Der Renault-Partner Nissan hat mit Honda einen weiteren Partner für seine Elektroauto-Offensive gefunden. Beide Hersteller prüfen jetzt das Ausmass einer möglichen Zusammenarbeit.
Die japanischen Autohersteller Honda und Nissan streben eine strategische Partnerschaft bei der Entwicklung von Elektroautos an. In einer Absichtserklärung vereinbarten die beiden Unternehmen am Freitag, die gemeinsame Beschaffung von Schlüsselkomponenten, die Entwicklung von Software und auch von Elektroautos zu prüfen.
Gemeinsame Investitionen und möglicherweise eine Kapitalbeteiligung schlossen der Honda-Chef Toshihiro Mibe und der Nissan-Chef Makoto Uchida nicht aus.
Für beide Hersteller wäre dies eine einschneidende strategische Wende: Nissan unterhält noch eine Allianz mit dem europäischen Autobauer Renault und dem japanischen Partner Mitsubishi Motors. Für Honda wäre es die erste grosse Allianz mit einem japanischen Konkurrenten.
Das japanische Duo will sich mit der möglichen Allianz gegen neue Konkurrenten wie den US-Hersteller Tesla und chinesische Automarken wehren. Diese aufstrebenden Hersteller versuchten, mit innovativen Produkten und neuen Geschäftsmodellen die Vorherrschaft zu erlangen, sagte der Nissan-Chef Uchida. Dabei würden sie «von ihrer überwältigenden preislichen Wettbewerbsfähigkeit und ihrer erstaunlichen Geschwindigkeit profitieren».
Traditionelle Autohersteller könnten daher den Wettbewerb nicht gewinnen, solange sie an traditionellen Ansätzen festhielten, so Uchida.
Japanische Autobauer sind unter Zeitdruck
Beide Unternehmen seien dabei in Eile, machte der Honda-Chef Mibe deutlich. Es gehe ums Überleben. Honda wolle bis 2030 ein weltweit führender Anbieter von Elektroautos sein, erklärte Mibe. «Wir müssen daher jetzt mit den Gesprächen beginnen, wenn wir bis dahin in einer guten Position sein wollen.»
Die genauen Bereiche der Zusammenarbeit liessen die Unternehmen offen. Aber auch bei Batterien sei eine Zusammenarbeit denkbar. Hier bietet sich beispielsweise AESC Japan an, ein Batteriehersteller, der aus einem Joint Venture mit Nissan hervorgegangen ist.
Die Unternehmen stehen dabei wirtschaftlich unter enormem Druck, da sie im globalen Wettbewerb nur mittelgrosse Hersteller sind. Honda lag 2023 mit rund 4,2 Millionen verkauften Autos auf Platz 7 der Weltrangliste, Nissan mit 3,8 Millionen auf Platz 8.
Teilrückzug aus China
Zudem leiden beide Marken ausgerechnet auf ihrem wichtigen Markt China unter einem Verkaufsboom der einheimischen Konkurrenz. Gemäss japanischen Zeitungsberichten will Nissan seine Produktionskapazitäten in China nun sogar um 30 Prozent reduzieren, Honda um 20 Prozent.
Gleichzeitig fühlen sich beide Hersteller im Wettbewerb um Elektroautos auf sich allein gestellt. Nissan muss sich nach der strategischen Neuausrichtung seines Partners Renault neu orientieren. Renault hat seine Elektroauto-Sparte ausgegliedert und seine Beteiligung an Nissan von über 40 Prozent auf 15 Prozent reduziert.
Der Nissan-Chef Uchida meint zwar, dass auch die Allianz von der neuen Kooperation profitieren könnte. Aber der Autoanalyst Shinji Takeuchi von Morgan Stanley MUFG Securities in Tokio glaubt: «Partnerschaftsstrategien werden für Nissan entscheidend sein, wenn das Unternehmen seine Präsenz in China oder auf den US-Automärkten stärken will, wo Renault nicht präsent ist.» Diese beiden Märkte sind auch für Honda wichtig.
Honda wiederum will zwar Elektroautos herstellen, die der Elektronikhersteller Sony entwickelt hat. Doch auf dem Massenmarkt ist das Unternehmen wieder allein, seit es eine Partnerschaft mit dem US-Hersteller General Motors beendet hat.
Der japanische Autoanalyst Takaki Nakanishi meint deshalb: «Grössenvorteile sind für Honda unerlässlich.» Er hält die mögliche Allianz daher für «sehr vernünftig.» Allerdings gibt er zu bedenken, dass die Überwindung der unterschiedlichen Unternehmenskulturen eine grosse Herausforderung sein werde.