Der Schweizer Halbleiterzulieferer präsentiert Zahlen im Rahmen der Erwartungen. Doch der Ausblick enttäuscht und setzt die Aktien stark unter Druck. Langfristig bleiben sie dennoch ein Kauf.
Das Muster bei den Schweizer Halbleiterzulieferern setzt sich fort: Nachdem Comet und VAT ihre endgültigen Jahreszahlen präsentiert hatten, gerieten ihre Aktien unter Druck. Nun trifft es auch Inficon: Am Berichtstag, heute Donnerstag, reagieren die Aktien des Unternehmens negativ, der Kurs fällt bis zum Nachmittag um über 8% und nähert sich dem Zwischentief von Ende November.
Grundsätzlich hat das Unternehmen aus Bad Ragaz bereits im Januar die Entwicklung von Umsatz und EBIT kommuniziert. Die endgültigen Zahlen entsprechen weitgehend den zuvor veröffentlichten Eckdaten.
Das vierte Quartal 2024 war das stärkste Quartal für Inficon, dennoch liegt der Jahresumsatz mit 671 Mio. $ leicht unter dem Vorjahreswert. Der organische Umsatz – bereinigt um negative Währungseffekte und positive Effekte aus Akquisitionen – blieb stabil.
In den Zielmärkten konnte Inficon in fast allen Bereichen zulegen, mit Ausnahme von General Vacuum. Dort sanken die Umsätze um 20,4% auf 156 Mio. $, vermutlich vor allem aufgrund der Entwicklungen in China.
«Das Geschäft mit chinesischen Solarmodulherstellern hat tendenziell den Boden erreicht oder könnte noch leicht zurückgehen», sagt Michael Inauen, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Eine Erholung sei jedoch erst ab 2026 wahrscheinlich. General Vacuum sei aber insgesamt stark von der globalen Konjunktur abhängig, sodass sich hier möglicherweise eine Bodenbildung abzeichnet.
Das Geschäft im grössten Segment, Semi & Vacuum Coating, wuchs hingegen um 9% auf 340 Mio. $ und trägt damit zur Hälfte zum Gesamtumsatz bei. Das starke Ergebnis spiegle Inficons «hervorragende Position» in den verschiedenen Halbleiter-Teilmärkten wider, schreibt das Unternehmen in der Medienmitteilung. Der Bereich Refrigeration, Air Conditioning & Automotive hielt sich trotz der Schwäche im Automobilmarkt stabil. Security & Energy profitierte stark von den geopolitischen Unsicherheiten weltweit. Das Segment umfasst Produkte und Lösungen, die für Sicherheitsanwendungen sowie für den Energiesektor entwickelt werden.
Der Betriebsgewinn von Inficon lag bei 136 Mio. $, was einem leichten Anstieg von 0,6% entspricht. Die Ebit-Marge lag mit 20,3% im Zielkorridor, trotz höherer Forschungs- und Entwicklungskosten.
Die Aktionäre sollen eine Dividende von 21,00 Fr. je Aktie erhalten – nach 20 Fr. im Vorjahr. Zudem plant Inficon einen Aktiensplit im Verhältnis 1:10.
Vorsichtiger Ausblick belastet Aktien
Das Problem liegt jedoch im verhaltenen Ausblick für 2025. Die Visibilität sei gering, und trotz eines positiven Momentums in einigen Märkten bestünden diverse Risiken und Unsicherheiten in den Endmärkten, teilt Inficon mit. Das Unternehmen erwartet einen langsamen Start ins Jahr 2025, gefolgt von einer besseren Wachstumsdynamik im zweiten Halbjahr. Der Umsatz soll zwischen 660 Mio. und 710 Mio. $ liegen, bei einer Ebit-Marge von rund 20%.
«Ich denke die Guidance ist klar vor dem Hintergrund der jüngsten Unsicherheiten im Handelskrieg zu sehen», sagt Patrik Jäger, Fondsmanager bei der Vermögensverwaltungsboutique IFS Independent Financial Services. In der Web-Konferenz machte Inficon-CEO Oliver Wyrsch deutlich, dass das Risiko besteht, dass Investitionsprojekte aufgrund der Unsicherheiten verschoben werden könnten.
Der Ausblick deutet im Mittelwert auf nur geringes Wachstum im Geschäftsjahr 2025 hin. Die Erwartung, dass die Halbleitermärkte erst ab der zweiten Jahreshälfte unterstützend wirken, deckt sich mit den Berichten der Konkurrenz, deren Aktien ebenfalls aufgrund ihrer Prognosen unter Druck gerieten. «Die Guidance impliziert deutliche Schätzungsreduktionen im Konsens, dies dürfte heute teilweise in den Aktien bereits reflektiert werden», so Inauen.
Sicher ist: Es wäre in diesem Kontext hilfreich, wenn Inficon mittel- oder langfristige Wachstumsambitionen formulieren würde.
Für The Market bleibt Inficon unter den Schweizer Halbleiterzulieferern aufgrund seines attraktiven Renditeprofils langfristig ein Kauf. Kurzfristig ist die Lage jedoch herausfordernd, da der enttäuschende Ausblick belastet. Ein nachhaltiger Aufschwung – auch an der Börse – würde einen stärkeren Halbleiterzyklus erfordern.
CEO Wyrsch betont, dass 2025 deutlich besser ausfallen könnte, falls der erwartete Ramp-up im Halbleitersektor in der zweiten Jahreshälfte tatsächlich eintritt. Das gibt auch Jäger Grund zur Hoffnung. «Aus dieser Perspektive sehe ich den Kursrücksetzer als Kaufgelegenheit – strukturell ist Inficon hervorragend positioniert und wird profitieren, sobald der Halbleiterzyklus dreht», ist der Fondsmanager überzeugt. Das Unternehmen sei in der Regel eher vorsichtig bei seinen Prognosen.