Nur wenige Menschen begleiteten Adolf Hitler so eng wie sein Leibfotograf Heinrich Hoffmann: Nun gibt eine Biografie Einblick in Hoffmanns Leben und in die Bildpropaganda des «Dritten Reichs».
Der Fotograf Heinrich Hoffmann stand ein Vierteljahrhundert eng an der Seite Adolf Hitlers. Und war damit vermutlich sein längster und auch treuester Weggefährte. Über ihn lernte Hitler nicht nur Eva Braun kennen, die zu Beginn der 1930er Jahre im Fotoatelier Hoffmanns in München arbeitete und formal bis Kriegsende 1945 bei ihm angestellt blieb, sondern auch seinen langjährigen Leibarzt Theo Morell.
Dass Hoffmann in den Debatten über «Hitlers Hofstaat» bislang kaum in Erscheinung getreten ist, liegt primär an der Rolle, die er sich selbst zuschrieb. Und an seiner Persönlichkeit, der es offenbar am nötigen Glanz und auch an Reibungsfläche mangelte, um im von Neid und Eifersüchteleien getriebenen Umfeld des Führers hervorzustechen oder anzuecken.
Über Konflikte oder Auseinandersetzungen mit den anderen NS-Granden, wie sie sonst an der Tagesordnung waren, weiss der Historiker Sebastian Peters nichts zu berichten. Dies, obwohl seine rund 600-seitige Biografie Hoffmanns ein Musterbeispiel historischer Akribie und Detailgenauigkeit ist .
Bücher und Zigarettenbildchen
Dabei verlief Hoffmanns Entwicklung zum überzeugten Nationalsozialisten und bedingungslosen Anhänger Hitlers recht typisch. Er gehörte, wie ein Grossteil der späteren nationalsozialistischen Führungsgarde, zum Münchner völkischen Milieu der 1920er Jahre. Bereits am «Hitler-Putsch» 1923, der für die Konstituierung des inneren Zirkels um Hitler massgeblich war, nahm Hoffmann teil. Nicht als Kämpfer, sondern als Fotograf. Die meisten Bilder, die es dazu gibt, stammen von ihm.
In den Folgejahren stellte er sein Handwerk fast ausschliesslich in den Dienst der NSDAP, deren Mitglied er ab 1920 war. Zunächst auch politisch aktiv, als Mandatsträger in verschiedenen Regionalparlamenten, legte er dieses Engagement mit der Machtübernahme des Nationalsozialisten 1933 abrupt nieder, um sich fortan ganz der Aufgabe zu widmen, den neuen Reichskanzler fotografisch ins rechte Licht zu rücken.
Damit einher ging ein rasanter geschäftlicher Erfolg. Bereits 1934 führte Hoffmann aus München heraus ein Unternehmen mit über hundert Angestellten, das sich rasch zum grössten Bildpresseverlag des Deutschen Reichs entwickelte. Seine Hitler-Fotografien hatten nicht nur offiziellen Charakter, sondern verkauften sich in Form von Bildbänden und sogar Zigarettenbildchen millionenfach – in freundlicher Kooperation mit dem Tabakunternehmen Reemtsma.
Im Gefolge des Führers
Während des Zweiten Weltkrieges expandierte Hoffmann europaweit, mit Filialen von Paris bis Riga. Die deutschen Eroberungs- und Raubzüge begleiteten er oder seine Mitarbeiter gewissermassen als «embedded journalists» aus nächster Nähe. Über den deutschen Einmarsch in Österreich und Polen dürfte Hoffmann sogar vorab informiert gewesen sein, zur Unterzeichnung des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes 1939 befand er sich mit Aussenminister Ribbentrop in Moskau, ein Treffen mit Stalin eingeschlossen.
Daneben, auch darauf geht Peters ausführlich ein, vermochte es Hoffmann, sich als persönlicher Kunstberater Hitlers zu etablieren. An den Planungen zum «Führermuseum» in Linz, das nie zustande kam, war er aktiv beteiligt. Die Kontakte nutzte er auch für seine private Kunstsammlung. Sie war teilweise aus Raubkunst zusammengetragen, und sogar Goebbels war von ihr beeindruckt.
Das Ende des Nationalsozialismus markierte zwangsläufig auch den Niedergang Hoffmanns. Nach seiner Internierungshaft versuchte er ab 1950 in verschiedenen autobiografischen Schriften, sein Wirken zu rechtfertigen. Demnach sei seine Tätigkeit als Fotograf unpolitisch gewesen, mit Hitler habe ihn eine langjährige Freundschaft sowie das gemeinsame Interesse an künstlerischen Themen verbunden.
Unbelehrbar bis zum Tod
Peters beschreibt Hoffmann als frühen und überzeugten Nationalsozialisten, Antisemiten, Vertrauten und Bewunderer Hitlers sowie als engagierten Propagandisten, der über Jahrzehnte massgeblich zum offiziellen Bild beitrug, das die Öffentlichkeit von dem Diktator vorgesetzt bekam. Bis zu seinem Tod 1957 sei er ein Unbelehrbarer geblieben.
Das erinnert frappierend an eine ungleich prominentere Propagandistin des Nationalsozialismus: Leni Riefenstahl. Während Hoffmann zunächst Deutschland und später ganz Europa mit Hitler-Fotografien flutete, lieferte die Regisseurin die entsprechenden Bewegtbilder. Einer der ersten Bildbände, die Hoffmann nach der Machtübertragung an Hitler 1933 veröffentlichte, trug mit «Triumph des Willens» sogar denselben Titel wie Riefenstahls berüchtigte Dokumentation des Nürnberger Parteitags der NSDAP von 1934.
Dass Leni Riefenstahl in Sebastian Peters’ Buch über Heinrich Hoffmann, von drei belanglosen Erwähnungen abgesehen, keine Rolle spielt, überrascht daher. Kannten sich die beiden, die auf das offizielle Bild des NS-Staates einen so massgeblichen Einfluss hatten? Wie bewerteten sie Werk und Wirkung des jeweils anderen? Antworten darauf sucht man in Sebastian Peters’ Buch vergeblich. Davon abgesehen bietet das Buch einen lesenswerten Einblick in Leben und Werk von Hitlers Leibfotografen und in die Bildpropaganda des «Dritten Reichs».
Sebastian Peters: Hitlers Fotograf Heinrich Hoffmann. Eine Biografie. Wallstein-Verlag. Göttingen 2025, 624 S., Fr. 47.90.