Stars präsentieren sich oft in absurden Posen in den sozialen Netzwerken. Die australische Komikerin Celeste Barber imitiert diese Bilder in philosophischer Albernheit – und wirft dabei wichtige Fragen auf.
Eine grosse, schlanke Frau tanzt leicht- und barfüssig durch die Küche, nur mit Strapsen, Tanga und Négligé bekleidet. Ihre langen Locken fallen den Rücken hinunter. Sie schneidet eine exotische Frucht auf und setzt sich dann in sexy Pose zwischen Schneidebrett und Spülbecken.
Nun macht das Video einen Schnitt: Eine andere Frau steht in einer Küche, auch sie trägt ein kurzes schwarzes Nachthemd, das sich um ihren Körper spannt. Sie löffelt Erdnussbutter aus dem Glas, kippt sich Milch direkt aus der Packung rein, jongliert mit Schoko-Pops, kratzt sich am Hintern und sitzt, das Bein in sexy Pose angewinkelt, vor dem Kühlschrank und stopft eine Tupperware mit verdorbenem Inhalt zurück in den Kühlschrank.
Die zweite Frau ist die australische Komikerin Celeste Barber, die mit der Imitation absurder Szenen unter dem Hashtag #celestechallengeaccepted ihre Follower in den sozialen Netzwerken erheitert.
Die oben beschriebene Szene ist abenteuerlich absurd. Aber nur eine von vielen, mit denen sich Stars und Sternchen auf Instagram und anderen Plattformen in den sozialen Netzwerken präsentieren. Es sind Bilder und Videos, die mit der Wirklichkeit wenig zu tun haben – und dennoch suggerieren, es gebe hier ein Ideal zu erreichen.
Das Anti-It-Girl hat fast 10 Millionen Follower
Celeste Barber wurde 1982 an der australischen Ostküste geboren. Sie besuchte eine Schauspielschule und übernahm Nebenrollen in australischen Fernsehserien. Doch den Durchbruch erzielte sie, als sie 2015 begann, Szenen von Stars in verrückten Posen nachzustellen. Ihre Karriere hat seitdem einen steilen Aufschwung erhalten.
Auf Instagram hat Barber über 9,7 Millionen Follower. 2019 erschien ihr Buch «Challenge Accepted! 253 Steps to Becoming an Anti-It Girl», das zu einem Bestseller wurde. Im April tritt sie mit ihrem Programm in westeuropäischen Grossstädten auf. Die meisten Vorstellungen sind bereits ausverkauft.
Legendär sind Barbers Imitationen der Kardashian-Schwestern. Kourtney Kardashian nackt neben dem Waschbecken, in der einen Hand eine Tasse Tee, in der anderen einen Laptop? Kann Barber längst, auch wenn sie in der einen Hand eine Flasche Wein hält und in der anderen verkrampft den Laptop balanciert. Kylie Jenner mit herausquellenden Fake-Brüsten auf einer Treppe inmitten von Louis-Vuitton-Handtaschen und Einkaufstüten? Barber nimmt die Pose auf – nur sitzt sie zwischen Plastiktüten vom Discounter.
Wieso macht Celeste Barber das alles? «Die Leute nehmen das alles viel zu ernst, sie sind so besessen von den Prominenten, den Reichen, den Privilegierten und all diesen Lifestyle-Bloggern, aber die Prominenten denken, dass sie ganz normale Dinge tun. Kim Kardashian posiert in einem Haufen Dreck; wer macht das schon im echten Leben?», sagte Barber einmal der australischen Ausgabe der Frauenzeitschrift «Elle».
Egal, ob Celeste Barber einen aberwitzigen Guten-Morgen-Kuss an den Liebsten im Handstand imitiert oder sich an der Reling eines Bootes räkelt: Die meisten Stars nehmen es sportlich, wenn Barber ihre Beiträge parodiert. Viele sehen es inzwischen sogar als Auszeichnung, von ihr imitiert zu werden. Das ist kein Zufall.
Celeste Barber hat einen sehr warmherzigen und bodenständigen Humor, der nicht die parodierte Person selbst ins Lächerliche zieht. Stattdessen hält sie den unnatürlichen, inszenierten Posen den Spiegel vor. So lenkt sie den Blick auf die Videos selbst – und auf die Fragen dahinter: Warum tun wir das? Was soll uns da verkauft werden? Und was passiert mit dem weiblichen Körper – immer häufiger auch mit dem männlichen Körper –, wenn alles zur Ware wird – selbst das scheinbar Private?
In einer Welt, in der schon 35-jährige Frauen ein Problem mit ihrem Alter haben, weil sie merken, dass es immer eine jüngere, dünnere, fittere geben wird, die die Aufmerksamkeit der Follower auf sich zieht.
Wider den Wellness-Hokuspokus
Barber thematisiert in ihren Videos auch den Optimierungswahn der Gesellschaft. Vor zwei Jahren spielte sie in der Netflix-Show «Wellmania» eine Food-Journalistin. Diese muss innert vier Wochen ihren ungesunden Lebensstil ändern und abnehmen, um eine Green Card für die USA zu erhalten («viel zu hohe Cholesterinwerte, wahnsinniger Bluthochdruck»). Sie fängt ein besessenes Sport- und ein ebenso strenges Detox-Programm an, das dazu führt, dass sie sich auf dem Trimmrad im Fitnessstudio über den Lenker übergibt («immerhin, es war vegane Kotze»).
Dem britischen «Guardian» sagte Barber über «Wellmania»: «Das ist so eine andere Sache mit Wellness: Vieles davon ist für die Elite, die Privilegierten. Vieles davon ist: ‹Kauf diese 45-Dollar-Wasserflasche, und dein Mann wird dich nicht verlassen.›»
Am Ende bleibt die Erkenntnis: Celeste Barber hält der Welt den Spiegel vor. Sie zeigt, wie leicht wir uns von inszenierter Schönheit blenden lassen und wirft dabei die Frage auf: Wollen wir wirklich so leben? Oder dürfen wir auch einfach normal sein – und trotzdem gesehen werden?