebensgrundlagen nicht in ihrem Interesse sein kann.
Damit sprach sie Leute wie Kern an, die sich für die Umwelt einsetzen wollten. Es sind Personen, die sich sogar als grün bezeichnen, aber ohne den ganzen linksideologischen Ballast, welche die Ur-Grünen mit sich tragen.
Die real existierende GLP hat diesen Anspruch aus ihrer Gründerzeit bis heute nicht wirklich einlösen können. Sie ist am Ende eben doch eine Partei geworden, welche der Wirtschaft und den Privatpersonen nicht so recht traut und ihnen allzu gern regulierend vorschreiben will, wie sie zu handeln haben. Vielleicht am entlarvendsten war die Ja-Parole der GLP zur schädlichen Konzerninitiative.
Ausserdem hat die GLP die falschen Freunde gefunden: Zu oft lehnt sich die Partei bei Rot-Grün an. Mit den Grünen, mit der SP und sogar mit der Alternativen Liste ist die GLP im Zürcher Kantonsrat eine sogenannte Klima-Allianz eingegangen.
Entsprechend schwer fällt es Bürgerlichen und Wirtschaftsvertretern, die GLP als zuverlässige Partnerin anzuerkennen, auch wenn die Partei etwa bei Steuersenkungen oder bei der Bekämpfung von kommunalen Mindestlöhnen auf der Seite von FDP und SVP steht.
Kerns Austritt muss ein Weckruf sein für die Grünliberalen, zumal es vor ihm bereits andere prominente Austritte gegeben hatte. Ein bisschen liberal hier, ein bisschen grün da, das reicht auf Dauer eben nicht. Die GLP wäre nicht die erste Partei, welche sehr erfolgreich startete und den Etablierten das Fürchten lehrte, nur um wenige Jahre später sang- und klanglos wieder zu verschwinden.