Selbsttests, die gleichzeitig auf verschiedene Erreger testen, dürfen in Deutschland an die Bevölkerung verkauft werden, in der Schweiz nicht. Es ist aber auch hierzulande möglich, an die Tests zu kommen. Was sie können und wie man sie anwendet.
Der Kopf schmerzt, das Energielevel sinkt beständig, dafür wird der Husten stärker. Man fühlt sich krank. Was könnte es sein? Seit der Corona-Pandemie versuchen viele Menschen, diese Frage mithilfe eines Selbsttests auf das Coronavirus Sars-CoV-2 zu beantworten. Was aber, wenn der Test negativ ist? Womöglich ist es ein anderer Erreger, der Risikopatienten ebenfalls Probleme bereiten könnte.
Um mehr Klarheit zu bekommen, gibt es Kombi-Tests, mit denen man sich zu Hause zugleich auf Sars-CoV-2, das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV), Influenza A und B testen kann. Diese Mehrfachtests dürfen zum Beispiel in Deutschland an die Bevölkerung verkauft werden. In der Schweiz ist zwar bisher nur der Verkauf des Covid-Schnelltests für den Hausgebrauch erlaubt. Doch gemäss Recherchen der NZZ kann man sich die Kombi-Tests aus dem Ausland in die Schweiz schicken lassen, und es gibt sie sogar vereinzelt in Schweizer Online-Shops.
Wie aber wendet man diese Tests an, und was raten Fachleute? Wir beantworten sieben Fragen rund um die Kombi-Tests.
Ein Stäbchen, das in die Nasenlöcher eingeführt werden soll, ein Röhrchen für die Abstrichprobe und eine Testkassette, auf die man wenige Tropfen der Probe träufelt: Der Kombi-Test funktioniert ähnlich wie der Antigen-Schnelltest allein auf Sars-CoV-2, der seit der Pandemie bekannt ist. Der Unterschied: Der Kombi-Test will gleich vier Erreger aufspüren: Sars-CoV-2, das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) sowie Influenza A und B. Aus diesem Grund hat die Testkassette mehrere Bereiche, auf die man die Tröpfchen träufeln soll.
Die Antigen-Schnelltests für den Hausgebrauch weisen Antigene im Nasenabstrich nach, also Proteine, die für die jeweiligen Erreger typisch sind. Das Prinzip ist dasselbe wie bei den Sars-CoV-2-Schnelltests, die man seit der Pandemie zu Hause nutzen kann.
Das deutsche Paul-Ehrlich-Institut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel hatte bis Mitte 2022 eine Liste mit unabhängig geprüften, zuverlässigen Sars-CoV-2-Selbsttests geführt. Doch diese Liste gibt es nicht mehr. Das Institut verweist darauf, dass man beim Kauf eines Kombi-Tests darauf achten sollte, dass der Test das CE-Kennzeichen hat. Dieses Zeichen bestätigt, dass das Produkt die geltenden Anforderungen der Europäischen Union erfüllt. Darüber hinaus gibt es Aspekte, auf die man beim Kauf und bei der Anwendung achten kann.
In den Packungsbeilagen der Kombi-Tests sind sogenannte Nachweisgrenzen angegeben. Sie sagen aus, wie hoch die Viruslast mindestens sein muss, damit der Test ein positives Ergebnis anzeigen kann. Diese Nachweisgrenze unterscheidet sich bei unterschiedlichen Testherstellern.
«Ich würde auf jeden Fall den sensitiveren Test wählen», sagt Christoph Berger, Leiter der Abteilung Infektiologie und Spitalhygiene am Universitäts-Kinderspital Zürich sowie ehemaliger Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen. Er fügt aber hinzu: «Mindestens so wichtig wie die Nachweisgrenze ist die Qualität der Probenentnahme.»
Diesen Punkt betont auch Stefan Kuster, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am Kantonsspital St. Gallen und Co-Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie. «Es mag einfach erscheinen, einen Antigen-Schnelltest durchzuführen, aber für viele Menschen ist es das nicht. Und deshalb kann es sein, dass das Ergebnis fälschlicherweise negativ ist.» Als Faustregel gilt: Es sollte sich unangenehm anfühlen, solch einen Test durchzuführen. Bei einem korrekt durchgeführten Nasenabstrich ist es normal, wenn die Augen tränen.
Hinzu kommt, Tests auf RSV und Influenza sollte man nur durchführen, wenn die Erreger gerade Saison haben, also recht stark in der Bevölkerung kursieren. Sonst steigt die Wahrscheinlichkeit für falsch-positive Ergebnisse. Zwischen Oktober und Ende März hält Christoph Berger eine zuverlässige Testung auf RSV und Influenza für möglich, auf Covid könne man sich auch ausserhalb der Herbst- und Wintermonate testen: «Das Virus hält sich noch nicht ganz an die Saisonalität.»
Es gibt mehrere Gründe, einen Schnelltest auf die verschiedenen Erreger durchzuführen. Manch einer möchte frühzeitig über eine Ansteckung mit einem der Viren Bescheid wissen, womöglich weil er selbst Risikopatient ist. Andere wollen vor allem gefährdete Personen in ihrem Umfeld schützen, die sie bei einem positiven Testergebnis meiden würden.
Das Respiratorische Synzytial-Virus kann nicht nur bei älteren Person einen schweren Verlauf verursachen, sondern auch für Säuglinge gefährlich sein. Laut Packungsbeilage soll man die Kombi-Tests aber erst bei Kindern ab zwei Jahren durchführen. In diesem Fall ist es nicht möglich, den Risikopatienten zu testen.
Wegleitend für die Eltern müsse sowieso der Zustand des Kindes sein, sagt Ulrich Heininger, Präsident der Pädiatrischen Infektiologie-Gruppe Schweiz: «Wenn das Kind krank ist, nicht mehr trinken mag, sehr hohes Fieber hat, vielleicht merkwürdig atmet, dann sollen die Eltern keinen Test durchführen, sondern mit dem Kind zum Arzt oder ins Spital gehen.» Und er ergänzt: «Wir Ärzte sind nicht dazu da, Schnelltests, die Eltern durchgeführt haben, zu interpretieren. Wir beurteilen den Zustand der Patienten und entscheiden erst dann, ob eine Laboruntersuchung überhaupt nötig ist – und wenn ja, welche.»
Auch der Infektiologe Stefan Kuster sieht den Nutzen der Kombi-Tests kritisch. Wer andere unbedingt schützen wolle, solle sich nicht auf das Testergebnis verlassen, das aus verschiedenen Gründen falsch sein kann. Einen möglichen Nutzen sieht er allenfalls für erwachsene Risikopatienten, die eine Infektion auch bei schwachen Symptomen so früh wie möglich erkennen wollen, um sich rasch behandeln zu lassen.
Laut Packungsbeilage sollen alle positiv Getesteten einen Arzt aufsuchen. Diesen Rat sieht Stefan Kuster kritisch: «Es wäre sicher eine unnötige Konsultation, wenn ein sonst gesunder Mensch, der kein Risikopatient ist und kaum Symptome hat, nur deshalb zum Arzt geht, weil ein Testergebnis positiv ist.» Der Hinweis in der Packungsbeilage sei womöglich aus regulatorischen Gründen nötig, medizinisch sinnvoll sei das aber nicht.
Er erklärt: «Die Corona-Pandemie hat ja gezeigt, dass eine Infektion asymptomatisch oder sehr leicht verlaufen, aber auch Schwersterkrankungen und Todesfälle zur Folge haben kann. Alle Erreger, auf die man bei den Kombi-Tests testet, können solch unterschiedliche Verläufe haben.» Nur das Wissen, womit man sich infiziert hat, erlaube noch keine Vorhersage, wie die Erkrankung verlaufen wird. Ergo: Zum Arzt soll man nicht aufgrund eines Testergebnisses gehen, sondern aufgrund der Schwere der Symptome.
Bei einem positiven Testergebnis sollte man aber Risikopersonen schützen, indem man den Kontakt meidet. Alternativ sollte man eine Maske tragen, wenn sich der Kontakt nicht vermeiden lässt.
«Ein Risikopatient sollte sich von einem negativen Testergebnis nicht abhalten lassen, zum Arzt zu gehen, wenn er sich krank fühlt», betont Stefan Kuster. Womöglich sei der Test fälschlicherweise negativ, oder er habe sich mit einem anderen Erreger infiziert, der ihm ebenfalls gefährlich werden könnte. Aus demselben Grund sollten negativ getestete, aber symptomatische Personen auf einen Besuch bei Risikopatienten verzichten beziehungsweise eine Maske tragen.
«Schnelltests für zu Hause geben eine Pseudo-Sicherheit, die Geld kostet, aber nicht hilft», sagt Christoph Berger. Er empfiehlt nicht, solche Tests durchzuführen, und rät: «Tragen Sie eine Maske, wenn Sie Symptome haben, oder bleiben Sie zu Hause, und wenn Sie krank sind und eine Untersuchung benötigen, dann gehen Sie zum Arzt.» Berger, früherer Präsident der Impfkommission, betont zudem, vulnerable Personen sollten sich in Absprache mit ihrem Arzt impfen lassen. Zum Schutz vor RSV sind seit kurzem zwei Impfstoffe für Erwachsene in der Schweiz zugelassen. Für Säuglinge ist seit Oktober 2024 der monoklonale Antikörper Nirsevimab verfügbar. Gegen Covid-19 und Influenza gibt es ebenfalls Impfungen, die jeweils jährlich verabreicht werden.
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