In den Tessiner und den Walliser Bergen hat es in den letzten Wochen viel geschneit. Wie ungewöhnlich ist das?
Auf den wärmsten Februar seit Messbeginn folgte dieses Jahr ein stürmischer März. Dem Süden brachte der Monat viel Niederschlag und teilweise eine hohe Lawinengefahr. Das Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) verzeichnete an einigen Messstationen so viele Neuschneetage mit mindestens 20 Zentimeter Schnee wie noch nie seit 1984.
Viele Neuschneetage auch in mittleren Lagen
Neuschnee freut zwar die Pulverfreunde. Er stellt aber auch ein zusätzliches Lawinenrisiko dar, insbesondere wenn Wind im Spiel ist. Bei mittleren Bedingungen sind 20 Zentimeter Neuschnee oft die Grenze, ab der es kritisch wird.
Das Gebiet Robiei am Fusse des Basodino-Gletschers im Tessin sowie das Hospiz auf dem Simplonpass verzeichneten diesen März jeweils mindestens acht Tage, an denen diese Menge erreicht wurde. In der etwas tiefer gelegenen Ortschaft Bosco Gurin (TI) gab es an sieben Tagen 20 oder mehr Zentimeter Neuschnee, in Simplon Dorf (VS) an sechs.
Die vielen Neuschneetage im Süden sind besonders eindrücklich, wenn man mit den Vorjahren vergleicht. Im März 2022 und 2023 gab es in diesen Dörfern keinen einzigen Tag, an dem eine solch grosse Neuschneemenge erreicht wurde. Beide Siedlungen liegen auf zirka 1500 Meter über dem Meer. In Zeiten des Klimawandels gelten sie damit nicht mehr unbedingt als schneesicher.
Der März war ein Ausreisser
Die Gesamtbilanz des Winters ist trotzdem nur durchschnittlich. Betrachtet man die Monate Januar bis März 2024, so relativiert sich das Bild. Robiei, auf der Höhe von 1890 Metern gelegen, rangiert in puncto Neuschneetagen dann ebenfalls an der Spitze. Innert drei Monaten fielen dort an fünfzehn Tagen 20 oder mehr Zentimeter frischer Schnee. Das ist zwar deutlich mehr als im langjährigen Durchschnitt, stellt aber keinen neuen Rekord dar. Bereits in den Jahren 1988 und 2014 gab es dort im gleichen Zeitraum genauso viele Tage mit neuem Schnee. 1999 waren es sogar noch mehr.
Im Süden gehen die starken Niederschläge dieses Jahr hauptsächlich auf den Monat März zurück, am Simplon Hospiz gab es im Januar und Februar nur einen einzigen Tag mit mehr als 20 Zentimetern Schnee. Weiter nördlich bewegt sich die Zahl der Neuschneetage im langjährigen Durchschnitt, an einigen Messstationen auch deutlich darunter. In Braunwald im Kanton Glarus fielen zwischen Januar und März 2024 nur an einem Tag mehr als 20 Zentimeter. Im langjährigen Mittel verzeichnet der Ort sieben solcher Tage mit grossem Schneefall.
Grosse Unterschiede zwischen Berg und Tal
Die Schneedecke ist im Moment vor allem am Alpenhauptkamm oberhalb von 2000 Metern überdurchschnittlich dick. Zwischen 1400 und 2000 Metern ist zwar häufig Schnee gefallen. Dieser taute aber schnell wieder weg, da die Temperaturen hoch waren. So lagen in Bosco Gurin am 28. März 2024 gerade einmal 81 Zentimeter Schnee, obwohl die vielen Schneetage mehr erwarten liessen.
An den meisten der ausgewerteten Messstationen bewegt sich die Schneehöhe ungefähr im langjährigen Mittel. Immerhin ist ein deutlicher Unterschied zum Vorjahr erkennbar, als der Winter ausserordentlich schneearm war und die Schneehöhe bei vielen Stationen in mittleren Lagen null betrug.
In den Tälern liegt jedoch auch dieses Jahr schon seit vielen Wochen gar kein Schnee mehr, auch im Süden nicht. An tiefer gelegenen Orten fiel der meiste Niederschlag als Regen. Das SLF spricht in seinem Winterbericht von einem sehr milden Winter – trotz der vielen Niederschläge im Süden.
Satellitenbilder von Skigebieten im Berner Oberland vom 19. März zeigen die Unterschiede auf: Die Berge sind nur in der Höhe gut eingeschneit. Die Täler sind komplett schneefrei und die Kunstschneepisten schlängeln sich die grünen Wiesen hinab. Wer trotzdem mit Ski ins Tal fahren wollte, musste wohl oder übel auf ihnen den Berg hinunterrutschen.