Zahlreiche Märkte sind mit hohen Gewinnen ins Jahr gestartet. Dennoch könnte das Rally weitergehen: Laut JP Morgan sind die Aussichten bei den Dividenden die besten seit vielen Jahren.
Endlich zeigt sich auch die Schweizer Börse in Rekordlaune: Erstmals hat der Swiss-Market-Index (SMI) diese Woche die Marke von 13 000 Punkten übersprungen und damit die bisherige Höchstmarke von Anfang 2022 geknackt. Der Schweizer Leitindex ist allerdings ein Nachzügler. Die amerikanische Börse hat in den letzten drei Jahren ein Plus von 25 Prozent erzielt. Und beim deutschen DAX ging es – obwohl das Land in einer Rezession steckte – gar um stolze 40 Prozent nach oben.
Dass der Schweizer Aktienmarkt nachhinkt, liegt an seinem defensiven Charakter: Während vom Boom primär die zyklischen Werte profitierten, namentlich aus der Technologiebranche, erwiesen sich die helvetischen Schwergewichte aus dem Pharma- und dem Nahrungsmittelsektor als Ladenhüter. Per Anfang 2025 jedoch hat der Wind gedreht: Der SMI hat im Januar den besten Jahresstart seit 25 Jahren hingelegt und liegt nun 11 Prozent im Plus.
Erfreulich für die Anleger ist insbesondere, dass der Supertanker Nestlé nach langer Stagnation wieder Fahrt aufnimmt. Seit Anfang Jahr ist der Aktienkurs zeitweise um fast 20 Prozent nach oben geschnellt. Auch die Kursavancen bei den Pharmakonzernen Roche und Novartis von 17 bzw. 10 Prozent lassen sich sehen.
Zwar mussten sich die Schweizer Aktionäre die letzten drei Jahre in Geduld üben. Trotzdem zeichnet der Swiss-Market-Index ein zu negatives Bild, weil er als Preisindex die bezahlten Dividenden vernachlässigt. Dies ist auch ein wichtiger Unterschied zum DAX, der als Total-Return-Index zusätzlich die Ausschüttungen berücksichtigt.
Die Hälfte der Rendite stammt von der Dividende
Dank den reinvestierten Dividenden sieht selbst die Durststrecke seit Anfang 2022 wesentlich positiver aus, denn es resultiert eine Rendite von insgesamt 11 Prozent. Der Vergleich verdeutlicht es: Die ausgeschütteten Gewinne bilden einen wesentlichen Treiber für die Performance der Aktien – welcher von den Anlegern aber häufig unterschätzt wird.
Das zeigt auch die längerfristige Entwicklung über die letzten 25 Jahre: Während der SMI einen Kursanstieg von 75 Prozent verbuchte, erreichte die Rendite inklusive Dividenden 155 Prozent – glatt das Doppelte. Der Befund deckt sich mit einer Vielzahl wissenschaftlicher Auswertungen: Auf lange Frist machen die Ausschüttungen einen wesentlichen Treiber der Performance aus. So hat die Bank JP Morgan errechnet, dass die reinvestierten Dividenden seit dem Jahr 1987 für 55 Prozent der Renditen auf den globalen Aktienmärkten gesorgt haben.
Die Dividenden sind überdies ein wichtiger Grund dafür, dass Aktien trotz den jüngsten Kursrekorden nach wie vor attraktiv sind für Anleger. Laut dem Datenportal Bloomberg erreicht der Schweizer Aktienmarkt derzeit eine Dividendenrendite von 3,2 Prozent. Das liegt im langjährigen Bereich, der meist zwischen 3 und 4 Prozent pendelte. Im Vergleich zu den mageren Zinsen auf dem Sparkonto ist eine solche Rendite geradezu fürstlich.
Das derzeitige Kurs-Gewinn-Verhältnis von 19 deutet ebenfalls nicht auf eine Überbewertung hin – die Zahl entspricht ziemlich genau dem Schnitt der letzten Jahre. Somit lässt sich festhalten, dass das jüngste Kursrally durch die positive Gewinnentwicklung der Firmen gut abgestützt ist. Dies gilt ebenso für die wichtigsten europäischen Märkte: Die deutsche Börse verzeichnet gegenwärtig eine Dividendenrendite von 2,8 Prozent, Frankreich kommt auf 3,2 Prozent und Grossbritannien auf 3,6 Prozent.
«Eine Ära des beschleunigten Wachstums»
Weniger rosig sieht es dagegen für die amerikanische Börse aus: Dort ist die Dividendenrendite jüngst auf 1,2 Prozent gesunken – das entspricht dem tiefsten Stand seit über zwanzig Jahren. Im Gegenzug ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf 27 geklettert, was ebenfalls auf eine hohe Bewertung hindeutet. Trotzdem bleiben die Experten von JP Morgen zuversichtlich. In einer neuen Studie kündigen sie gar eine Ära des beschleunigten Dividendenwachstums an.
«Nach unserer Meinung sind die Aussichten für Dividenden derzeit besser als je zuvor in der jüngeren Geschichte», schreiben die Analytiker der Bank. Gemäss ihren Berechnungen sind die global ausgeschütteten Dividenden über die letzten zwei Jahrzehnte um 5,6 Prozent jährlich gewachsen. Dieser Anstieg werde sich in den kommenden Jahren nun auf 7,6 Prozent beschleunigen, prognostizieren sie.
Als Grund nennt die Studie die derzeit unterdurchschnittlichen Ausschüttungsquoten der Firmen. Denn aus Gründen der Vorsicht hatten viele während der Pandemie ihre Dividenden gekürzt. Damit bestehe ein erhebliches Potenzial, die Zuwendungen an die Aktionäre zu erhöhen. Zudem beobachtet JP Morgan ein Umdenken bei den grossen Tech-Konzernen, welche früher primär in ihr Wachstum investierten, nun aber vermehrt ihre Eigentümer am Erfolg beteiligen wollten.
Ein wichtiges Signal setzte der Facebook-Mutterkonzern Meta, der vor einem Jahr überraschend ankündigte, erstmals eine Dividende zu zahlen. Wenig später folgten Alphabet und Salesforce dem Beispiel. «Dividenden aus nominalen Unternehmens-Cashflows dienen als Inflationsabsicherung», betont die Studie. Tatsächlich hat sich die weltweite Teuerung jüngst wieder beschleunigt. Die sich abzeichnenden globalen Handelskonflikte könnten ebenfalls dafür sorgen, dass die inflationären Tendenzen andauern.
Nestlé hat die Ausschüttung seit 1959 nie mehr gekürzt
«Nur Bares ist Wahres», so lautet ein beliebtes Argument für die Dividendenstrategie. Effektiv zeigt sich, dass viele Firmen mit hohen, regelmässigen Dividendenzahlungen unterdurchschnittliche Kursschwankungen aufweisen. Typischerweise handelt es sich um Unternehmen mit einer starken Marktposition in wenig konjunkturabhängigen Branchen – dies sorgt für eine hohe Rentabilität, stabile Einnahmen sowie eine gesunde Kapitalausstattung.
Als Anleger sollte man allerdings nicht einfach jene Aktien mit den höchsten Dividendenrenditen auswählen. Oft befinden sich darunter auch sanierungsbedürftige Firmen. Entscheidend ist vielmehr die langfristige Erfolgsbilanz mit einem nachhaltigen Wachstum der Ausschüttungen. Für solche Aktien hat sich die Bezeichnung der «Dividendenaristokraten» eingebürgert. Es handelt sich um Titel, die ihre Ausschüttung, je nach Definition, in den letzten 10 oder gar 25 Jahren jedes Jahr gesteigert haben.
Zu den Aktien, die eine solche Serie am längsten durchhalten konnten, gehören etwa Procter & Gamble, 3M oder Johnson & Johnson aus den USA. Sie alle hoben ihre Dividende mehr als 60-mal in Folge an. In Europa zählen die Aktien von British American Tobacco, Henkel, Unilever, Munich Re oder Sanofi zum noblen Kreis des Dividendenadels.
Auch die Schweiz ist hier gut vertreten: Lindt & Sprüngli, Novartis, Roche und Nestlé haben ihre Ausschüttungen seit mittlerweile über 25 Jahren ohne Unterbruch erhöht. Nimmt man ausserdem die Jahre hinzu, in welchen die Dividende lediglich stabil gehalten wurde, so reicht die Serie bei Nestlé mindestens bis zum Jahr 1959 zurück. Dass diese Tugend unter den Anlegern wieder vermehrt geschätzt wird, ist ein positives Zeichen. Es verdeutlicht, dass solide Qualität auch nach dem jüngsten Kursrally weiterhin gefragt bleibt.