Der Hype um grosse Sprachmodelle wie ChatGPT heizt Halbleiteraktien wie Nvidia und AMD an. Demgegenüber hinkt Intel an der Börse hinterher. Entsprechend gross ist das Potenzial, wenn dem vormaligen Branchenleader weitere Fortschritte beim Turnaround gelingen.
Die amerikanischen Börsen starten verhalten in die verkürzte Handelswoche. Nachdem die Märkte in den USA am Montag feiertagsbedingt geschlossen waren, hat der S&P 500 am Dienstag 0,6% eingebüsst. Der Nasdaq 100 mit den grössten Technologiewerten gab 0,8% nach.
Angesichts der teils wilden Ausschläge in den vergangenen Wochen tut eine gewisse Konsolidierung möglicherweise gut. FOMO – Fear of missing out oder die Angst, etwas zu verpassen – hat sich zuletzt immer deutlicher bemerkbar gemacht. Die Kurskapriolen mancher Tech-Aktien wie Arm oder Super Micro Computer erinnern unweigerlich an die Exzesse mit Meme-Aktien Ende 2020/Anfang 2021.
Böse Überraschungen werden auch dieses Mal kaum ausbleiben. Für einen Schocker sorgte am Dienstagabend Palo Alto Networks. Der Cybersecurity-Spezialist kürzt die Umsatzprognose für das Geschäftsjahr per Ende Juli von 8,15 bis 8,2 Mrd. $ auf 7,95 bis 8 Mrd. $. Das reichte, um die Aktien nachbörslich 21% auf Tauchstation zu schicken.
Wie beim Börsenfieber während der Pandemie wird heftig mit Optionen spekuliert. Die Manie dreht sich dieses Mal vorab um das Thema künstliche Intelligenz mit Nvidia im Zentrum. Der Kurs des Chip-Designers, der als grösster Profiteur des KI-Booms gilt, stand gestern zwar unter Druck. Mit einer Rally von annähernd 40% haben die Titel aber allein rund ein Viertel zur Performance des S&P 500 von gut 4% seit Anfang Jahr beigetragen.
Gemessen an der Marktkapitalisierung von über 1,7 Bio. $ bewegt sich Nvidia inzwischen auf Augenhöhe mit den Internetriesen Alphabet und Amazon. Wie eine Auswertung der «Financial Times» ergibt, ist der Chipkonzern zum meist gehandelten Namen im Markt für Optionen aufgestiegen und hat Tesla vom langjährigen Spitzenplatz verdrängt.
Umso mehr werden mit Spannung heute Mittwoch nach Börsenschluss Nvidias Quartalszahlen erwartet. Längst ist klar, dass CEO Jensen Huang erneut über phänomenales Wachstum berichten wird. Gemäss dem Datendienst Koyfin rechnet der Analystenkonsens für die Berichtsperiode per Ende Januar mit einer Umsatzsteigerung von fast 240% auf über 21,5 Mrd. $. Der operative Gewinn auf Stufe Ebit soll von 2,2 auf 13,3 Mrd. $ explodiert sein.
Entscheidend für die Kursreaktion wird wie immer der Ausblick. Bisher war die Vergleichsbasis relativ einfach. Die Frage ist daher, wie rasch Nvidia künftig weiter wachsen kann. Der Konsens erwartet für das laufende und für das nächste Geschäftsjahr ein Tempo von rund 60% bzw. 20%.
In der Vergangenheit hat sich der Geschäftsgang von Nvidia indes oft als unberechenbar erwiesen. Zuletzt 2022, als CEO Jensen nach der Implosion der Nachfrage im Krypto- und Gaming-Sektor gleich mehre Gewinnwarnungen melden musste. Aufhorchen lässt eine Studie von UBS, wonach sich die Auslieferungszeit für Nvidias KI-Chips bereits auf drei bis vier Monate verkürzt haben soll, nachdem es zuvor acht bis elf Monate waren.
Schlüsselmoment für Intel
Dass sich das Schicksal in der schnelllebigen Halbleiterindustrie rasch wenden kann, zeigt das Beispiel Intel. Der einst stolze Branchenleader hatte sich auf seinen Lorbeeren ausgeruht, stolperte dann im Rennen um die schnellsten Computerchips und kämpft heute um seine Existenz.
Viele Investoren beobachten die Aktien deshalb lieber aus der Distanz. Nachdem der Kurs 2023 eine kräftige Erholung von 95% verzeichnet hat, kommen nach einem durchwachsenen Abschluss zum vierten Quartal neue Zweifel auf, ob das Comeback wirklich gelingt.
Die Titel von Intel notieren seit Anfang Jahr 7% im Minus, wogegen der PHLX Semiconductor Index 11% im Plus steht. Mit einer Kapitalisierung von 188 Mrd. $ wird Intel an der Börse deutlich tiefer bewertet als AMD. Der kleinere Rivale, der als «heisse» Wette auf künstliche Intelligenz gilt, bringt 268 Mrd. $ auf die Waage, obwohl er nicht einmal halb so viel Umsatz erwirtschaftet.
Ein Schlüsselmoment für Intels Turnaround-Story steht ebenfalls heute Mittwoch an. Unweit von seinem Sitz im Silicon Valley gibt der Konzern in San José ein Update zur strategischen Neuausrichtung. Im Mittelpunkt steht die Öffnung seiner Fabriken zur Auftragsproduktion für externe Kunden. Beim Anlass werden US-Wirtschaftsministerin Gina Raimondo, Microsoft-Chef Satya Nadella, OpenAI-Gründer Sam Altman sowie zahlreiche weitere hochdotierte Gäste aus dem Tech-Sektor auftreten.
In der heutigen Ausgabe befasst sich «The Pulse» damit, wie es um die Aussichten für das Comeback von Intel steht und worauf es dabei für die Aktien ankommt.
Neue Zweifel an der Börse
Wer in der Halbleiterindustrie einmal in Rückstand gerät, kommt ohne gewaltige Kraftanstrengungen nicht mehr zurück – wenn überhaupt. Unter dem Management von CEO Pat Gelsinger, der vor drei Jahren die operative Leitung übernommen hat, schlägt sich Intel bisher besser als von vielen befürchtet. Das belegen die Zahlen, die der Konzern vor wenigen Wochen präsentiert hat.
Mit dem Ergebnis zum Schlussquartal 2023 konnte Intel zum vierten Mal in Folge die Erwartungen übertreffen. Nach einer schweren Krise ist das Unternehmen erstmals seit Anfang 2022 wieder gewachsen. In der wichtigen PC-Sparte nahmen die Einnahmen im Vorjahresvergleich 33% auf 8,8 Mrd. $ zu. Die Bruttomarge ist auf 45,7% geklettert, nachdem sie 2023 mit 34,2% auf den tiefsten Stand seit mindestens dreissig Jahren gefallen war.
Umso mehr für Irritation sorgt der Ausblick. Obschon der Markt auf eine temporäre Abkühlung des Geschäftsgangs im ersten Quartal gefasst war, bleibt die Prognose deutlich hinter den Erwartungen zurück. Der Umsatz soll sich auf bloss 12,2 bis 13,2 Mrd. $ belaufen, wogegen Analysten im Vorfeld mit 14,2 Mrd. $ gerechnet hatten. Auch die Vorgaben zum Gewinn (0.13 $ pro Aktie statt 0.34 $) und zur Bruttomarge (44,5% statt 45,5%) enttäuschen.
Mehrere Faktoren sind für den Dämpfer verantwortlich. Die kotierte Sparte Mobileye (Chips für computergestützte Fahrsysteme) und das Geschäft mit Halbleitern, die Kunden selber programmieren können (Field-programmable Gate Array, FPGA), leiden unter einer schwächeren Nachfrage. Der Grund dafür ist hauptsächlich der Abschwung in der Industrie und Autobranche, den Konkurrenten wie AMD oder Lattice Semiconductor ebenfalls empfindlich spüren.
Für Verunsicherung sorgt aber vor allem ein anderer Faktor: Im Kerngeschäft mit CPU-Rechenprozessoren (Central Processing Unit) für PC-Geräte und Server erwartet Intel im ersten Quartal eine leicht schwächere Nachfrage als gemäss dem saisonalen Muster üblich. Hinzu kommt, dass die Konzernleitung anders als sonst keine konkrete Prognose für das Gesamtjahr abgibt.
Das Management bekräftigt zwar, dass die ersten drei Monate den Tiefpunkt im Verlauf des Jahres markieren werden und sich der Geschäftsgang danach von Quartal zu Quartal beschleunigen wird. Nach der negativen Erfahrung der letzten Jahre ist das Misstrauen aber noch immer gross. Der Aktienkurs brach unmittelbar nach der Ergebnispublikation fast 12% ein; der grössten Rücksetzer an einem Handelstag seit Sommer 2020.
Entsprechend viel steht heute bei der Präsentation in San José auf dem Spiel. «Dies ist ein Jahr, in dem es für Intel um alles oder nichts geht», meint Stacy Rasgon, Halbleiter-Analyst in Diensten von Bernstein Research. «Es stehen zahlreiche wichtige Ereignisse an, mit diversen Unwägbarkeiten und potenziell bedeutenden Veränderungen am Horizont.»
Ob es Intel gelingt, sich zurück zu kämpfen, hängt dabei massgeblich von drei Problemen ab, die das Unternehmen nacheinander lösen muss.
1. Aufholjagd zu TSMC und Samsung
Das erste der drei Probleme betrifft die Prozesstechnologie: Der Konzern muss bei der Fabrikation der modernsten und leistungsfähigsten Chips zurück an die Spitze zu den asiatischen Wettbewerbern TSMC und Samsung Electronics aufschliessen.
Unter der Devise «Five nodes in four years» hat sich Intel das Ziel gesetzt, fünf Technologiestufen in vier Jahren zu meistern. Gemäss dem Management gibt es rasche Fortschritte. Die Wafer-Bearbeitung mit den Lithographie-Maschinen des niederländischen Ausrüsters ASML ist erfolgreich von tief ultravioletter Strahlung (DUV) auf extrem ultraviolette Strahlung (EUV) umgestellt worden, die TSMC und Samsung verwenden.
In den nächsten Schritten geht es darum, zwei Innovationen in die Massenproduktion umzusetzen. Erstens führt Intel mit der RibbonFET-Technologie eine neue Transistor-Architektur ein, um die Performance bei Rechenoperationen zu erhöhen. Zweitens werden Chips künftig neu nicht mehr auf der Vorderseite, sondern auf der Rückseite mit Strom versorgt, was Interferenzen verringert und somit ebenfalls die Performance verbessert.
Beide Innovationen werden in der Prozesstechnologie Intel 18A vereint. Die Strukturgrösse auf einem Chip wird dabei auf 18 Angstrom miniaturisiert, was 1,8 Nanometern (nm) entspricht. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist 80’000 bis 100’000 nm breit. Erste Produktions-Testläufe auf Basis von Intel 18A sind im zweiten Halbjahr geplant. Der Konzern hat damit gute Chancen, nächstes Jahr zum Branchenleader TSMC aufzuschliessen oder ihn sogar zu überholen.
Am Markt wird erwartet, dass Intel diesen Fahrplan heute Mittwoch bestätigt. Die Technologie-Roadmap ist der Schlüssel, um die zweite der drei grossen Herausforderungen zu bewältigen: neue Produkte im Kerngeschäft, die mit der Konkurrenz mithalten können.
2. Kampf um den Server-Markt mit Nvidia und AMD
Erste Fortschritte gibt es in dieser Hinsicht bei Chips für Notebook- und Desktop-Geräte. In diesem Segment hat Intel die Offensive von AMD inzwischen pariert und in den vergangenen Quartalen Anteile zurückgewonnen. Zusammen mit der generellen Aufhellung im PC-Markt hat das eine Erholung der Margen begünstigt, die dieses Jahr anhalten sollte.
Weniger gut sieht es im Server-Markt aus. Intel hatte das Geschäft mit Prozessoren für Grossrechner lange in einer monopolähnlichen Stellung kontrolliert. Zu verdanken war das den modernsten Produktionsprozessen. Doch als das Unternehmen zuerst von TSMC und dann von Samsung überholt wurde, traten auch Schwachstellen beim Design seiner Chips offen.
In der Folge ist Intel in den letzten Jahren bedrohlich in die Defensive geraten. Im Markt für klassische CPU-Prozessoren, den sich Intel de facto mit AMD aufteilt, ist der Anteil am Umsatzvolumen gemäss dem Analysedienst Mercury Research im vierten Quartal weiter auf weniger als 70% gesunken. Das, nachdem Intel Anfang 2019 noch rund 97% kontrollierte.
Hinzu kommt der Boom im Bereich generative künstliche Intelligenz. Er hat einen enormen Nachfrageschub nach den GPU-Prozessoren (Graphics Processing Unit) von Nvidia ausgelöst. Diese Chips sind besonders gut darin, simultan eine grosse Zahl an relativ monotonen Rechenaufgaben zu lösen. Sie eignen sich daher optimal, um KI-Modelle mit unzähligen Variablen zu kalibrieren; ein Prozess, der als «Training» bezeichnet wird.
Entsprechend hat der Anteil von GPU-Prozessoren am Server-Markt mit dem Durchbruch grosser Sprachmodelle wie ChatGPT massiv zugenommen. Im Dezember hat AMD mit dem MI300X ebenfalls einen ersten GPU-Chip für Grossrechner lanciert und erhofft sich davon für 2024 einen Umsatz von mehr als 3,5 Mrd. $.
Intel hat diesen Trend verschlafen, doch möglicherweise ist es nicht zu spät. Im Gegensatz zu GPU-Chips sind die CPU-Prozessoren des Konzerns primär darauf ausgerichtet, ein breites Spektrum an verschiedensten Rechenproblemen sequenziell in blitzschneller Geschwindigkeit zu lösen. Sie werden damit primär für KI-Anwendung in der Praxis eingesetzt, nachdem ein Modell einmal kalibriert ist. Bei diesen Aufgaben wird auch von «Interference» gesprochen.
Das eröffnet mit Blick nach vorne Chancen. Wenn sich die Investitionen vom Aufbau neuer KI-Modelle fortan hin zu deren kommerziellen Nutzung im Alltag verlagern (sprich: von «Training» zu «Interference»), könnte auch Intel vermehrt vom KI-Boom profitieren. Zudem lanciert der Konzern dieses Jahr mit Sierra Forest und Granite Rapids zwei neue Prozessoren, die dem Vormarsch von AMD bei klassischen CPU-Server-Chips entgegenwirken sollen.
3. Vorstoss ins Foundry-Geschäft
Technologische Kompetenz im Fertigungsprozess und wettbewerbsfähige Produkte sind die Grundvoraussetzungen für die Lösung des dritten Problems: Damit sich die gigantischen Investitionen auszahlen, die Intel in den Ausbau der Produktion steckt, müssen die neuen Fabriken angesichts der hohen Kapitalintensität möglichst gut ausgelastet werden.
Intel errichtet derzeit eine ganze Reihe neuer Produktionsstätten. Am weitesten fortgeschritten ist die Erweiterung des Standorts unweit von Phoenix in Arizona für 20 Mrd. $. In den USA budgetiert der Konzern weitere 23,5 Mrd. $ für Anlagen in den Bundesstaaten Ohio und New Mexiko. Hinzu kommen Projekte in Deutschland, Irland und Israel, was die Kapitalinvestitionen auch in den nächsten Jahren hochhalten wird.
Ohne externe Kunden, die ihre Chips von Intel produzieren lassen, können diese Fabriken nicht rentabel betrieben werden. Der Konzern hat dafür mit Intel Foundry Services (IFS) eine neue Division geschaffen. Sie steht heute Mittwoch bei den Präsentationen im Zentrum. Gut möglich, dass die Konzernleitung erste Anhaltspunkte zu Umsatz und Profitabilität kommuniziert. Die Zahlen zur operativen Entwicklung der Sparte werden erstmals gegen Ende April beim Abschluss des ersten Quartals ausgewiesen.
Schon jetzt ist klar, dass das Bild aufgrund der hohen Anlaufkosten zunächst nicht schön aussehen wird. Aus diesem Grund hat das Management im Herbst 2022 ein umfassendes Programm zur Verbesserung der Effizienz gestartet, mit dem bis 2025 jährlich 8 bis 10 Mrd. $ eingespart werden sollen. 3 Mrd. $ davon wurden im vergangenen Jahr wie beabsichtigt realisiert.
Weiter zählt Intel auf staatliche Unterstützung. Wie es heisst, soll das Unternehmen 10 Mrd. $ an Subventionen von der US-Regierung erhalten. Diese Gelder könnten bald fliessen. Im Rahmen des CHIPS Act zur Förderung der US-Halbleiterindustrie wurden dem Auftragsproduzenten GlobalFoundries diese Woche 1,5 Mrd. $ an Subventionen für den Ausbau seiner Standorte in den Bundesstaaten New York und Vermont zugesprochen.
Die entscheidende Frage bleibt, ob es Intel gelingt, einen Grossauftrag für das Foundry-Geschäft an Land zu ziehen. Im vierten Quartal konnte diesbezüglich eine wichtige Vereinbarung mit dem US-Verteidigungsdepartement abgeschlossen werden. Auch dürften Tech-Konzerne wie Microsoft, Amazon und Alphabet strategisch an einem US-Partner zur Produktion ihrer hauseigenen Chips interessiert sein. Der Erfolg hängt aber letztlich davon ab, ob Intel auch grössere Volumen von einem Kunden wie Qualcomm, Apple oder Broadcom erhält.
Aktien erfordern starke Nerven
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Intel auf dem Weg zum Turnaround vieles richtig macht. Wie bei jeder Neuausrichtung eines Weltkonzerns von diesem Kaliber wird der Prozess aber weder geradlinig noch ohne temporäre Rückschläge verlaufen. Das hat die negative Reaktion an der Börse auf die jüngsten Quartalszahlen verdeutlicht.
Ob Intel das Comeback tatsächlich gelingt, steht somit weiterhin offen. Auch lässt sich nach wie vor nicht mit Gewissheit sagen, wie der Konzern letzten Endes aussehen wird. Eine Abspaltung der Foundry-Sparte beispielsweise ist nicht auszuschliessen, wenn die Dinge nicht nach Plan laufen.
Andererseits hätte es viel schlimmer kommen können. Intel steckte im Herbst 2022 in der wohl tiefsten Krise der Unternehmensgeschichte. Im Vergleich dazu sehen die Perspektiven heute wesentlich besser aus. Auch hat der Konzern seine Arroganz abgelegt und agiert pragmatisch. So hat er etwa einen Teil der Produktion an TSMC ausgelagert und unlängst mit der taiwanischen Chip-Schmiede UMC eine vielversprechende Partnerschaft zum Aufbau des Foundry-Geschäfts abgeschlossen.
Was heisst das alles für Investoren? Nach den kräftigen Kursavancen im vergangenen Jahr ist wohl ein Teil der «einfachen» Gewinne gemacht. Es würde nicht überraschen, wenn die Aktien in den kommenden Wochen und Monaten grösseren Schwankungen unterliegen, weshalb Engagements weiterhin starke Nerven erfordern. Auf mittlere bis lange Frist steckt in den Aktien aber nach wie vor reichlich Potenzial, wenn die Turnaround-Story aufgeht.
Auf unmittelbare Sicht wird die Entwicklung im Server-Geschäft den Kursverlauf massgeblich bestimmen. Kann sich Intel hier im Wettbewerb mit AMD wieder besser behaupten und wird an der Börse vermehrt als Profiteur des KI-Booms wahrgenommen, sollte sich das entsprechend positiv auf die Bewertung niederschlagen, die im Branchenvergleich nicht anspruchsvoll erscheint.
Das sieht offenbar auch CEO und Branchenveteran Pat Gelsinger so, der seit Ende Januar für zusätzliche 250’000 $ Intel-Aktien gekauft hat.
Deep Diving
An dieser Stelle präsentieren wir wie immer einige Links, die einen vertieften Einblick in ein aktuelles Thema geben:
- Der Streaming-Dienst Shomax ist im Wachstumsmarkt Afrika auf dem Vormarsch. Das vor acht Jahren gegründete Unternehmen aus Südafrika hat auf dem Kontinent nun sogar den Spitzenplatz als führender Anbieter vor Netflix erobert. Diese Branchenübersicht der Online-Publikation «Rest of the World» legt dar, was hinter dem Erfolg von Shomax steckt.
- Es war eine der sonderbarsten Transaktionen in der Geschichte von Corporate America. Im Oktober 2022 hat Elon Musk für 44 Mrd. $ die Social-Media-Plattform Twitter übernommen, die er zu X umbenannt hat. Zoë Schiffer, Chefredaktorin bei der Fachpublikation Platformer, erzählt im neuen Buch «Extremely Hardcore: Inside Elon Musk’s Twitter», was sich beim Unternehmen hinter den Kulissen abspielt. Einen Einblick dazu gibt sie im «Longform Podcast».
- Um am Puls zu bleiben und bei neuen Trends frühzeitig einzusteigen, investieren etablierte Tech-Konzerne in Startup-Firmen. Zu den grössten Venture-Capital-Investoren im Silicon Valley gehört CapitalG, die Wagniskapital-Division des Google-Mutterkonzerns Alphabet. Anlagechefin Laela Sturdy, die vor rund einem Jahr die Leitung von CapitalG übernommen hat, äussert sich im Interview mit dem Startup-Magazin «TechCrunch» zur Investmentstrategie, dem IPO-Markt und Wetten auf künstliche Intelligenz.
- Mit einem ähnlichen Thema befasst sich dieser Bericht von «Reuters» zum Startup-Portfolio von Nvidia. Der Chip-Designer hat im Kontext der Börsenauflagen vor wenigen Tagen verschiedene Beteiligungen an kleineren KI-Firmen wie SoundHound, Nano-X und TuSimple offengelegt, bei denen es daraufhin zu explosiven Kursavancen gekommen ist.
Und zum Schluss noch dies: Not so fast
Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Das bekannte Bonmot, das manchmal dem Kabarettisten Karl Valentin, dem Schriftsteller Mark Twain oder auch Winston Churchill zugeschrieben wird, trifft besonders gut auf den schnelllebigen Tech-Sektor zu. Ein aktuelles Beispiel ist der Markt für Elektrofahrzeuge, im Englischen Electric Vehicle oder kurz EV genannt.
Der Absatz strombetriebener Autos ist in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Dennoch könnte die EV-Revolution künftig weniger schnell voranrollen, als viele Experten bisher vorhergesagt haben. In Amerika jedenfalls macht sich eine Abflachung des Wachstums immer deutlicher bemerkbar.
Gemäss dem Branchendienst Cox Automotive wurde in den USA im vierten Quartal 2023 eine Rekordzahl von 317’168 Elektroautos verkauft. Das sind 40% mehr als in der Vorjahresperiode – ein eindrückliches Ergebnis in jeder Hinsicht, ausser wenn man es mit dem bisherigen Wachstum vergleicht. Im dritten Quartal expandierte der US-Markt noch 49%, und im 4. Quartal 2022 waren die Verkäufe um 52% gestiegen.
«Der Markt für Elektrofahrzeuge in den USA wächst nach wie vor, aber nicht mehr so schnell», heisst es dazu in einer Mitteilung. Fast schon alarmierend sind die neusten Zahlen aus Kalifornien. Im US-Bundesstaat, der bei der EV-Adaption landesweit eine Vorreiterrolle übernommen hat, mehren sich Anzeichen von Ermüdung.
Wie die «Los Angeles Times» berichtet, ist der EV-Absatz im Golden State in der zweiten Hälfte des letzten Jahres erstmals seit über einem Jahrzehnt sequenziell gesunken. Im dritten Quartal hat er sich verglichen mit der vorangegangenen Periode um 2840 auf leicht mehr als 100’000 Fahrzeuge reduziert. Das ist der erste Rückgang, seit Tesla 2012 das Model S eingeführt hatte. Im vierten Quartal ging das Volumen über 10% auf 89’933 Autos zurück:
Für den rückläufigen Trend kommen verschiedene Ursachen in Frage: von einem unzuverlässigen Netzwerk an Ladestationen über hohe Preise und steigende Zinsen bis hin zur Verwirrung, was Zuschüsse für EV-Käufer im Rahmen staatlicher Anreizprogramme betrifft. Selbst im Fall von Branchenleader Tesla ist der Absatz im vierten Quartal in Kalifornien trotz Preissenkungen um 10% gesunken.
Bemerkenswert ist, dass sich der EV-Absatz in den USA vorab auf einige wenige Bundesstaaten konzentriert. Am grössten ist der Marktanteil in Kalifornien, wo inzwischen rund 1,4 Mio. Elektroautos auf den Strassen unterwegs sind und mehr als 20% der verkauften Neuwagen ausmachen. Zum Vergleich: Landesweit belief sich der Anteil 2023 auf 7,6%; nach 5,9% im Vorjahr.
Ob es sich bloss um eine temporäre Wachstumsdelle handelt, oder das Tempo dauerhaft nachlässt, wird sich zeigen. Hält der rückläufige Trend an, werden sich bald grundsätzliche Fragen zu den ambitionierten Klimazielen Kaliforniens stellen. So soll der Verkauf neuer Autos mit Benzin- und Dieselmotoren bis 2035 im Bundesstaat vollständig verboten werden.