Gold verspricht eine Sicherheit, die Dollar und US-Staatsanleihen nicht mehr bieten. Schon vor dem Trump-Chaos fand das Edelmetall mehr Käufer. Die Rekordjagd könnte weitergehen.
So lange, wie Donald Trump im Amt bleibt, werden starke Schwankungen wohl zum täglichen Brot der Anleger gehören. Sowohl bei den Börsenkursen wie auch bei den Stimmungen des amerikanischen Präsidenten. Nachdem Trump sich zu Wochenbeginn einen schnellen Abschied von Jerome Powell vom Posten des Vorsitzenden der Notenbank Fed gewünscht hatte, krebste er am Dienstag zurück. Er habe nicht die Absicht, Powell zu entlassen, teilte Trump mit – und sorgte damit für Erleichterung an den Märkten.
Gold ist teurer als in der globalen Finanzkrise
Zuvor hatte Trumps Angriff auf Powell die Kurse absacken lassen, weil die Reputation des Fed – so wie bei jeder Notenbank – auf seiner Unabhängigkeit von der Politik beruht. Was hingegen kletterte, war der Goldpreis: Eine Feinunze kostete in New York erstmals in der Geschichte kurzzeitig mehr als 3500 Dollar. Am Mittwoch rutschte der Preis wieder etwas ab. Aber das ändert wenig an der herausragenden Kursentwicklung des Edelmetalls über die vergangenen Monate – und seinen Aussichten.
Gemessen am Goldpreis ist Donald Trump für die Welt ein deutlich grösseres Risiko, als es die Corona-Pandemie war. Als das Virus im Frühjahr 2020 um den Erdball fegte, verteuerte sich Gold von rund 1700 auf über 2000 Dollar je Feinunze. Seit der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten im November 2024 kletterte der Preis von 2600 auf nun etwa 3400 Dollar. Selbst kaufkraftbereinigt liegt der Preis zudem deutlich höher als während der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise sowie der Euro-Schuldenkrise in den Jahren 2008 bis 2011.
Gold kann keine andere Rendite bieten als die reine Preisentwicklung durch Angebot und Nachfrage. Anleger kaufen es zum Werterhalt, zur Diversifizierung und zur Absicherung. Diese Sicherheit ist unter Trump sehr wichtig geworden. Insbesondere, seit traditionell als sicher geltende Anlagen wie der Dollar und amerikanische Staatsanleihen unsicherer erscheinen als zuvor.
Trumps erklärtes Ziel ist ein schwacher Dollar. Und anders, als man es erwarten sollte, sind die Kurse von US-Staatsanleihen seit Trumps Zoll-Feldzug gegen den Rest der Welt abgesackt statt gestiegen – unter anderem, weil Zölle die Teuerung anheizen können, was fest verzinste Obligationen unattraktiver macht. Zudem trennten sich manche institutionelle Investoren von den Papieren, um Geld aufzutreiben, das sie in den Börsenturbulenzen andernorts als Sicherheiten hinterlegen müssen.
Der Goldpreis zog schon vor Trump stetig an
Exchange-Traded Funds (ETF), die physisch in Gold investieren, hätten bereits im ersten Quartal den höchsten Zufluss seit drei Jahren verzeichnet, meldete der Branchenverband World Gold Council. Die mit Abstand grösste Nachfrage kam seit Jahresbeginn von nordamerikanischen Fonds. Weil das Metall so knapp ist, partizipieren viele Anleger an dem Rally auch über Anlageprodukte, die den Goldpreis nur nachbilden.
Doch die jüngste Hausse zeigt nicht das ganze Bild: Der Höhenflug des Goldpreises setzte bereits weit vor dem überraschend klaren Wahlsieg von Donald Trump ein. Er begann Anfang 2024. Bis Ende des vergangenen Jahres verteuerte sich das Edelmetall in einem steten Anstieg um 600 Dollar je Feinunze. Dieser Trend hat sich dann durch die Trump-Unsicherheit beschleunigt – für die nächsten 600 Dollar brauchte es weniger als vier Monate.
Hinter dem steten Aufwärtstrend steckte mehr als die Umschichtungen von Finanzinvestoren. Erstens gibt es eine wachsende Nachfrage nach Gold von asiatischen Privatkunden, vor allem aus Indien und China. Dies nicht nur als Geldanlage, sondern auch als Schmuck für Feiern und Familienanlässe. Zweitens, und wichtiger, ist allerdings die Nachfrage der Zentralbanken: Nach Einschätzung der Wirtschaftsforscher von Capital Economics waren Notenbanken in den vergangenen 18 Monaten ein entscheidender Treiber des Gold-Rallys. Sie seien heute für rund 20 Prozent der Nachfrage verantwortlich, fast doppelt so viel wie zwischen 2011 und 2021.
Notenbanken bleiben wichtige Käufer
Die meisten Goldkäufe tätigte 2024 die chinesische Notenbank, um ihre Reserven zu streuen. Weil dieser Sicherheitsgedanke heute noch relevanter ist als vor Trumps Amtsantritt, rechnet Capital Economics damit, dass Notenbanken weiterhin grosse und konstante Käufer sein werden. Und weil die Goldproduktion relativ starr ist und nicht schnell auf die hohe Nachfrage reagieren kann, dürfte das den Preis stützen.
Auch die UBS ist zuversichtlich, dass der Goldpreis hoch bleiben wird. Die Grossbank setzte Mitte April ein Preisziel von 3500 Dollar zum Jahresende. Die Argumente für Gold als sicherer Hafen seien stärker denn je, erklärte die UBS, und verwies auf die makroökonomische Unsicherheit, den Zollstreit sowie schlechtere Wachstumsaussichten und potenziell höhere Inflation. Jeder Preisrückschlag werde wahrscheinlich gering und kurz sein, weil das geballte Interesse von Zentralbanken über Anlagefonds und Vermögensverwalter bis zu Privatanlegern so gross sei.