Die Nachfrage nach dem koffeinhaltigen Getränk steigt weltweit ständig. Doch die für die Kaffeepflanze geeignete Anbaufläche dürfte in den nächsten Jahrzehnten stark abnehmen.
Die Klimaerwärmung macht es möglich, dass Pflanzen aus tropischen und subtropischen Regionen plötzlich auch in gemässigten Zonen weit nördlich oder südlich des Äquators gedeihen. Andererseits sind die veränderten Bedingungen in den ursprünglichen Anbaugebieten dann für ihr Wachstum nicht mehr günstig.
Ein Beispiel dafür ist die Kaffeepflanze, die vom Klimawandel besonders betroffen ist. Die vier wichtigsten Produzentenländer Brasilien, Vietnam, Kolumbien und Indonesien müssen mittel- oder langfristig mit einer deutlichen Reduktion der Flächen rechnen, welche für einen produktiven Anbau geeignet sind. Andererseits dürften Argentinien, Uruguay, China und auch die USA (entlang der Küste zum Golf von Mexiko) vermehrt Kaffee anbauen können. Diese Regionen werden aber die Ausfälle bei den Hauptproduzenten nicht rasch wettmachen können.
Der Kaffeekonsum steigt ständig
Doch Kaffee ist aus unserer Welt nicht mehr wegzudenken. Die Frucht, die ursprünglich aus dem tropischen Afrika stammt, wurde im 17. Jahrhundert durch Araber und Türken nach Europa gebracht. Heute werden weltweit täglich rund 3 Milliarden Tassen Kaffee getrunken. Wenn der Trend der letzten drei Jahrzehnte anhält, dürfte sich diese Zahl laut Experten bis 2050 verdoppeln. Zwischen 1990 und 2022 ist der jährliche weltweite Konsum von Kaffee von 90 auf 179 Millionen 60-Kilogramm-Säcke angestiegen. Selbst die Corona-Jahre haben zu keinem anhaltenden Rückgang geführt:
Abnahme der weltweiten Anbauflächen
Eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat die Veränderung der weltweiten Anbau-Bedingungen für Kaffee Arabica bis 2050 mit 14 Modellen unter drei unterschiedlichen Klima-Szenarien (weltweite Erwärmung von 1,6, 2,4 und 4 Grad Celsius) untersucht. Von der Arabica-Pflanze stammen zurzeit 56 Prozent der weltweiten Produktion. Sie wird mehrheitlich in Südamerika angebaut und liefert qualitativ den besten Kaffee. Praktisch die ganze übrige Produktion (43 Prozent) stammt von der Robusta-Pflanze, die insbesondere in Asien angebaut wird. Sie wird unter anderem zur Herstellung von Instant-Kaffee verwendet.
Die Forscher bauen auf früheren Studien auf, berücksichtigen aber neben der Temperatur- und Niederschlagsentwicklung erstmals auch Land- und Bodeneigenschaften. Sie kommen zu dem Schluss, dass die am besten geeigneten Anbauflächen bis 2050 in allen drei Szenarien um mehr als 50 Prozent abnehmen werden. Bei den mässig geeigneten Flächen liegt die Abnahme je nach Szenario bei 31 bis 41 Prozent. Das Hauptproblem sind dabei die steigenden Temperaturen, welche den Pflanzen zusetzen.
Es drohen auch verheerende soziale Kosten
Die Verschiebung der Kaffeeproduktion in neue Anbaugebiete, selbst wo dies theoretisch möglich wäre, ist schwierig. Sie verursacht hohe wirtschaftliche, soziale und ökologische Kosten. Der Anbau von Kaffeesträuchern ist eine Investition, die erst mittel- bis langfristig Rendite bringt. Erste Früchte trägt ein Kaffeestrauch erst drei bis vier Jahre nach der Pflanzung. Danach kann er mehr als zwanzig Jahre genutzt werden. Müssen frühzeitig neue Pflanzen gesetzt werden, so werden die Kosten für die vorherige Pflanzung nicht amortisiert und der Bauer hat zusätzliche Jahre ohne Ernte.
Entsprechend ist eine rasche Anpassung an den Klimawandel schwierig. Denn rund 70 Prozent der Kaffeeproduzenten sind Kleinbauern, die oft schon heute an der Grenze zur Armut leben. Für sie wird es kaum möglich sein, notwendige Investitionen für die Anpassung zu stemmen, wie beispielsweise das Pflanzen resistenterer Sorten oder das Anlegen eines Bewässerungssystems. Dies umso mehr, als der Erfolg keineswegs garantiert ist. Die Bauern können auch nicht leicht in ein neues Anbaugebiet «verpflanzt» werden. Wenn sie die Kaffeeproduktion aufgeben müssen, geht ein über Generationen weitergegebenes Wissen verloren.
In Regionen, wo der Kaffeeanbau dominiert, sind deshalb grosse soziale Folgen zu befürchten. Den Bauern droht ein substanzieller Rückgang ihrer Einnahmen oder gar der totale Verlust ihrer Pflanzungen, welche ihre persönliche Lebensversicherung darstellen. Für die betroffenen Regionen dürfte der Niedergang des Kaffeeanbaus eine ähnlich verheerende Wirkung haben wie andernorts die Deindustrialisierung.
Schliesslich wird eine Verschiebung in neue Anbauregionen auch grosse ökologische Kosten mit sich bringen. Gebiete, wo der Anbau neu Fuss fassen könnte, müssten oft zuerst urbar gemacht werden. Dies bedeutet beispielsweise das Roden von Urwald, welches selbst den Klimawandel weiter antreibt.
Hoffen auf neue Sorten
Als Mittel gegen eine Abnahme der weltweiten Produktion kommt deshalb mittelfristig in erster Linie die Züchtung von neuen, klimaresistenten Kaffeepflanzen infrage. Diese müssen nicht nur Hitzewellen besser überstehen können, sondern auch weniger anfällig sein für die häufiger werdenden Dürreperioden und für Pflanzenschädlinge, die durch den Klimawandel begünstigt werden. Die Züchtung neuer Sorten braucht allerdings viel Zeit. Es ist deshalb nicht sicher, ob diese mit der Veränderung des Klimas Schritt halten kann.
Forscher setzen Hoffnung in die Kreuzung von Arabica und Robusta mit anderen Kaffeepflanzen. Dazu gehört beispielsweise Kaffee Liberica, eine Kaffeesorte, welche im 19. Jahrhundert beliebt war. Ihr Geschmack gilt heute als unangenehm, weshalb sie lange Zeit kaum mehr angebaut wurde. In Afrika wird mit der Pflanze Kaffee Excelsa experimentiert, welche aus der Mode gekommen war, weil sie relativ kleine Kaffeebohnen hervorbringt. Sie wurde mit Robusta gekreuzt und wird jüngst auch wieder direkt angebaut. Es gibt zudem mehr als 120 wilde Kaffeearten, die für Kreuzungen ebenfalls genutzt werden könnten.
Auf jeden Fall werden in den nächsten Jahren für den Kaffeesektor grosse zusätzliche Investitionen in Forschung und Entwicklung notwendig werden. World Coffee Research – die Non-Profit-Forschungsorganisation der weltweiten Kaffeeindustrie – hat dazu aufgerufen, jährlich rund 450 Millionen Dollar zusätzlich in die Forschung zu investieren, um auch zukünftig weltweit eine genügende Versorgung mit Kaffee sicherstellen zu können.