Schweden hat ihn 1974 eingeführt, die Schweiz erst 2021: Ein Vaterschaftsurlaub fördert nicht nur die Beziehung zum Nachwuchs, er schont auch die väterliche Leber.
Was die Gleichbehandlung der Geschlechter angeht, ist Schweden eines der fortschrittlichsten Länder der Welt. Beispiel Elternzeit: Seit den 1970er Jahren haben Väter dort Anrecht auf Babyurlaub. Da das Angebot zunächst auf wenig Resonanz stiess, doppelte die schwedische Regierung 1995 mit einer Vaterquote nach.
Seither ist ein Teil der bezahlten Elternzeit – inzwischen sind es drei Monate – für den Vater reserviert. Der Papamonat (pappamånad), wie der Vaterschaftsurlaub in Schweden heisst, ist nicht übertragbar und verfällt, wenn der Vater ihn nicht in Anspruch nimmt. Diese Bedingung hat dem Ansinnen, Männer mehr in die Versorgung der Kinder einzubinden, erheblichen Auftrieb verliehen. Heute nehmen in Schweden rund 90 Prozent aller Väter ihre Elternzeit wahr, und das meist vollumfänglich.
Wer so wie ich noch das klassische «Mutter kümmert sich um alles»-Modell erlebt hat, blickt neidisch auf die wickelgeübten schwedischen Väter. In der Schweiz wurde der Vaterschaftsurlaub erst 2021 eingeführt und beträgt lediglich zwei Wochen – ein Tropfen auf den heissen Stein, wie ich finde. Das schwedische Vorgehen hat nicht nur den Vorzug, dass es die Mutter entlastet und die Vater-Kind-Beziehung fördert. Es scheint den Vätern auch gesundheitlich zugutezukommen.
Schwedische Papas trinken weniger
Hierfür spricht zumindest eine im Fachjournal «Addiction» publizierte Studie auf Basis der lückenlosen Datenbank des nationalen schwedischen Gesundheitsregisters. Die beiden Autorinnen wollten wissen, ob die Papamonat-Reform im Jahr 1995 den Alkoholkonsum von Männern beeinflusst hat, die damals erstmals Vater wurden. Das war offenbar tatsächlich der Fall. Nach Einführung der Vaterquote mussten jedenfalls deutlich weniger frischgebackene Väter wegen eines zu tiefen Blicks ins Glas im Krankenhaus behandelt werden als davor. Hatte der Anteil solcher Schnapsleichen vor der Reform bei jährlich 1,8 pro 1000 Väter gelegen, ging er kurz darauf um fast die Hälfte zurück.
Der mässigende Einfluss des Papamonats auf den väterlichen Alkoholkonsum war zudem nicht auf die Zeit unmittelbar nach der Geburt des erstens Kindes beschränkt, er blieb langfristig bestehen. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. So könnte das erhöhte Engagement in der Kinderstube vernünftigeres Verhalten begünstigen – oder schlicht weniger Zeit für Kneipentouren lassen.
Die Sache hat allerdings einen Haken: Geht der Vater gleichzeitig mit der Mutter in die Babypause, so beanspruchen beide Eltern auffallend oft psychiatrische Hilfe. Das geht aus einer neuen Studie der schwedischen Forscherinnen hervor. Sie mutmassen, die Eltern hätten in dem Fall eher Zeit, ihre bereits bestehenden psychischen Probleme anzugehen. Für wahrscheinlicher halte ich es, dass der gemeinsame Babyurlaub zu Unfrieden am Kinderbett führt und die elterlichen Nerven übermässig strapaziert. Diese Art von Stress ist mir erspart geblieben – ein später Trost für den fehlenden Papamonat.
Bereits erschienene Texte unserer Kolumne «Hauptsache, gesund» finden Sie hier.