Indonesien verbietet das neuste iPhone und wehrt sich gegen chinesische Importe. Es ist der Balanceakt einer Region, die versucht, durch die Spannung zwischen den Grossmächten zu navigieren.
Als der Apple-Chef Tim Cook im Frühling Indonesien besuchte, schien noch alles gut. Cook sagte dem damaligen Präsidenten Joko Widodo, Apple erwäge, bald auch in Indonesien zu produzieren.
Widodo ist nicht mehr im Amt, Indonesien wählte den ehemaligen General Prabowo Subianto zum Präsidenten. Und die Apple-Fabriken blieben eine Idee, konkret ist einzig ein Projekt, das junge Indonesier beim Entwickeln von Apple-Apps unterstützt.
Ende Oktober nun hat Indonesien den Verkauf des neuen iPhone 16 im Land verboten. Apple hat es laut der «Jakarta Post» verpasst, die nötigen Investitionen in Indonesien zu tätigen, wie die Zeitung das Industrieministerium zitierte. Laut Regularien müssten 40 Prozent der Smartphone-Teile in Indonesien hergestellt werden.
Es ist nicht das erste Mal, dass Indonesien versucht, mittels Verboten und Importzöllen die eigene Wirtschaft anzukurbeln. Erst kürzlich verhängte das Handelsministerium hohe Zölle auf mehrere chinesische Produkte, zum Beispiel Textilien und Keramik. Sie können nur noch mit einem bis zu 200-prozentigen Aufpreis eingeführt werden.
Beides offenbart den Balanceakt einer Region, die versucht, durch die Spannungen zwischen den Grossmächten China und den USA zu navigieren.
Neutraler, stabiler Standort
Vertreter Südostasiens vermarkten sich auf internationalen Konferenzen und Podien gerne als ein stabiler, neutraler Standort. Einer, der sich nicht zwischen China und den USA entscheiden will, sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Experten glauben, die Region könnte einer der Profiteure der Spannungen zwischen den Grossmächten sein. Gerade westliche, aber auch japanische oder südkoreanische Firmen wollen ihre Abhängigkeit von China reduzieren und eröffneten in den vergangenen Jahren neue Produktionsstandorte, zum Beispiel in Vietnam.
Mit den Auflagen gegen Apple versucht Indonesien, den Hersteller zu mehr Investitionen zu zwingen. Indonesien ist für einen Smartphone-Hersteller ein interessanter Absatzmarkt, das Land verfügt mit 280 Millionen Menschen über die viertgrösste Bevölkerung der Welt, viele sind jung, viele sind Tech-affin.
Ob sich Apple allerdings von der indonesischen Regierung unter Druck setzen lässt, ist ungewiss. Das Unternehmen hat sich nicht zum Vorfall geäussert. Diplomatische Konsequenzen dürfte Indonesien keine zu befürchten haben. Zu wichtig sind die südostasiatischen Staaten in den vergangenen Jahren für die USA geworden. Die USA wollen die Region im Handelsstreit mit China nicht an den grossen Konkurrenten verlieren: Zwischen 2018 und 2022 haben die USA laut der «Financial Times» 74,3 Milliarden Dollar in Südostasien investiert und überholten damit chinesische Investitionen, diese lagen bei 68,8 Milliarden Dollar.
Allerdings könnte der Ruf Indonesiens nach dem iPhone-Verbot bei amerikanischen Produzenten Schaden nehmen – es könnte fortan als unzuverlässiger Partner gelten. Wie man sanfteren Druck ausübt, zeigt das nahe Indien. Dieses hat vor wenigen Monaten ähnliche Massnahmen ergriffen und Importzölle auf Apple-Laptops erlassen – allerdings belässt es Indien nicht bei Strafmassnahmen, es subventioniert zudem ausländische Produzenten, die sich in Indien niederlassen, stark. Auch deshalb produziert Apple einen immer grösseren Teil seiner iPhones in Indien.
Billige chinesische Waren
Die Hürden für chinesische Importe erliess Indonesien Ende Oktober. Indonesien ist Teil der chinesischen Belt-and-Road-Initiative und profitiert von den chinesischen Investitionen in die Infrastruktur, China finanzierte zum Beispiel einen Hochgeschwindigkeitszug zwischen der Hauptstadt Jakarta und Bandung. China ist auch Indonesiens wichtigster Handelspartner.
Allerdings führten Chinas abnehmende Exporte in die USA in den vergangenen Jahren dazu, dass Indonesiens Märkte mit billigen Produkten aus China überschwemmt wurden. Das verstimmte lokale Produzenten, die mit der günstigen Ware aus China nicht mithalten können. Im Sommer protestierten sie auf den Strassen Jakartas. Neben den hohen Importzöllen auf chinesische Textilien und Keramik verbot die indonesische Regierung auch die chinesische E-Commerce-App Temu. Temu ist ein Online-Marktplatz voller billiger chinesischer Produkte.
Das chinesische Aussenministerium zeigte sich nach der indonesischen Ankündigung verstimmt. Man werde die Situation beobachten, sagte ein Sprecher.
Der Balanceakt zwischen den Grossmächten dürfte für Indonesien und die anderen südostasiatischen Staaten in der Zukunft schwieriger werden: Die Philippinen wehren sich gegen die aggressive chinesische Expansion im südchinesischen Meer. Gleichzeitig führt die indonesische Marine diese Woche zum ersten Mal Manöver mit Russland durch, der Präsident Subianto hat angekündigt, die Beziehung mit dem «grossen Freund» Russland zu vertiefen.