Shampoo soll Haare nicht nur reinigen, sondern ihnen auch Glanz, Kraft und Fülle verleihen. Mit welchen Produkten das gelingt.
Leserfrage: Ich habe mir kürzlich ein sehr teures Shampoo gekauft. Mein Coiffeur hat mich dafür gelobt, dass ich kein Billigprodukt nutze. Ich frage mich aber: Muss ich wirklich so viel Geld ausgeben, damit meine Haare gesund und gepflegt sind?
Kann etwas Totes gesund aussehen? Für Haare ist das eine berechtigte Frage. Schliesslich bestehen sie genau wie Nägel aus Horn, also abgestorbenen Zellen. «Wenn wir von gesunden Haaren sprechen, meinen wir eigentlich schöne Haare», sagt Professor Franz Wortmann von der Universität Manchester. Der Chemiker erforscht seit Jahrzehnten, wie sich Pflegeprodukte auf Haare auswirken – und untersucht im Labor etwa ihre Struktur, Elastizität oder Glanzreflexe.
Schöne Haare sollen so einiges sein: glänzend, kräftig, voll, splissfrei, glatt und seidig zum Beispiel. Entsprechend vielfältig fallen die Werbeversprechen aus, die buchstäblich von den Spitzen bis in die Wurzel reichen. Dabei soll Shampoo vor allem eines: reinigen, ohne das Haar in einen unkämmbaren Klumpen zu verwandeln.
Weil Seife sich dafür nicht eignet, enthalten die meisten Shampoos Tenside. Das sind waschaktive Substanzen, mit deren Hilfe sich Fett und Schmutzpartikel mit Wasser abspülen lassen. Manche Tenside, etwa Sulfate, schäumen dabei stark. Das ist unnötig: «Schaum braucht es nur fürs Waschgefühl, die Reinigungswirkung wird dadurch nicht besser. Allerdings kann er helfen, sparsamer mit dem Shampoo umzugehen – weil man besser sieht und spürt, wo es schon verteilt wurde», sagt Wortmann.
Shampoo repariert das Haar nicht
Die meisten Shampoos können heute aber ohnehin mehr als säubern. Neben reinigenden und entfettenden Substanzen stecken auch Stoffe darin, die Haarglanz und Kämmbarkeit verbessern. Sie kitten kleine Risse und gespaltene Spitzen, umhüllen das Haar, glätten so seine schuppige Oberflächenstruktur und liefern eine Art künstlichen Talg.
«Beim Waschen entfernt man das Fett aus den Talgdrüsen der Kopfhaut, das wie ein natürliches Glanz- und Glättungsmittel funktioniert», erklärt Wortmann, «chemische Stoffe liefern einen Ersatz dafür, ohne das Haar zu beschweren oder fettig aussehen zu lassen.» All das repariert das Haar zwar nicht, kann aber tatsächlich für Glanz und ein gepflegtes Aussehen sorgen.
Allerdings sind einige Stoffe, die diesen Effekt erzielen, in Verruf geraten. Silikone zum Beispiel, denn sie gelangen übers Abwasser in die Umwelt und sind schwer abbaubar. Dermatologisch bedenklich sind sie in der Regel zwar nicht, trotzdem sind nachhaltigere Alternativen auf dem Vormarsch. «Der Trend geht ganz klar zu anderen Substanzen oder Formulierungen auf Stärke-, Zucker- oder Zellulosebasis», sagt Wortmann.
Trotz unterschiedlichen Inhaltsstoffen und Formulierungen: Das Wirkprinzip von Shampoos ist stets ähnlich – egal, ob sie vom Friseur, aus der Apotheke, Drogerie oder dem Supermarkt stammen.
Weshalb sich die Beratung beim Fachmann lohnt
Trotzdem könnten sich Markenprodukte lohnen, meint der Experte. «Produkte vom Friseur oder aus der Apotheke sind oft reichhaltiger formuliert, enthalten also mehr oder hochwertigere Wirkstoffe», sagt Wortmann, der auch Kosmetikfirmen berät. Ausserdem könnten Coiffeure oft wertvolle Beratung bieten und den Bedarf der Haare besser einschätzen.
Dieser Punkt sei nicht zu unterschätzen, denn: «Wichtiger als die Marke ist, ob das Shampoo wirklich zum Haar passt.» Diesbezüglich fallen die Produkte nämlich tatsächlich sehr unterschiedlich aus: Wer fettiges Haar hat, wird mit einem Ölpflege-Shampoo nicht glücklich werden. Was den Afro wunderbar pflegt, kann glattes Haar beschweren. Lockenköpfe brauchen andere Produkte als Menschen mit feinem Glatthaar. Und wer bleicht oder färbt, muss zu anderen Mitteln greifen als jemand, der seine Naturhaarfarbe trägt. Dazu kommen spezielle Fälle wie sehr trockene oder strapazierte Haare, Haarverlust oder schuppige Kopfhaut.
«Wenn medizinische Probleme hinzukommen, sollte der Weg zum Dermatologen oder in die Apotheke führen», rät Wortmann. Umgekehrt bedeutet das aber auch: Wer wenig stylt, unkompliziertes und naturbelassenes Haar hat, wird in der Regel auch in der Drogerie fündig. Das Aussehen stark geschädigter oder strapazierter Haare hingegen profitiert oft von einer spezielleren Pflege.
«Am meisten setzen unseren Haaren Umwelteinflüsse wie Sonnenlicht, Salz- oder Chlorwasser zu, auch Glätteisen, Föhnhitze oder heisses Wasser mögen sie nicht. Von chemischen Behandlungen wie Bleichen oder einer Dauerwelle ganz zu schweigen», sagt Wortmann.
Auch exzessives Styling kann Spuren hinterlassen. Manchmal kann man sie herausspülen, etwa mit Tiefenreinigungsshampoo, das Reste von Silikonen oder Sprays entfernen kann. Meist aber hilft nur das Prinzip Kitten, um brüchiges und angegriffenes Haar wieder glänzen zu lassen. Spülungen und Kuren helfen nach, wenn das Shampoo dafür nicht ausreicht.
Allerdings können auch die besten Produkte die Haare nicht bis in die Tiefe reparieren. Die Schäden werden nur äusserlich kaschiert. Das allerdings funktioniert mit der passenden Pflege erstaunlich gut. Sie lässt die leblosen Hornstränge, nun ja, todchic aussehen.
Sie haben auch eine Frage rund um Ernährung und Gesundheit? Schreiben Sie uns an [email protected].