Eine chinesische Flottille führt ein völlig legales Manöver durch. Warum regen sich Canberra und Wellington dennoch auf?
Zweimal haben chinesische Kriegsschiffe am Wochenende Schiessübungen mit scharfer Munition durchgeführt. Das ist Routine, ungewöhnlich ist allerdings der Ort des Manövers. Er liegt in der Tasmansee, dem Gewässer zwischen Australien und Neuseeland.
In Canberra und Wellington haben die Aktivitäten der chinesischen Flottille, die aus zwei Kriegsschiffen und einem Versorger besteht, Irritation ausgelöst. Man habe noch nie eine chinesische Task-Force mit solchen Fähigkeiten in dieser Gegend gesehen, sagte die neuseeländische Verteidigungsministerin Judith Collins gegenüber Radio New Zealand.
Chinas Einsatz ist legal
Sowohl die australische wie die neuseeländische Regierung betonen, dass der chinesische Einsatz legal gewesen sei. Denn das chinesische Manöver fand auf hoher See statt. Dort darf jede Marine üben, ohne dass sie eine Erlaubnis braucht.
Kritisiert wird hingegen, dass die Ankündigung der Schiessübung sehr kurzfristig erfolgt sei und einzelne zivile Flugzeuge plötzlich zu Umwegen gezwungen worden seien. Die Tasmansee ist eine vielbenutzte Flugroute zwischen Australien und Neuseeland. Zwar gibt es keine festen Regeln, wie weit im Vorfeld eine Übung angekündigt werden muss, laut Experten werden 12 bis 24 Stunden als gängige Praxis angesehen.
China demonstriert seine Fähigkeiten
Für Spekulationen sorgt auch, was Peking mit dem Einsatz bezweckt, für den die Flottille mindestens 10 000 Kilometer vom nächsten chinesischen Hafen zurückgelegt hat. Die Marine-Expertin und ehemalige Offizierin der australischen Marine, Jennifer Parker, schreibt, dass es China darum gehe, zu demonstrieren, dass seine Marine fähig sei, auch in dieser Region Operationen durchzuführen.
Diese Einschätzung dürfte zutreffend sein, wie ein Kommentar in der staatlichen Zeitung «Global Times» zeigt. Chinas Marine sei nun einmal auf den Weltmeeren präsent, schreibt ein chinesischer Professor, die westlichen Länder müssten sich daran gewöhnen.
China reklamiert jeweils laut, wenn westliche Kriegsschiffe in seiner Nähe auftauchen, insbesondere in der Strasse von Taiwan und im Südchinesischen Meer. Peking beansprucht diese Gewässer für sich, was unter modernem Seerecht allerdings nicht haltbar ist. Westliche Marinen, auch die australische und die neuseeländische, bestehen auf dem Recht der freien Schifffahrt.
China hat seine Marine über Jahre hin konsequent so entwickelt, dass sie auch weitab von der Heimat präsent sein kann. Die beiden Kriegsschiffe in der Tasmansee, eine Fregatte und ein deutlich grösserer Kreuzer, werden von einem Versorgungsschiff begleitet, das grosse Mengen an Treibstoff und anderen Vorräten mitführt. So sind Einsätze möglich, die mehrere Monate dauern.
Schon lange vermuten westliche Militärs, dass China versucht, Stützpunkte im Ausland aufzubauen, um die Reichweite und die Einsatzdauer seiner Marine zusätzlich zu erhöhen. Bisher hat Peking einzig in Djibouti eine offizielle Basis. Zunehmend fasst China aber auch Fuss in kleinen Ländern des Südpazifiks. So hat es eine Sicherheitszusammenarbeit mit den Salomonen, die nördlich von Australien liegen.
Dass Peking gerade eine Partnerschaft mit den Cook-Inseln geschlossen hat, besorgt wiederum Wellington. Die Cook-Inseln sind über ein Assoziierungsabkommen mit Neuseeland verbunden, die Einwohner der Cook-Inseln haben neuseeländische Pässe.
Die Militärs trauen sich nicht
Dass eine routinemässige Schiessübung wie die in der Tasmansee derartige Aufmerksamkeit erregt, zeigt auch, dass das Misstrauen zwischen chinesischen und westlichen Militärs hoch ist. Weniger als eine Woche bevor die chinesischen Kriegsschiffe ihre Schüsse abgaben, hatten sich in Peking chinesische und australische Militärs ausgetauscht. Diese Gespräche fanden zum ersten Mal seit 2019 statt. Dass die Spannungen kurz darauf erneut hoch sind, deutet darauf hin, dass der Austausch wenig gefruchtet hat.